Thayatalweg: 180 Kilometer durch das Waldviertel wandern

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Wer sich auf den insgesamt 180 Kilometer langen Thayatalweg begibt, begegnet vor allem sich selbst – denn außerhalb der Hotspots trifft man über weite Strecken keine Menschenseele.
  • Der Thayatalweg erstreckt sich über 180 Kilometer von Nebelstein nach Retz.
  • Die Wanderroute führt durch das Waldviertel mit Nadelwäldern, Feldern und ursprünglichen Flusslandschaften.
  • Der Nationalpark Thayatal feiert 25 Jahre und bietet Naturerlebnisse wie Wildkatzen und Seeadler.

Für Nicht-Profis ist es ja mit dem Weitwandern so eine Sache. Nach dem ersten Tag hat man Blasen von den stylishen, aber noch nicht eingegangenen Wanderschuhen. Am zweiten Tag tut der Rücken vom stylishen, aber viel zu schweren Rucksack weh. Und am dritten Tag freut’s einen wegen Punkt eins, Punkt zwei und zu heißen oder womöglich zu nassen Wetters sowieso nicht mehr.

Trotzdem hat sich der KURIER ins Waldviertel begeben, um den Thayatalweg von West nach Ost zu bewandern – und dabei jede Menge Erkenntnisse gesammelt.

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Aussicht vom Nebelstein im oberen Waldviertel.

Die Route: immer der Nummer 630 nach

 Startpunkt ist der 1.017 Meter hohe Nebelstein ganz im Westen des oberen Waldviertels. Von dort führt die Route über 180 Kilometer nach Retz (auf 252 Meter) – das Ziel liegt also bereits im Weinviertel. Der Weg ist durchgehend mit der Nummer 630 auf gelb-roten Tafeln beschildert und kann theoretisch auch in umgekehrter Richtung begangen werden – dann allerdings sind zwischen Start und Ziel 750 Höhenmeter bergauf zu absolvieren.

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Markierung der Route 630.

Die Thaya: vom Bach zum Fluss

Die Deutsche Thaya entspringt unspektakulär in der Nähe von Schweiggers. Das bedeutet für die Wanderer auf dem Thayatalweg, dass sie den Fluss überhaupt erst nach circa siebzig Kilometern bei Waidhofen an der (erraten!) Thaya zu Gesicht bekommen. Auch anschließend sieht man das ersehnte Gewässer nicht durchgehend, da es sich zwischendurch nach Tschechien verabschiedet.

 In Raabs gesellt sich zur Deutschen noch die Mährische Thaya, ab hier ist die Thaya ein durchaus ansehnlicher Fluss, der im Grenzgebiet zwischen Tschechien und Österreich gewunden dahinfließt (aber nur stellenweise die exakte Grenze bildet) und später in die March mündet. Das Baden in der Thaya ist (wenigstens im Sommer) möglich, im Nationalpark Thayatal (bei Hardegg) allerdings untersagt.

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Dann und wann wandert man entlang der Thaya.

Der Weg: Gipfel und Felder – von allem etwas 

Was den Thayatalweg so reizvoll macht: Sie lernen durch ihn die ganze Vielfalt des Waldviertels kennen, denn Waldviertel ist nicht Waldviertel! Am Startpunkt, dem Gipfel des Nebelsteins, befindet man sich in den Ausläufern des Böhmerwaldes, das Landschaftsbild ist von Nadelwäldern und Wiesen geprägt. Danach, zwischen Gmünd und Waidhofen, lernt man das landwirtschaftlich geprägte Waldviertel mit ausgedehnten Feldern kennen. Und zwischen Karlstein und Hardegg wandert man durch eine ursprüngliche Flusslandschaft mit fallweise steilen Klippen, bevor man durch den Abstieg nach Retz ins Weinviertel gelangt.

