Ein Schnelltestverweigerer irrlichtert durch düstere Zeiten

Mehrfachbelichtung: Elegantes Fallen von Stefan Suske im Blitzlichtgewitter.
Es war zappenduster in der Dunkelkammer. Nicht einmal das Notlicht leuchtete grün. Und das gebotene Hörspiel war ziemlich banal. Einschlafen ging leider nicht. Denn man saß in der Nebenspielstätte des Volkstheaters auf harten Holzbänken ohne Rückenlehne.
Ein Nickerchen wäre wohl auch nicht angeraten gewesen. Denn vor Beginn der Vorstellung war man im gediegen getäfelten Führerzimmer, das der Führer nie genutzt hat, eindringlich gewarnt worden: Wir, das Publikum, würden die ganze Zeit über mit einer Nachtsichtkamera beobachtet werden. Also schon ziemlich spooky. Und dann steckte uns das Duo Darum (Victoria Halper und Kai Krösche) in die rabenschwarze Folterkammer.
Stefan Suske spielte einen Großvater ... Nein, er spielte ihn wahrscheinlich nicht. Da es ja absolut finster war, brauchte er nicht zu spielen. Es reichte, dass er dessen Geschichte vortrug. Und das war die eines sturen Querdenkers, der die Schnelltestverweigerung einem Weihnachten mit seinem Enkel vorzieht, aber die blinde Masse (samt seiner Tochter) und die „Systemmedien“ für die Ungerechtigkeit verantwortlich macht.
Und so drifteten auf der harten Bank die Gedanken ab. Früher einmal, 1972, gab es einen veritablen „Notlichtskandal“, weil Claus Peymann gemäß der Regieanweisung von Thomas Bernhard komplette Finsternis im Saal haben wollte, was die Salzburger Polizei allerdings untersagte. Heute scheint man das viel lockerer zu handhaben.
Je länger man Stefan Suske zuhörte beziehungsweise zuhören musste, desto mehr reifte die Überlegung, beim Kollegen Gert Korentschnig vom „Kulturamt“ den Antrag einzubringen, Corona-Stücke ohne Erkenntnisgewinn behördlich untersagen zu lassen. Und dann kam sogar so etwas wie eine Verschwörungstheorie auf: Herbert Föttinger, der die Saison in den Kammerspielen vor einer Woche mit der Uraufführung von Daniel Kehlmanns zäher Pandemie-Revue „Ostern“ beginnen ließ, und Jan Philipp Gloger, der nun mit der Uraufführung des Pandemie-Monologs „Pseudorama“ nachkartete, müssen sich mephistophelisch abgesprochen haben! Um die Deutungshoheit über Corona und die Folgen aus performativer Sicht zu wahren. Oder so ähnlich.
Was das Duo Darum wirklich wollte mit der 70-minütigen Darbietung, deren Untertitel „Eine zu 99 % analoge virtuelle Realität“ lautet, blieb im unausgeleuchtet Verborgenen. Der arme Tropf jedenfalls, der seine Geschichte erzählt, radikalisierte sich nach einer Zecherei über Internetforen, Telegram-Gruppen und Die ganze Woche. Ob er’s überlebt hat?
Seine Tochter wird gegen Ende hin das Laken über seinen Kopf ziehen. Denn ja, es gibt dann doch etwas Licht und irre viele Blitze, die in einer Stroboskopeffekt-Orgie gipfeln. Das Geilste war aber der ohrenbetäubende Dolby-Surround-Sound von Arthur Fussy. Paula Nocker hätte man zum Einstand als Ensemblemitglied eine gewichtigere Rolle gewünscht als jene der Tochter, die ein bisschen kontern darf, aber eigentlich nur Stichwortgeberin ist.
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