Die Federkrone könnte vielleicht doch transportiert werden ...

Collage der Wienwoche zu „Etornos Retornos“ mit Kiste und Weltmuseum im Hintergrund
Seit Jahrzehnten schwelt ein Streit um ein schillerndes Objekt, das fraglos ein Highlight des Weltmuseums darstellt. Denn es soll sich bei diesem Kopfschmuck aus Federn des Quetzals und anderer Vögel um den Penacho von Moctezuma II. handeln.
Montezuma – so die spanische Verballhornung – war von 1466 bis 1520 der Herrscher des Aztekenreiches. Er habe seine Federkrone dem Eroberer Hernán Cortés „geschenkt“. Diese gelangte in der Folge zu Karl V., der auch über Spanien herrschte.
Beweise hierfür fehlen zwar. Aber der Kopfschmuck, der erstmals 1596 erwähnt wird (im Inventar der Kuriositätensammlung auf Schloss Ambras), ist das einzige erhaltene Objekt seiner Art. Denn Vogelfedern verrotten gerne. Manche argumentieren daher, dass der Penacho im Laufe der Zeit aus Resten anderer Kronen zusammengesetzt worden sein könnte.

Ein Highlight des Weltmuseums in Wien: die Federkrone
Die Mexikaner hätten ihn trotzdem gerne zurück. Es wurden immer wieder Versuche unternommen, auch auf offiziellem Weg. Doch die Wissenschaft kam 2012 zur Überzeugung, dass die Federkrone nicht transportfähig sei: Um die Schwingungen auf ein unschädliches Maß zu dämpfen, bräuchte es für den riesigen Spezialcontainer ein 350 Meter langes Flugzeug. Damit war auch die Idee, die Krone als Leihgabe nach Mexiko zu schicken, hinfällig geworden.
Von 2020 an unternahm Andrés Manuel López Obrador, Mexikos Präsident bis 2024, neue Anläufe. Und im Jänner 2022 schleuste man Audioguides mit einem alternativen Text ins Weltmuseum: Zu hören ist der Aktivist Xokonoschtletl Gómora, der die Rückgabe von „El Penacho“ fordert. Khadija von Zinnenburg Carroll, die an der Central European University in Wien Kolonialgeschichte lehrt, solidarisierte sich mit ihm und veröffentlichte das Buch „Mit fremden Federn: Quetzalapanecáyotl – Ein Restitutionsfall“.
Prozession am Samstag
Die Wienwoche gibt ihr nun eine Bühne. Denn unter dem Titel „Breathe Again“ will das Festival von 12. bis 21. September „mit künstlerischen und aktivistischen Mitteln Lüftungsschächte in gesellschaftliche Zonen“ graben, „die sich durch den Druck des Imperialismus so verfestigt haben, dass vielen Menschen buchstäblich die Luft zum Atmen ausgeht“: Am Samstag findet ab 15 Uhr eine „Prozession“ statt. Als Höhepunkt der „Gift-Giving Demonstration“ wird vor dem Weltmuseum, das zum KHM-Konzern gehört, eine „schwingungsoptimierte“ Transportkiste abgestellt, die der Federkrone „eine vibrationsarme und sichere Heimreise“ ermögliche.
Den Auftrag gab Zinnenburg Carroll, entwickelt wurde die Kiste von Kerstin Kracht, einer deutschen Ingenieurin für Schwingungstechnik und Strukturdynamik, auf Basis der Erfahrungen mit dem ähnlich fragilen „Tahitianischen Trauerkostüm“ des British Museum.
Das KHM sieht der Aktion „Etornos Retornos“ gelassen entgegen: Man „begrüße die kreative Auseinandersetzung“, die performative Präsentation sei ein wertvoller künstlerischer Beitrag zu Diskussion: Auch wenn die Theorie nur an einem Dummy getestet worden sei, „deckt sich der vorgestellte Ansatz mit unserem Anspruch, stets auf der Höhe des technologischen Fortschritts zu sein“.
Die Kiste nutzen will man aber wohl nicht: „Unser Ziel bleibt, faktenbasierte Grundlagen für zukünftige Entscheidungen zu schaffen.“
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