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Blick auf die Stadt Hardegg

Die Entdeckungen:  kleine Städte, viel Natur

Auf der langen Strecke gibt’s neben den Highlights (siehe Karte) auch sonst einiges zu entdecken: pittoreske Städtchen (besonders nett: Weitra, Drosendorf), viele kleine Dörfer (die großteils über Kirche und Feuerwehrhäuser, aber über keine Gasthäuser mehr verfügen), gepflegte Vorgärten (des Waldviertlers liebstes Gerät scheint der Rasenmäher zu sein), recht dunkle Wälder (in denen noch nicht alle Fichten vom Borkenkäfer zerfressen sind), die berühmten Wackelsteine (zwischen Gmünd und Waidhofen), unzählige Felder (auf denen nicht nur Erdäpfel und Getreide, sondern auch Mohn, Raps, Erbsen etc. angebaut werden), bunte Wegränder (mit Mohn- und Kornblumen), unzählige Teiche (manche für die Fischzucht, manche auch zum Baden) – und, fast auf jeder Etappe, ein paar Hasen und Rehe. Was Sie allerdings auch entdecken werden: dass der öffentliche Verkehr im Waldviertel unter der Woche bescheiden, an Wochenenden aber quasi nicht existent ist (siehe Info).

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Das Bad in Drosendorf

Etappenplanung
Waldviertel Tourismus bietet für die Gesamtstrecke ein Package an, bei dem die Hotels und der Gepäcktransport inkludiert sind (zwölf N/F im DZ ab 1.225 € , buchbar unter 02822/54109, Info: waldviertel.at).  Wenn Ihnen die 180 km am Stück zu lang sind (veranschlagt werden dafür ca. 45 Stunden, also je nach Kondition zehn bis zwölf Tage), sollten Sie zwei Standquartiere auswählen, von denen aus Sie die einzelnen Etappen sternförmig absolvieren können – z. B. für die erste Hälfte Weitra (Hoteltipp: Hausschachen, hausschachen.at), für die zweite Hälfte Drosendorf (Hoteltipp: Gasthof Failler „Zum Goldenen Lamm“, gasthof-failler.at).

Der Nationalpark: das 25-Jahre-Fest 

Der Nationalpark Thayatal rund um die Kleinstadt Hardegg wird heuer fünfundzwanzig Jahre alt. Im Jahr 2000 wurde die land- und forstwirtschaftliche Nutzung im Gebiet eingestellt. Die Folge: Im neuen Naturraum, in den der Mensch kaum mehr eingreift, wurde erstmals wieder die Wildkatze gesichtet, auch der Seeadler brütet wieder. 

Touristisch aufgewertet wurde der Park durch die Errichtung von Brücken nach Tschechien und das Nationalparkhaus mit dem beliebten Wildkatzen Camp.  Gefeiert wird am Sonntag, 25. Mai, ab 10.30 Uhr mit einer Wanderung zur neu eröffneten Warte am Umlaufberg (Treffpunkt Parkplatz Ruine Kaja) und ab 12 Uhr beim Familienfest im Nationalparkhaus Hardegg (Programm: np-thayatal.at).

Tipp: Die Stars des Nationalparks sind die Wildkatzen Frieda und Carlo. Sie kann man Samstag und Sonntag (in den Ferien täglich) um 15.30 Uhr bei der Fütterung beobachten.

Ausrüstung
Der Weg ist ausgezeichnet beschildert, trotzdem sollten Sie eine Wanderkarte und den handlichen Wanderführer „Thayatalweg 630“ (erhältlich um 8,50 € auf myproduct.at) dabei haben.  Nützlich ist die App „VOR A nach B“, mit der Sie notfalls eine Weiterreise per Öffi planen können. Der Weg weist nur wenige steile Anstiege auf (z. B. zwischen Kollmitz und Drosendorf) und ist mit festem Schuhwerk  (aber nicht mit Turnschuhen!) gut zu begehen. Wichtig: Immer genügend Proviant mitnehmen, da selbst größere Orte (wie z. B. Geras) nicht immer über Lebensmittelgeschäfte verfügen.  

Zu zweit geht es besser
Außerhalb der größeren Ortschaften und touristischen Hotspots (Nebelstein, Nationalpark Thayatal bei Hardegg) werden Sie über weite Strecken keiner Menschenseele begegnen (was den Thayatalweg deutlich von touristisch vermarkteten Weitwanderwegen wie den Mariazeller Pilgerwegen oder gar den diversen Jakobswegen unterscheidet). Besser zu zweit!

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