Die Faszination für Kakteen begleitet Gerald Niess seit seiner Kindheit. Als Volksschüler machte er gar ein Geschäft aus seiner Leidenschaft und züchtete kleine Ableger in Joghurtbechern für die Mütter seiner Freunde. Heute umfasst seine Sammlung in Puch bei Weiz, die der 50-Jährige liebevoll als "Forschungsstation" bezeichnet, eine Million (!) Kakteen.
Und wer einen Blick auf die Foto-Plattform Instagram wirft, findet unter dem Hashtag #succulents fast 15 Millionen Einträge.
Fazit: Grüne Zimmerpflanzen stehen vor allem bei Großstadt-Bewohnern hoch im Kurs – ganz voran die Sukkulenten, deren bekannteste Familienmitglieder der Kaktus, die Aloe und die Agave sind. Sukkulenten sind auf der ganzen Welt zu finden, am häufigsten jedoch in trockenen oder halbtrockenen Regionen. Ihre Blätter, Stängel oder Wurzeln sind oft mit wasserspeicherndem Gewebe gefüllt und daher ungewöhnlich fleischig und vergrößert.
Niess: "Der Kaktus steht für Schutz und Stärke – die Pflanze hält viel Sonne aus, aber auch Wassermangel kann ihr nichts anhaben. Wie sich diese zarte Blütenknospe durch das Dornenkleid hindurchdreht, ist spannend zu beobachten. Die Farben der Kakteenblüten findet man bei keinen anderen Pflanzen."
Illegaler Handel
Bereits seit einigen Jahren kursieren Berichte über Pflanzenwilderei in den Herkunftsländern der Wüstenpflanzen. So hat sich in Chile und Mexiko der illegale Handel mit seltenen Exemplaren zu einem der lukrativsten kriminellen Geschäftsfelder entwickelt. Experten gehen davon aus, dass ein Drittel aller Kakteen-Arten bedroht ist, und sehen den Hype in sozialen Medien kritisch, da so die Nachfrage nach seltenen Exemplaren angeheizt wird.
Dennoch brauchen heimische Privatsammler keine Angst davor zu haben, eine geschützte Pflanze aus Südamerika zu erstehen: "Alle Koffer werden vom Zoll durchleuchtet. Es ist nicht möglich, dass man in Österreich über Online-Plattformen eine illegal gehandelte Sukkulente erwirbt." Alle Kakteen und viele andere Arten von Sukkulenten benötigen laut dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) eine Genehmigung für den internationalen Handel.
Auch für die Exemplare in Bau- und Möbelmärkten gibt der steirische Kakteen-Züchter Entwarnung: Diese werden in großen Farmen in Holland gezüchtet. Dennoch sieht Niess den Kauf von Pflanzen in Bau- und Möbelmärkten kritisch: „In der Regel gehören diese Pflanzen sofort umgetopft, da sie in Humus stehen. Kakteen brauchen hingegen ein mit Schotter angereichertes Substrat. Die Pflanzen müssen artgerecht gehalten werden, sonst werden sie kaputt.“
Pflanzen erben
Was viele nicht wissen: Kakteen können Hunderte Jahre alt werden, kleine Sukkulenten zwischen zehn und 50 Jahren. Das älteste Exemplar von Niess ist sogar rund 120 Jahre alt.
Wie es sein kann, dass heute besonders alte oder geschützte Pflanzen in heimischen Wohnzimmern stehen? Die Sammel-Leidenschaft entstand in Deutschland und Österreich Ende des 19. Jahrhunderts, als damals noch Kakteen in großer Zahl mit Frachtschiffen aus der Neuen Welt eingeführt wurden. Seitdem werden diese in Europa vermehrt – internationale Artenschutzabkommen entstanden erst Jahrzehnte später.
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