Betreten verboten: Das riesige Haus bröckelt

Betreten verboten: Das riesige Haus bröckelt
Offene Liftschächte, eingestürzte Treppen: Seit 20 Jahren steht das Gebäude leer. Eigentümer sind in der „Sondierungsphase“.

Ein Security-Dienst überwacht das Gelände, Kameras sind installiert. Das ehemalige „Heim Wienerwald“ in Feichtenbach bei Pernitz ist eine Ruine – und wird trotzdem nicht aus den Augen gelassen. Warum? Unbekannte feierten okkulte Feste und Partys, sie verwüsteten Räume und Einrichtung. Anrainer und Gemeinde waren alarmiert.

Die Gemeinde hat ein behördliches Betretungsverbot verhängt. Treppen sind eingestürzt, Liftschächte liegen offen. Der Verfall ist fortgeschritten: Der Komplex steht immerhin seit 20 Jahren leer. Er gehört deutschen Eigentümern, die allerdings nicht öffentlich in Erscheinung treten. Auch für den Bürgermeister des Ortes, Hubert Postiasi (ÖVP), sind sie nicht direkt erreichbar. Kommuniziert wird über eine Wiener Rechtsanwaltskanzlei, die die Besitzer in Österreich vertritt.

Viele Ideen

Ideen gab es schon einige für das riesige Haus. Zuletzt sprachen sich zwei SPÖ-Nationalräte dafür aus, das Sanatorium für Long-Covid-Patienten zu nützen, der Gemeinderat hat eine Resolution verabschiedet. Der Vorteil: Das Gelände hätte bereits die richtige Widmung. Konkrete Pläne liegen aber nicht vor. „Die Eigentümer befinden sich aktuell noch in der Sondierungsphase“, erklärt Hanno Schatzmann von der Rechtsanwaltskanzlei. Sie würden sich aber vor allem im nächsten Jahr aktiv mit Entwicklungs- und Sanierungsmöglichkeiten befassen.

Bewegte Geschichte

Das Gebäude hat eine bewegte Geschichte. Die Ärzte Hugo Kraus und Arthur Baer gründeten im Jahr 1903 das Sanatorium Wienerwald als Lungenheilstätte. Es erlangte Weltruhm.

1938 beschlagnahmte die SS das Sanatorium. Kraus – er stammte aus einer jüdischen Akademikerfamilie – soll einen Suizidversuch unternommen haben, an dessen Folgen er später im Spital starb. Es gibt aber Zweifel an dieser Version. Baer – er wurde als Sohn eines jüdischen Maierhofpächters geboren – überschrieb nach Verhören durch die Gestapo seine Besitztümer. Er starb verarmt im Jahr 1941. Das Sanatorium wurde ein Lebensborn-Heim (siehe oben). Nach dem Krieg war es ein Kindererholungsheim des Wiener Jugendhilfswerks, Urlauberheim des Gewerkschaftsbundes und Rehabilitationszentrum der Wiener Gebietskrankenkasse.

1992 wurde ein Gedenkstein für Hugo Kraus und Arthur Baer enthüllt. Gedenktafel für die Lebensborn-Kinder gibt es noch keine. Eine Delegation der „Lebensborn-Kinder“ wird das Areal des ehemaligen Heims besuchen. Mit Zustimmung der Besitzer. Wann, bleibt geheim.

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