Eltern alleine zu Hause
Ein wenig Trauer nach so vielen gemeinsam Familienjahren ist normal, aber wenn Schlaf- und Appetitlosigkeit sowie weitere körperliche Symptome hinzukommen, ist Vorsicht geboten. Die Wiener Eltern- und Familienberaterin Sandra Teml-Wall beschreibt es so: „Mit dem Auszug des Kindes geht auch der Verlust des bisher gewohnten Familienlebens einher. Alles Neue macht uns Angst und wirft Fragen auf. Können sich Eltern auf die neue Situation nicht einstellen, kann das Leid bis zur Depression steigen.“
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Vor allem die Partnerschaft müsse jetzt neu sortiert werden. „Oftmals ist ein Kind auch ein stabilisierender Faktor in einer Paarbeziehung. Eltern fokussieren sich auf die Kinder und stellen ihre eigenen Themen hinten an“, so die Expertin. Manche Kinder würden auch die Rolle des Partnerersatzes oder der besten Freundin einnehmen. „Diese Konstrukte geraten mit dem Auszug ins Wanken. Die Eltern sind wieder auf sich selbst zurückgeworfen“, so Teml-Wall.
Neue Beziehungsarbeit
Plötzlich sind da nämlich nicht mehr nur Mama und Papa, sondern wieder eine Frau und ein Mann, die sich womöglich innerhalb der vergangenen Jahre oder Jahrzehnte fremd geworden sind. Sehr viele Paare trennen sich in dieser Phase. Psychotherapeut Christian Jurceka rät: „Paare sollten sich jetzt fragen: Wer waren wir früher? Was macht mir Freude und welche Freude teile ich noch mit meinem Partner? Und: Was wollen wir mit der neuen Freiheit anfangen?“ Das könne etwa ein gemeinsames Hobby, Reisen oder ein Sport sein.
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Auch der Austausch mit anderen Eltern kann helfen, sich als Paar neu zu finden. Nur wenn sich nach längerer Zeit keine Besserung einstellt, sollte professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden. „Mit einem Außenstehenden auf den Prozess zu schauen, hilft dabei klarer zu sehen“, sagt Jurceka. Im Umgang mit den Kindern rät der Experte, auf Sätze wie „Du meldest dich ja nie“ zu verzichten. Das würde bei den jungen Erwachsenen Schuldgefühle auslösen. Besser sei es, über die Wehmut und die Ambivalenz der Gefühle zu sprechen.
Bügeln im Ex-Kinderzimmer
Auch für den Nachwuchs geht mit dem Auszug ein Kapitel zu Ende und es ist entlastend für die „erwachsenen Kinder“, wenn sie sehen, dass das Glück ihrer Eltern nicht von ihrer Anwesenheit abhängig ist. Jetzt bleibt noch eine Frage offen: Was sollten Eltern mit dem Kinderzimmer machen? Jurceka: „Da gibt es viele individuelle Antworten vom Hobbyraum bis zum Bügelzimmer. Auf jeden Fall sollten Eltern es nicht zum Schrein konservieren.“
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Das sieht auch Sandra Teml-Wall so: „Ich kenne Familien, die in eine kleinere, günstigere Mietwohnung gezogen sind. Andere wiederum leben weiter in ihrem Haus und nützen den freien Raum als Rückzugsort für sich selbst.“
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