Braunrath & Tartarotti: Erst getrennt, jetzt auf der Bühne

Braunrath & Tartarotti: Erst getrennt, jetzt auf der Bühne
Seit fast einem Jahr schreiben die beiden Autoren eine Scheidungskolumne. Jetzt machen sie ein Bühnenstück daraus.

„Aus welchen Gründen auch immer wir uns trennen: Der Schmerz ist riesengroß“, schreibt die Paartherapeutin Nadja von Saldern in ihrem Buch „Glücklich getrennt. Wie wir achtsam miteinander umgehen, wenn die Liebe endet.“ Der KURIER veröffentlichte vor Kurzem ein Interview mit der Mediatorin. Wie sich Trennung anfühlt, wissen die beiden bekannten KURIER-Kolumnisten Birgit Braunrath und Guido Tartarotti nur allzu gut.  Seit 2004 sind sie geschieden, haben zwei erwachsene Kinder   und schreiben seit fast einem Jahr im Magazin Woman über zwölf gemeinsame Jahre, ihre Scheidung und die Herausforderung Patchwork. Jetzt bringen die Beiden ihre „weltweit einzige Scheidungskolumne“ auf die Bühne. Premiere ist am 21. März, in der „Kulisse“ in Wien. Das Duo im Interview.

KURIER: Eure Kolumne heißt zwar „Glücklich geschieden“, aber wo war das Glück, als Ihr Euch tatsächlich zur Trennung entschieden habt? Was empfindet man in diesem Moment?

Guido Tartarotti: Da war kein Glück, wo soll im Moment einer Trennung das Glück sein? Ich bin ja kein Esoterik-Schwafler, es war einfach grauenhaft, ich bin zusammengebrochen, als ich gegangen bin. Und wie es Birgit gegangen ist, mag ich mir gar nicht vorstellen. Sich einzugestehen, dass etwas so lange zu Ende ist, ist furchtbar. Dann sind da die Kinder. Da ist nix Glück.  Ich habe vor allem Schuldgefühl und Trauer empfunden.

Birgit Braunrath Das Glück war zum Zeitpunkt der Trennung weiter weg als die übernächste Galaxie, es schien unerreichbar. Ich erinnere mich an ein übermächtiges Gefühl der Hilflosigkeit und Perspektivlosigkeit. Ich habe erst einmal funktioniert und die Kinder versorgt, die waren damals drei Jahre bzw. neun Monate. Die Auseinandersetzung mit mir selbst, mit der Beziehung und dem Ende der Ehe kam erst einige Monate später. Dafür aber umso heftiger.

Habt Ihr es mit Mediation oder Paartherapie versucht?

Tartarotti: Ich habe eine Gesprächstherapie versucht, die hat in keiner Weise funktioniert. Wir waren nicht in einer Trennungsmediation/-therapie und hatten in der Akutphase so wenig Kontakt wie möglich.

Beziehung, heißt es, ist harte Arbeit - wie habt Ihr den Trennungsprozess empfunden? Und wie sehr rührt eine Scheidung an den eigenen Grundfesten und lässt auch hässliche Charakterzüge zu?

Tartarotti: Ich habe den Begriff Beziehungsarbeit immer dämlich gefunden, ich empfinde Beziehung nie als Arbeit, also bin ich beziehungsarbeitslos. Vielleicht auch ein Fehler von mir, weil ich mich dem immer verweigert hab. Den Trennungsprozess habe ich als extrem schmerzhaft in Erinnerung. Eine Scheidung rührt sehr stark an den eigenen Grundfesten und ja, sie hat eigene hässliche Charakterzüge in mir emporstiegen lassen. Zum Beispiel, dass man das Leid des anderen einfach nicht hören oder sehen will und sehr egoistisch wird.

