Wie das Retro-Skigebiet Heiligenblut gerettet wurde

Zusammenfassung
- Das Skigebiet Großglockner-Heiligenblut ist vorerst vor der Schließung gerettet.
- Der Retro-Charme und die geringe Kapazität der Lifte bewahren das Gebiet vor Überfüllung.
- In Zukunft soll die Hotellerie neu belebt werden.
Ein bisschen ist es wie in der guten alten Schulskikurs-Zeit: In Heiligenblut sind die Uhren stehengeblieben und Pistenfreuden wie damals angesagt. Ein hochalpines Skigebiet mit wohltuendem Retro-Charme. Da gibt es keine beheizten 12er-Sesselbahnen mit automatisch schließenden Bubbles, die im Sekundentakt Skifreaks am Berg ausspucken und zu entsprechendem Chaos auf der Piste führen. Am Fuße des Großglockners geht es sehr gemütlich zu und die Pisten präsentieren sich dank Höhenlage (auf 1.300 bis 2.900 Meter) auch im schneearmen Winter 2025 Mitte März noch in Traumzustand. Sogar mit fluffigem Powder!
Anreise ÖBB-Tauernstrecke bis Sommer 2025 gesperrt, tlw.
Schienenersatzverkehr, oebb.at
11 Lifte im Skigebiet 55 Kilometer Pisten, 5 Skirouten, große Freeride-Arena, gross-glockner.at
Natur und Erleben
– Erlebnisprogramm der Nationalpark-Ranger (z.B. Schneeschuhwandern auf den Spuren der Steinböcke), hohetauern.at
– Besucherzentrum „Haus der Steinböcke“
– tägl. Programm von heiligenblut.at
Wohnen Panorama-Hotel Lärchenhof 4*, 1 HP ab 140 Euro p. P., panoramahotel-laerchenhof.at
Doch es sei ehrlich gesagt: Die Skilifte sind in die Jahre gekommen. „Die geringe Kapazität der Bergbahnen ist die Stärke unseres Skigebiets: Die Pisten sind niemals überlaufen“, übt sich Erhard Trojer, Vorsitzender des Tourismusverbandes Heiligenblut am Großglockner in Zweckoptimismus. Eine echte Besonderheit ist der Großglockner: Der mit 3.798 Metern höchste Berg Österreichs ist ein guter Grund, nach Heiligenblut zu kommen. Dieses Panorama! Mehr als vierzig 3.000er-Gipfel schieben sich ins Bild. Das von den Pisten aus leicht erreichbare, hochalpine Freeride-Gelände um das Wallackhaus ist legendär – und zieht die Weltelite im Powdern an.
Gondelbahn im Retro-Look
Eine echte Kuriosität ist die Fleißalm-Tunnelbahn: Elf Gondelkabinen in Regenbogenfarben hängen aufgefädelt am Seil und rumpeln quasi Händchen haltend in einen 1,6 Kilometer langen Tunnel hinein. Vereinzelte Lampen, grob behauene Felswände huschen vorüber – es ist fast wie Geisterbahn-Fahren und macht Spaß. Unvorstellbar: Im Sommer rauscht hier Wasser für die Elektrizitätsgewinnung durch.

Sehr retro: Die regenbogenbunten Kabinen der Fleißalm-Tunnelbahn in Heiligenblut
Auf der Fleißalm-Seite gefallen ein ziemlich moderner 4er-Sessellift (tatsächlich mit Bubbels) und wiederum wunderbare Hänge mit viel Platz. Schon am ersten Tag trifft man „alte“ Bekannte: Die zwei Schweden aus dem Skiverleih, die Tisch-Nachbarn aus dem Hotel. Man grüßt sich, hält inne, plauscht, fühlt sich als geborgene Heiligenblut-Familie. Für dieses Wohlgefühl ist das Personal zuständig: Egal ob Liftwarte, in Geschäften, auf den Hütten, im Hotel: extrem freundlich alle – und fast durchgehend Einheimische.
Vor einem Jahr ging die Hiobsbotschaft um: Die Großglockner-Bergbahnen Heiligenblut müssen (teilweise) schließen. Der Betrieb war für die Eigentümerfamilien Schröcksnadel (Markus) und Schmidl (Anton und Peter) nicht rentabel. Mehr noch: Sie meinten, der Abbau der Fleißbahn sei die Voraussetzung für Wirtschaftlichkeit. Das verstand niemand. „Der Sessellift war wohl schon gut verkauft“, wurde im Ort gemunkelt.
Vorerst gerettet
Im Juni 2024 kam die erlösende Meldung: Liftabbau abgewendet, Schließung vom Tisch – Heiligenblut ist für zumindest drei Jahre gerettet. Die Unternehmer Thomas Seitlinger und Johannes Böck stiegen mit einer Minderheitsbeteiligung ein, die nach drei Jahren auf dreißig Prozent anwachsen soll.
Weiters kündigten die Retter wirtschaftliche und strukturelle Impulse im Ort an, samt Belebung der Hotellerie. Die diesjährige Wintersaison brachte nur rund hunderttausend sogenannte „Skierdays“ (also Skigebietseintritte); angestrebt sind zumindest 130.000. Aktuell ist einiges in Schwung gekommen: Seitlinger revitalisierte den Kärntnerhof und kündigte den Ausbau des Chalet-Hotels Senger an. Er glaubt an Heiligenblut und sieht darin dank Höhenlage und vielfältiger Möglichkeiten eine Zukunftsdestination. Der Hotel-Leitbetrieb Nationalpark Lodge Großglockner ist fein raus und der komfortable Lärchenhof glänzt mit frisch renovierten Zimmern und herrlichem Spa.
Doch es gibt auch noch zwei Sorgenkinder von ungarischen Betreibern. „Auch kleinere Betriebe und Gasthöfe investieren und erneuern“, freut sich Trojer – und ergänzt: „Aber wir brauchen weitere potente Investoren und mehr Hotels. Das Skigebiet ist auf fünftausend Sportler ausgelegt, aktuell gibt es aber nur 1.750 Gästebetten.“
Hoffnungsvolle Zukunft
Heiligenblut ist auf einem guten Weg: Aktuell erarbeitet die Beraterfirma „Die StrukturMacher“ ein neues Marketingkonzept. Die Bevölkerung bringt sich engagiert ein, liefert Ideen und konkrete Taten. Zuletzt wurden ein Adventmarkt, Fackelwanderungen, Sängerevents, eine Cocktailbar im Skigebiet und vieles mehr realisiert und zwei Großevents stiegen: Die Open Faces Freeride Series sowie WorldSkitest (Tests von Alpin-, Freeride- und Tourenskiern). Und der Nationalpark Hohe Tauern, in dessen Randzone Heiligenblut liegt, birgt ein gigantisches, umweltbewusstes Erlebnispotenzial.
„Gemeinsam mit der Bevölkerung sind wir dabei, uns mit dem Fokus Ganzjahrestourismus neu aufzustellen und eine jüngere Gästeschicht anzusprechen. Eine Neupositionierung wird hoffentlich weitere Investoren und Hotelprojekte anlocken“, zeigt sich der Tourismus-Obmann optimistisch. Ein Anfang ist gemacht, bald schon könnte sich Heiligenblut wieder als blühender Großglockner-Ferienort präsentieren. Am Retro-Charme des Skigebiets wird sich aber in naher Zukunft wohl nichts ändern.
Kommentare