Darum ist das Rotkraut manchmal wirklich blau

Darum ist das Rotkraut manchmal wirklich blau
Das typische Wintergemüse bringt Farbe ins Essen. Als klassische Beilage zu Fleischgerichten wie auch als vitaminreiche Rohkost.

Falls auf Ihrem Speiseplan für die Weihnachtsfeiertage Rotkraut als Beilage steht, denken Sie vielleicht aus Zeitgründen an ein Tiefkühlprodukt. Damit befinden sie sich in guter Gesellschaft: „Der Herbst und Weihnachten sind der Hauptabsatzmarkt für Rotkraut“, sagt Markus Zinsberger vom Tiefkühlproduzenten Iglo. 1.200 Tonnen werden jährlich produziert, der Großteil kommt aus dem Marchfeld. Ebenso befindet sich hier das Verarbeitungswerk: In Groß-Enzersdorf produziert die Firma Ardo Austria für Großkunden wie Iglo nach deren Rezepturen. Es ist eines der wenigen derartigen Betriebe in ganz Europa, die so nahe bei den Feldern liegen. Die weiteste Entfernung beträgt dreißig Kilometer Luftlinie.

Echtes Saisonprodukt

Rotkraut ist ein echtes Saisonprodukt. Geerntet wird nur ein Mal im Jahr: Was nun im Dezember geschnitten, eventuell gewürzt und portioniert im Tiefkühlpackerl auf seinen Bestimmungszweck wartet, zierte noch im November die flachen Felder des Marchfelds. Nur drei Pflanzen setzt man im Mai pro Quadratmeter.

Fünf Monate später bedecken die Blätter komplett die Erde, in der Mitte jeweils ein großer Krautkopf. „Sie breiten sich richtig aus“, sagt Landwirt Christian Radl, der mit seiner Familie schon seit 1977 Rotkraut anbaut. Drei Hektar waren es heuer, das ergibt mehr als zweihundert Tonnen Ertrag. Nächstes Jahr wird hier anderes Gemüse wachsen. Aufgrund der Fruchtfolgeabläufe wird Rotkraut nur alle fünf Jahre am selben Feld angebaut.

Rot oder blau?

Die kräftige Farbe des Gemüses liegt am Gehalt von Anthocyanen (sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe). Ob es sich eher rötlich oder blau verfärbt, liegt dann  unter anderem an der Zubereitung: Im sauren Milieu (Essig, Apfelstücke) verfärbt sich das Kraut eher violett, im basischen (Natron, Backpulver) eher rötlich. Dazu kommt es auf die Beschaffenheit des Bodens an, auf dem die Krautköpfe wachsen.

Und dann wären da noch die regionalen Feinheiten der deutschen Sprache. Während man etwa in Ostösterreich generell von Rotkraut spricht, wird in Bayern und auch in Westösterreich Blaukraut serviert. Auch in Frankfurt kennt man das Wintergemüse als Rotkraut, besagt der dtv-Sprachatlas. Und damit nicht genug: In Norddeutschland heißt es Rotkohl.

Die Ernte ist Handarbeit

Die Rotkrauternte ist, was wenige wissen, auch für die Iglo-Bauern noch immer reine Handarbeit. Das sei noch immer die beste Methode, betont Christian Radl. Daher dauert die Rotkrauternte auch länger als beispielsweise jene von Erbsen, die bereits vollmaschinell abläuft.

Radl und seine Erntehelfer arbeiten mit langen Krautmessern, die mit ihren abgerundeten Spitzen ein wenig an Macheten erinnern. „Damit kann man den harten Strunk besser abschneiden“, erklärt er. Das schaut leichter aus, als es ist – und fordert ganz schön Krafteinsatz, wie die Autorin im Selbstversuch feststellen konnte. Selbstredend, dass die Messer dafür sehr scharf sind und auch am Feld ständig nachgeschliffen werden.

Eindrücke von der Rotkrauternte

Einmal abgeschnitten, landet der Krautkopf mit geübtem Schwung in der tiefgelegten Schaufel des Traktors, der den Männern im Schritttempo folgt. Ist die Schaufel voll, kippt Radls Sohn Christian junior, der den Traktor lenkt, die Ladung in den großen Anhänger am Feldrand.

Im Ardo-Werk in Groß-Enzersdorf laufen die Maschinen im Spätherbst auf Hochtouren. Im Fall von Rotkraut heißt das: Am Förderband wird der Strunk entfernt, der Kopf wird geschält, geschnitten und blanchiert. Dann kommt die Zubereitung. Für Iglo die Varianten Apfel, Maroni und vegan. Das laufe ganz individuell ab, erklärt Manfred Hansi von der Genossenschaft Tiefkühlgemüse. „Je nach Kundenwunsch werden bestimmte Rezeptur umgesetzt.“

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