Braunrath: Ich glaube, wir haben die Arbeit verabsäumt und das Ende des Gemeinsamen erst bemerkt, als es längst zu spät war. Dafür verurteile ich uns aber nicht, wenn ein Paar zwei kleine Kinder hat und arbeitet, hat es nicht immer die Kraft, eine Beziehung zu pflegen. Man schaut ja gern weg, wenn‘s unbequem wird. Aber dann wird es nur noch unbequemer.  Mich hat das Ende unserer Ehe so erschüttert, dass ich danach völlig neu angefangen habe. Klingt jetzt komisch, aber ich erinnere mich noch nach Jahren an die erste minimale Freude, die ich empfinden konnte: ein Windspiel beim Spaziergang mit der Tochter. Vermutlich war das Konstrukt Familie, das Festhalten um jeden Preis größer, als die Liebe, die noch da war. Aber das macht die Erschütterung nicht geringer.

Wie habt Ihr es schließlich doch geschafft, Euch auf Augenhöhe, trotz Trennung, zu begegnen, weiterhin zu mögen und als Eltern gut zu funktionieren? Gibt es da eine paar Grundregeln, die jeder beachten sollte bzw. kann?

TartarottiEhrlich gesagt, habe ich über das damals nicht nachgedacht. Für mich war nur klar, dass ich meinen Kindern ein möglichst gutes Leben bieten will in dieser Situation und dass daher ein Rosenkrieg für mich nicht in Frage kommt. Ich finde so etwas würdelos. Es war für mich nicht schwierig, die Birgit weiterhin zu mögen, denn ich habe nie vergessen, wieso wir überhaupt zusammengekommen sind. Die "Grundregeln": Respekt, Empathie und Verantwortung für die Kinder. Ich weiß, es gibt hässliche Scheidungen, aber wenn ein Grundrespekt bleibt, ist ein Krieg gar nicht möglich.

Braunrath: Mit der Beziehungsarbeit haben wir erst Jahre später begonnen. In einer Familientherapie konnten wir beide sagen, was damals los war, uns mit Konflikten konfrontieren und auch ausdrücken, was wir aneinander wertgeschätzt haben. Das tat beiden gut. Das heißt aber nicht, dass die Arbeit beendet ist. So lange man Eltern ist, gibt es Themen und Konflikte zu bearbeiten. Es kommt nur darauf an, wie offen man damit und miteinander umgeht.

Zwei Grundregeln, die es zu beachten gilt: Es reicht nicht, wenn man sich selbst vornimmt, vor den Kindern kein böses Wort über den oder die Ex fallen zu lassen. Man muss auch Eltern und Freunde einbinden. Denn es verletzt die Kinder ebenso, wenn Oma oder Opa schlecht über Papa oder Mama reden. Und zweitens: Sich absprechen und nie gegen einander ausspielen lassen. Die Kinder sollten spüren, dass Papa und Mama an einem Strang ziehen, auch wenn diese sich vorher mühsam unter vier Augen zusammenstreiten müssen.

Nun zu Eurer „Glücklich geschieden“-Kolumne in „Woman“: Gibt es da viele Reaktionen der Leserinnen? Und was darf man von Eurem Bühnenprogramm erwarten?

Tartarotti: Ja. Die Reaktionen der Leserinnen und Leser sind ausgesprochen gut, ich werde sehr oft auf diese Kolumne angesprochen. Die Idee zum Bühnenprogramm ist, zu zeigen, dass man auch als geschiedenes Elternpaar mit den Mitteln des Humors ein schönes Familienleben führen kann. Und zu zeigen, dass man sogar miteinander Kabarett machen kann. Allein die Tatsache, dass man als Geschiedene miteinander auf die Bühne geht, ist ja schon ein Gag an sich.  Wir werden aus Kolumnen lesen, Stand up-Comedy bieten und miteinander blödeln.

Braunrath: Es ist so schön für mich zu sehen, dass unsere Kolumne Menschen dazu bringt, ihre eigene Beziehung zu hinterfragen. Eine Frau hat mir zum Beispiel erzählt, dass sie Jahre nach der Scheidung mit dem Ex und den Kindern gemeinsam Urlaub gemacht habe und dabei viel gut geworden sei. Ich finde das schön, denn es zeigt, dass man als Liebespaar ein Ende finden und als Elternpaar weiter intakt sein kann. Wenn es uns gelingt, das auch auf der Bühne rüberzubringen, ist das für mich ein Erfolg.

Termine:  21. 3., 5. 4., 20 h,  Kulisse, Karte: 20 €, www.kulisse.at

Kommentare