Atemlos auf der Jacht: Ein Besuch in Südkoreas Hafenmetropole Busan

Es war eine Verfolgungsjagd, die die Gwangan-Brücke im südkoreanischen Busan auf die sprichwörtliche Landkarte setzte: Im Marvel-Film „Black Panther“ (2018) hetzt der Titelheld dem Bösewicht Ulysses Klaue nach, nachdem dieser ein Lokal in traditioneller Asien-Deko zerkleinert und einen Fischmarktstand über den Haufen gefahren hat. Es geht durch Straßen voller Leuchtreklamen, es ist bunt, laut, schrill – und irgendwann überschlägt sich eines der Autos.
Tatsächlich ist die Rasanz und Atemlosigkeit Südkoreas in Busan, der Hafenmetropole an der Südspitze der koreanischen Halbinsel, besonders prononciert zu erleben – dabei ist die Stadt mit 3,3 Millionen Einwohnern noch vergleichsweise überschaubar gegenüber der Metropole Seoul, die rund das Dreifache an Einwohnern aufweist.
Neu erfunden
Innerhalb der vergangenen Jahrzehnte hat sich die Stadt, die den weltweit sechstgrößten Containerhafen ihr Eigen nennt und damit eine Schlüsselfunktion für koreanische Exportwaren vom Handy bis zum Auto einnimmt, auch in kultureller und touristischer Hinsicht neu erfunden. Wobei der Großteil des Publikums nicht hierherkommt, um das Alte, Traditionelle zu sehen, sondern das Neue, Schnelle, Helle.

Die 2003 eröffnete Gwangan-Brücke ist nicht nur eine wichtige Verkehrsader, sondern auch ein Medienereignis: Nach Sonnenuntergang leuchten die Pfeiler und Stahlseile als großes LED-Spektakel auf, jeden Samstag lockt ein Drohnen-Ballett Schaulustige an den Stadtstrand, der von zahllosen Geschäften und Restaurants gesäumt wird – erwarten Sie hier Urbanität, keine Idylle.
In einem Hochhausbezirk nahe der Brücke liegt auch die weltgrößte Shoppingmall, das „Shinsegae Centum City“, und das vom Wiener Büro Coop Himmelb(l)au geplante Kinozentrum, dessen geschwungenes Dach selbst ein einziger riesiger LED-Screen ist. Unweit davon legen einige Mini-Jachten ab, die das Spektakel vom Wasser aus beobachten lassen, kleines Abschlussfeuerwerk inklusive.

Aufholjagd
Es braucht ein wenig Zeit, um sich innerhalb dieser Schnelllebigkeit zu orientieren und zu erkennen, dass sich hinter der südkoreanischen Turbozivilisation weniger eine Verfolgungs- als eine Aufholjagd verbirgt – und eine sehr bewegte, oft traumatische Geschichte. Die Spaltung des Landes nach dem Zweiten Weltkrieg, vollzogen durch den Koreakrieg 1950–1953, brachte zahlreiche Binnenflüchtlinge aus dem Norden nach Busan, die an den Hängen oberhalb der Bucht provisorische Behausungen errichteten.
Viele Familien, die durch die Ereignisse zerrissen wurden, gaben sich das Versprechen, einander an der Yeongdo-Brücke in Busan wiederzutreffen. Ein Denkmal erinnert heute an diesen emotional besetzten Treffpunkt – aber auch daran, dass viele Familien nie wieder zueinanderfanden.
Die jüngere Geschichte Südkoreas ist eine des Brückenbaus und der Heilung – tief sitzt die Erinnerung an Militärdiktaturen und die zahlreichen Binnenkonflikte. Der Vorwurf, jemand stehe verdeckt im Dienst des feindlichen Nordens, wurde immer wieder instrumentalisiert. Die überraschende und überzogene Ausrufung des Kriegsrechts durch den Premier Yoon Suk-yeol im Dezember 2024 machte da ein Fass auf, das viele Koreaner bereits für gut versiegelt hielten. Für den Tourismus war die Episode ein Imageschaden, es liegt aber keine ernste Gefährdung vor – in der Tat will niemand zu den Verhältnissen der Vergangenheit zurück.

Brückenbau
Vom Denkmal an der Yeongdo-Brücke in Busan ist es dann auch nicht weit zu einer Manifestation dessen, was die Gesellschaft Koreas zusammenhält: herzhaftes Essen. Der Jagalchi-Fischmarkt ist keine Touristenattraktion im engeren Sinn und doch ein Spektakel: In den weitläufigen Markthallen und an den angrenzenden Marktständen ist ziemlich alles zu finden, was das Meer hergibt. Wer Fische, Langusten, Oktopusse oder Muscheln bei einem Händler frisch kauft, kann sich diese einen Stock höher gleich in einem der Restaurants zubereiten lassen.

Das gesellige Teilen, ob um den heißen Suppentopf oder den am Tisch platzierten Grill, ist ein durchgängiges Merkmal koreanischer Esskultur – gern wird zum Bier und Soju (Reisschnaps) getrockneter Fisch oder Oktopus gereicht.
Wem das nicht schmeckt, kann ja wie der Marvel-Bösewicht ins Auto steigen und über die Gwangan-Brücke Reißaus nehmen.
- Anreise Korean Air fliegt direkt von Wien nach Seoul-Incheon und retour. Kompensation via atmosfair.de: 126 Euro. Innerhalb des Landes bestehen gute Schnellzug-Verbindungen, die Fahrt von Seoul nach Busan dauert ca. 2,5 Stunden.
- Orientierung visitkorea.or.kr bietet viele Ressourcen zur Reiseplanung. Vor Ort sind die Apps „Kakao“ oder „Naver“ unverzichtbar - Google Maps und ähnliche Tools funktionieren nur bedingt
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