Sabrina Krobath war sich sicher. Mit 38, als erfolgreiche Unternehmerin in mehrjähriger Beziehung war der richtige Zeitpunkt für ein Kind gekommen. Der Besuch beim Gynäkologen brachte aber erschütternde Nachrichten: „Er hat mir gesagt, dass ich kurz vor der Menopause stehe und dass es für mich auf natürlichem Weg unmöglich ist, ein Kind zu bekommen – das sei nur noch medizinisch unterstützt möglich.“
Ihr Partner war dann doch nicht bereit für eine Familie – und so stand Krobath mit ihrem Kinderwunsch, der bedrohlichen Diagnose im Rücken und der deutlich tickenden, biologischen Uhr als Singlefrau plötzlich alleine da. Will man Mutter werden, sind das in Österreich keine guten Voraussetzungen.
Denn während in vielen EU-Ländern, wie etwa in Deutschland, Dänemark, oder Spanien, alleinstehenden Frauen ermöglicht wird, sich künstlich befruchten zu lassen, ist ihnen das hierzulande verboten. Geregelt wird das seit 1992 durch das Fortpflanzungsmedizingesetz (FMG), das die künstliche Befruchtung nur in einer Ehe oder eheähnlichen Beziehung erlaubt. Seit einer Gesetzesänderung im Jahr 2015, steht das auch Frauen in lesbischen Beziehungen frei. Alleinstehende Frauen haben leider nach wie vor Pech gehabt.
Mutter auf Umwegen
Argumentiert wird hier mit dem Kindeswohl. Dessen Auslegung ist überholt, findet die 37-jährige Projektmanagerin Johanna: „Das Kindeswohl ist das wichtigste, aber es ist von vielen Faktoren abhängig und nicht davon, ob ein Kind zwei im Leben präsente Elternteile hat. Das entspricht heute einfach nicht mehr der Lebensrealität.“ Immerhin gibt es in Österreich Stand 2022 280.000 Alleinerziehende – davon 234.000 Frauen. Darüber hinaus hat man als Singlefrau in Österreich auch das Recht ein Kind zu adoptieren.
Die Bioethikkommission findet in einer Stellungnahme zur FMG-Reform aus dem Jahr 2012 für diese „paternalistische Bevormundung“ klare Worte: Der Staat könne nicht ein bestimmtes Familienbild vorschreiben und dieses gesetzlich erzwingen wollen. Auch Johanna fühlt sich von der derzeitigen Gesetzeslage diskriminiert: „Ich habe mir immer schon ein Kind gewünscht, habe aber derzeit keinen Partner. Als ich begonnen habe, mich mit alternativen Möglichkeiten und Kinderwunschbehandlungen zu befassen, bin ich schnell draufgekommen, dass das in Österreich für mich gar nicht möglich ist.“ Ihre nächsten Schritte führen sie daher – wie viele andere Frauen – ins benachbarte Ausland. Bei einer Münchner Praxis hat sie sich schon einen Termin ausgemacht.
Zu zweit, getrennt
Einen anderen Weg ging Sabrina Krobath. Zwar wurde auch ihr vom Gynäkologen angeraten, sich im Ausland behandeln zu lassen, die Reise-Restriktionen während der Pandemie machten das aber unmöglich. Eineinhalb Jahre versuchte sie ihr Glück am Datingmarkt, und hatte auch zwei kurze Beziehungen, denen sie schon früh von ihrem Kinderwunsch und der Notwendigkeit einer künstlichen Befruchtung erzählen musste. Beiden Partnern ging das zu schnell. „Das war ein Drama, so daten zu müssen, unter diesem Druck“, denkt Krobath an diese Zeit zurück.
Als sie einem guten Freund von ihren Sorgen erzählte, kristallisierte sich eine dritte Option heraus: Sich den Kinderwunsch gemeinsam als Paar ohne Liebesbeziehung und mit jeweils eigenem Privatleben zu erfüllen. 1,5 Jahre und fünf selbst finanzierte Runden IVF (In-vitro-Fertilisation) später, ist sie heute glücklich im 6. Monat schwanger.
Unter ähnlichen Bedingungen wäre auch Mathias Brunbauer, ärztlicher Leiter der Wiener Wunschkind Klinik, für die medizinisch unterstützte Fortpflanzung alleinstehender Frauen: „Ich fände es gut, wenn es wie in Deutschland ein Patenmodell gäbe, eine zweite Person, die eine Art Bürgschaft übernimmt, falls die Situation etwa finanziell oder zeitmäßig überschätzt wurde.“
Initiative
Drei Jahre hat sich Sabrina Krobath bisher intensiv mit dem Thema beschäftigt: „Ich habe gemerkt, dass das wirklich viele Frauen betrifft, aber niemand darüber spricht.“ Es sei nach wie vor ein schambehaftetes Tabuthema. Also gründete sie vor zwei Monaten, schon während ihrer Schwangerschaft, die parlamentarische Bürgerinitiative „Zukunft Kinder – Für eine selbstbestimmte Familienplanung“. Ende Juni steht diese bereits auf der Tagesordnung im Petitionsausschuss, bis dahin kann man sie noch mit seiner Stimme unterstützen und unterschreiben.
Egg Freezing
Ein Thema, das neben der Aufhebung des Verbots künstlicher Befruchtung für Singlefrauen ganz oben auf der Liste der Forderungen steht: „Social Egg Freezing“, das vorsorgliche Einfrieren von Eizellen. Dieses ist in Österreich nur bei medizinischer Indikation (wie Endometriose) erlaubt. Auch Brunbauer schließt sich dieser Forderung an: „Man darf ja vor OPs auch Blut einfrieren. Ich verstehe ethisch und moralisch nicht, warum der Gesetzgeber einen davor bewahren will, eigene Eizellen vorsorglich für die Zukunft einzulagern.“
Genau das würde vielen Frauen, sagt Johanna, den Druck aus der Familienplanung nehmen. „Diesen Druck können Männer, glaube ich, nicht zur Gänze nachvollziehen. Umso schlimmer, dass hauptsächlich Männer über solche Gesetze entscheiden.“
Den Druck will Sabrina Krobath mit ihrer Initiative nun in Richtung Politik lenken. Die Sicherung des Wohlstandes sei immer deren oberstes Ziel, sagt sie. „Wie will man aber den Wohlstand sichern, wenn die Geburtenrate immer weiter sinkt und gleichzeitig Wunschkinder aktiv verhindert werden? Wer hat das Recht über Eizellen einer Frau zu entscheiden?“, fragt Krobath. „Wer hat das Recht über ihren Körper zu entscheiden?“
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