Wie Christian Dior vor 75 Jahren die Mode revolutionierte

Wie Christian Dior vor 75 Jahren die Mode revolutionierte
Sein "New Look" machte den französischen Schneidermeister 1947 praktisch über Nacht bekannt.

Taillierte Jacken, betonte Brust, schwingende Röcke, verschwenderische Stofffülle: Mit diesen Stilelementen mischt Chrisitan Dior vor 75 Jahren die Modewelt auf. Der Debütant der Pariser Haute Couture ruft mit seinem "New Look" die Rückkehr zu Glamour und Opulenz aus und lässt die zweckmäßige Kleidung der Nachkrieszeit hinter sich. Am 12. Februar 1947 findet in der Avenue Montaigne 30 ein Defilee statt, wie es niemand erwartet hätte - und macht den Coutourier schlagartig bekannt.

"Corolle" wird zum "New Look"

Der Begriff "New Look" selbst stammt nicht von dem französischen Schneidermeister, sondern von Carmel Snow, der damaligen Chefredakteurin des Magazins "Harper's Bazaar". Dior selbst nennt diese Linie "Corolle", weil sie in ihrer Form einem Blütenkelch gleicht. Die berühmtesten Fotografen und Illustratoren setzen seine Modelle in Szene und helfen mit, dass der "New Look" weltweit populär wird. Überall orientieren sich Schneider und Konfektionäre an dieser Silhouette.

Wie Christian Dior vor 75 Jahren die Mode revolutionierte

So sieht Diors New Look 1947 aus.

Nicht so neu

Diors Mode symbolisiert mit ihrem verschwenderischen Umgang mit Stoffen und der femininen Inszenierung ein Ende der Entbehrungen. Dabei ist der "New Look" im Grunde weder neu noch modern. Er greift zurück auf Formen der Belle Époque und des Rokoko. Entspricht so gar nicht der aktiven Rolle, die Frauen zuletzt eingenommen hatten, ist emanzipatorisch ein Rückschritt. Den nicht alle hinnehmen wollen. Auf einer Amerikareise zum Beispiel wird Christian Dior in Chicago von Demonstrantinnen mit Plakaten empfangen, auf denen steht "Nieder mit dem New Look!" oder "Christian Dior, go home!".

"Mein Ziel war es nicht, die Mode zu revolutionieren, sondern rechtschaffen das auszuführen, was ich fühlte", so äußert sich der Couturier in seiner Autobiografie "Dior und ich". Und: "Die Couture besann sich wieder ihrer Hauptaufgabe, die darin besteht, Frauen zu schmücken und zu verschönern."

Freund der Blumen und schönen Künste

Christian Dior wird am 21. Jänner 1905 in Granville in der Normandie geboren. Sein Vater besitzt eine Fabrik für Düngemittel und Chemikalien. Eine Welt, mit der Christian Dior aber nichts zu tun haben will. Er interessiert sich für Architektur, Inneneinrichtung und Blumen. Seinen Eltern zuliebe nimmt er ein Studium der Staatswissenschaften auf, wird dann aber Galerist.

Im Paris der 1920er-Jahre genießt Dior das Leben zwischen Kunst, Musik und Literatur, bis der Ruin seines Vaters all diesem Amüsement ein jähes Ende bereitet. Die Weltwirtschaftskrise setzt auch seiner Galerie zu. Er ist gezwungen, sich eine berufliche Alternative zu suchen. Über einen Freund gelangt er schließlich zum Modellzeichnen, verkauft seine Entwürfe an Pariser Couturiers, findet Festanstellungen bei Robert Piguet und Lucien Lelong.

Schweizer Unternehmer als Starthelfer

Der schwerreiche Unternehmer Marcel Boussac sucht 1946 eigentlich einen Kreativen, der dem angestaubten Couture-Haus Philippe et Gaston frischen Glanz verleihen soll. Er trifft sich mit Christian Dior, der ihm absagt. Stattdessen möchte er etwas Neues, Eigenes aufbauen. Boussac finanziert ihm diesen Wunsch.

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Den Vorwurf, er habe den "New Look" auf Boussacs Anweisung kreiert, damit der hohe Stoffverbrauch die Umsätze des Textilfabrikanten ankurbelt, weist Dior stets von sich. Gleichwohl treibt er diesen Stil in den Folgejahren "bis an die Grenzen seiner Möglichkeiten", wie er es selbst formuliert.

H-Linie der 1950er wird zum neuen New Look

Anfang der 1950er-Jahre fängt er an, die Taille wieder zu befreien, entwickelt schließlich die gerade, schlanke H-Linie. Für Carmel Snow ist diese sogar "eine noch größere Umwälzung der Mode als der New Look". Und auch dafür wird ein Name gefunden: der "Flat Look".

Tod durch Herzanfall 1957

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Das Haus Christian Dior wächst indes unaufhörlich: räumlich, personell, strategisch. Doch lange genießen kann der Couturier seinen Erfolg nicht. Am 24. Oktober 1957 verstirbt Christian Dior unerwartet an einem Herzanfall. Er ist nur 52 Jahre alt geworden.

YSL wird sein Nachfolger

Sein Assistent Yves Saint Laurent, der später selbst Modegeschichte schreiben würde, wird zum Nachfolger erkoren. In den kommenden Jahrzehnten folgen unter anderem der Italiener Gianfranco Ferré und der Engländer John Galliano, der mit exzentrischen Kollektionen ab 1997 einen neuen Dior-Hype auslöst. Seit 2016 entwirft mit Maria Grazia Chiuri erstmals eine Frau die Damenkollektionen. Von Beginn an verfolgt sie einen feministischen Ansatz.

Label Dior zieht auch Männer an

Und auch im 21. Jahrhundert entfacht das Label Christian Dior eine Moderevolution. Jetzt allerdings für Männer. Hedi Slimane, von 2000 bis 2007 kreativer Kopf dieses Segments, schneidert Silhouetten hauteng auf den Körper, kreiert einen androgynen Look. Mit einem verblüffenden Resultat: Seine Männermode wird auch von ziemlich vielen Frauen getragen.

Wie Christian Dior vor 75 Jahren die Mode revolutionierte

Heute gehört die Marke Christian Dior weltweit zu den bekanntesten französischen Modelabels. Neben der Haute Couture für Damen bietet Dior hochpreisige Prêt-à-porter-Bekleidung für Damen, eine Herrenlinie unter dem Namen Dior Men und Kinderkollektionen namens Baby Dior an. Zudem umfasst das Sortiment Lederwaren, Schuhe, Uhren, Schmuck, Brillen, Accessoires, Parfüms und Kosmetik. Der Unternehmenswert wurde 2014 auf knapp 30 Milliarden Euro geschätzt.

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