Kaum Ski-Kurse in der Pandemie: Wintersport-Nation, quo vadis?

Jetzt ist es schon wieder passiert: Bis Ende Februar wurden alle Schul- und schulbezogenen Veranstaltungen verboten. Das trifft jetzt in erster Linie die geplanten Wintersportwochen und -tage, die pandemiebedingt die vergangenen zwei Jahre ohnehin kaum stattfinden konnten. „So lange wir uns in Risikostufe 3 befinden, gibt es leider weder Wintersportwochen, noch Skitage“, erklärt Gerhard Angerer, Präsident des österreichischen Arbeitskreises für Schneesport an Schulen und Hochschulen.
Dabei kämpft der Wintersport in Österreich ohnehin schon seit Jahren um Nachwuchs. Einer Erhebung von 2019 zufolge nahmen zuletzt etwa 14,5 Prozent aller Schüler an Wintersportwochen teil. Das sind rund 159.000 Schüler – in den 70er Jahren waren es noch um 100.000 mehr Schüler pro Jahr. Fast ein Drittel davon fällt inzwischen auf Wintersport-Tage, bei denen die Klasse morgens losfährt und abends wieder zurück kommt.
Vorsichtig optimistisch
Um diesem Negativ-Trend entgegenzuwirken, wurde 2011 die Servicestelle Wintersportwochen (www.wispowo.at) gegründet, die Schulen – vor allem Kursleitern und Begleitlehrern – unterstützend zur Seite steht. Seither hat sich die Zahl der Teilnehmer stabilisiert, Tendenz leicht steigend.
Und auch, wenn die Kurse im Jänner und Februar abgesagt sind, zeigt sich Projektleiter Marco Cerny vorsichtig optimistisch: „Ich traue mich kaum Prognosen abzugeben, denn einige Schulen satteln derzeit sicherheitshalber komplett auf Sommersportwochen um. Aber wir hoffen sehr auf den Nachholeffekt im nächsten Jahr.“ Viele, die sonst zwischen Dezember und Februar gefahren wären, hätten jetzt für März reserviert. „Es gibt also noch Hoffnung auf Kurse im heurigen Schuljahr, Dank vieler engagierter Lehrer, die den Wintersport an Schulen noch hoch halten.“
Weniger Snowboarder
Um den zukünftigen Wintersportlern das Angebot möglichst schmackhaft zu machen, werden neben Ski Alpin auch zahlreiche Alternativen angeboten: Zwar ist Snowboarden nicht mehr so gefragt wie vor 20 Jahren, dafür probieren die Schüler gerne anderes aus – Schneeschuhwandern, Langlaufen, Rodeln, sogar Iglu bauen.
Angerer erklärt: „Das Angebot richtet sich vor allem an Kinder, die die Klassengemeinschaft in der Wintersportwoche miterleben, aber nicht unbedingt Skifahren wollen. Immerhin ist das ja auch ein soziales Ereignis – der soziale Aspekt ist hier genauso wichtig wie der sportliche.“ Die Programmgestaltung obliegt im Endeffekt den Lehrern, betont Cerny. Damit eine Wintersportwoche überhaupt stattfinden kann, gilt die Regel, dass zumindest 70 Prozent der Schüler aus der Klasse teilnehmen müssen.
Kostenfaktor
Nicht zuletzt spielt die Frage nach den Kosten eine wichtige Rolle. Neben Ausrüstung und Liftkarte fallen ja auch Kosten für Anreise, Nächtigung und Skilehrer an. Ein Durchschnittspreis ist laut Cerny nicht erhoben, weil je nach Bundesland unterschiedliche Faktoren mitspielen: „Der Wiener Schüler zahlt z. B. mehr als Tiroler oder oberösterreichische Schüler, weil die von lokalen Aktionen profitieren. In Tirol gibt es Standortkurse, wo Nächtigungen und Transfer wegfallen. In Wien verleiht das Sportamt wiederum die Sportausrüstung zu äußerst günstigen Tarifen.“
Dennoch gibt Angerer zu bedenken: „Gerade in Zeiten von Corona, wo viele den Job verlieren, ist die Wintersportwoche zu teuer für viele Eltern“, und sieht bei den Förderungen noch Luft nach oben. „Mein Wunschtraum ist die Gratis-Liftkarte für alle Kinder, die im schulischen Kontext Skifahren gehen.“ Nicht zuletzt sei die Schule für viele Kinder die einzige Möglichkeit, um Wintersport überhaupt erleben zu können. „Viele Eltern können und wollen mit den Kindern nicht mehr in den Schnee fahren – und das gilt bei weitem nicht nur für Kinder mit Migrationshintergrund. Wenn dieses österreichische Kulturgut nicht gefördert wird, dann sind diese Kinder auch später nicht dem Wirtschaftszweig zuträglich.“
Marco Cerny ergänzt: „Wintersportwochen sind noch immer die günstigste Skischule, die man bekommen kann. Die Finanzierung darf hier kein Hinderungsgrund sein. Wir versuchen bestmöglich zu helfen.“
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