Während des Ersten Weltkriegs als Rot-Kreuz-Fahrer in Frankreich unterwegs, beschloss Walt Disney nach dem Krieg Berufszeichner zu werden. Anfangs nur, um Geld zu verdienen, entbrannte bald die wahre Liebe zur Zeichenkunst. Er arbeitete für Zeitungen und Studios, gestaltete Werbefilme und Cartoons und lernte bei einem dieser Jobs den Trickfilmzeichner Ub Iwerks kennen, mit dem er später die Micky Maus erfand. 1920 machten sich die beiden in Kansas City mit einem Zeichenbüro selbständig, wobei Disney meist den Charakter der Figuren und die Story festlegte und sein Kompagnon mehr den zeichnerischen Teil übernahm.
1923, vor hundert Jahren also, setzte Disney den entscheidenden Schritt seiner Karriere, als er mit 40 Dollar in der Tasche nach Hollywood ging, um dort mit seinem älteren Bruder Roy das Disney Cartoon Studio zu gründen. In einem winzigen, ebenerdig gelegenen Atelier entstand 1925 eine Figur namens Mortimer, die er dann jedoch auf Anraten seiner Frau Micky Maus nannte. Drei Jahre später erschien die kleine Maus in dem Acht-Minuten-Kurzfilm „Steamboat Willie“ auf der Leinwand. Und machte Disney weltberühmt.
Bald erfand er auch Kater Karlo, Goofy, Pluto und Donald Duck. Doch so populär die Figuren auch waren, spielten sie nicht genügend Geld ein, um die teuren Animationen zu finanzieren, da Kurzfilme in den Kinos lediglich als Vorprogramm liefen und schlecht bezahlt wurden.
Um wirtschaftlich überleben zu können, musste also ein abendfüllender Film her. Da fiel ihm ein Märchen der Brüder Grimm in die Hände, von dem er überzeugt war, dass daraus ein Eineinhalb-Stunden-Trickfilm entstehen könnte. Und so schaffte er tatsächlich mit „Schneewittchen und die 7 Zwerge“ den Auftakt zur „Goldenen Disney-Ära“. Walt Disney bekam für den Film einen großen Oscar (für Schneewittchen) und sieben kleine (für die Zwerge). Laut American Film Institute zählt der 1937 produzierte Film zu den 100 besten Filmen aller Zeiten, und er ging als bedeutendster Trickfilm in die Geschichte Hollywoods ein.
Dieser Meilenstein des US-Kinos ermöglichte es Disney ein weltweites Imperium zu schaffen und eine Vielzahl weiterer Zeichentrickfilme zu produzieren, darunter Klassiker wie „Cinderella“, „Dornröschen“, „Alice im Wunderland“, „Dumbo“ oder „Bambi“, gedreht nach einer Geschichte des Österreichers Felix Salten.
Stets neuen technischen Entwicklungen folgend, produzierten die Disney Studios neben Trick- auch Spielfilme, Musicals, Fernsehshows und beherrschten damit die Unterhaltungsbranche. Walt Disney wurde zu einer der meistgeehrten Persönlichkeiten der Filmindustrie, er bekam alle Preise, die Hollywood zu vergeben hat, darunter insgesamt 26 Oscars.
Natürlich hat Disney sein Werk nicht allein geschaffen, Hollywoods größtes Filmstudio beschäftigte bis zu 1.500 Zeichner, Animatoren, Autoren, Songschreiber, Sprecher, Kameraleute und Regisseure. Der Aufwand war gigantisch, allein der 1940 produzierte Film „Pinocchio“ besteht aus einer Million Zeichnungen.
Walt Disney hatte auch eine dunkle Seite. Der als homophob geltende Filmmogul entließ einen Schauspieler, als er erfuhr, dass er homosexuell war. Disney war latent frauenfeindlich und unterstützte den republikanischen Senator Joseph McCarthy in seinem Kampf gegen angeblich kommunistische Künstler, die er auf eine schwarze Liste setzte oder einsperren ließ.
In den 1950er-Jahren besuchte Walt Disney mit seinen beiden Töchtern einen Tingeltangelplatz, auf dem ihm auffiel, dass es keine Einrichtungen gab, die Kinder und Eltern gemeinsam erleben konnten. Um dem entgegenzuwirken, entstand 1955 in Anaheim bei Los Angeles das erste Disneyland. Die Idee dahinter war – wie bei allen seinen Produkten – das Publikum in eine heile Welt zu versetzen. Es folgten weitere Freizeitparks in Florida, Paris, Tokio, Hongkong, Shanghai.
„Das Dschungelbuch“ war der letzte Zeichentrickfilm, dessen Produktion Walt Disney selbst noch beaufsichtigte, doch die Premiere sollte er nicht mehr erleben. Der Kettenraucher starb am 15. Dezember 1966, im Alter von 65 Jahren an Lungenkrebs.
Danach stand sein Bruder Roy der Walt Disney Company bis zu seinem Tod im Jahr 1971 vor. Heute nicht mehr im Besitz der Familie, ist Disney eines der größten Medienunternehmen der Welt.
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