Trenklers Tratsch: Polit- und Ethnokitsch in der Festwochen-Badehütte

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Die Wiener Festwochen, am Wochenende zu Ende gegangen, waren großteils zum Vergessen – wie Sie kürzlich im KURIER lesen konnten. Das sehen recht viele Theaterkritiker ähnlich.
Karin Czerny schrieb im profil, dass Intendant Christoph Slagmuylder weiterhin ein Brüsseler Kunstenfestival mache: „Kleine bis kleinste Performances und Tanz – all das, was es in Wien ohnehin zur Genüge gibt“. Ja, der Intendant stehe „für Tanz, der oft in Ethnokitsch“ abgleite, mit innovativem Schauspiel hingegen kenne er sich nicht aus, das Festival hätte sich heuer „in exzentrischen, oft zu minimalistischen Liederabenden“ verloren.
Margarete Affenzeller und Ljubiša Tošic pflichteten im Standard bei: „Zu kleinteilig, zu kleinformatig, zu versuchslastig blieben die Aufführungen, zu hermetisch das Festival an sich.“ Thomas Kramar konstatierte in der Presse „Insider-Atmosphäre“ und „schwache Experimente“, der Intendant liebe offenbar „Politkitsch“. Und Petra Paterno stellte in der Wiener Zeitung – bei aller Corona-Nachsicht – fest, dass Welttheater „bedauerlicherweise kaum auszumachen“ gewesen sei.
Aber vergessen wird man das Gebotene nicht. Es schreit nach einer Debatte darüber, was die Festwochen sein sollen. Ein Prolog zum Impulstanz Festival, das am 7. Juli startet? Oder ein Nischenprogramm, zu dem viele Fans der Festivals keinen Weg mehr finden könnten? Karin Czerny ruft in Erinnerung, dass die Festwochen ein „Publikumsfestival“ (gewesen) seien. Dafür brauche es eben „echte Brummer mit Strahlkraft“, die nicht nur der Standard schmerzlich vermisst. Zumal die Subvention auf ein solches ausgerichtet ist: 2020 erhielten die Festwochen 10,7 Millionen Euro von der Stadt.
Man könnte einwenden, dass aber die Auslastungszahlen beachtlich seien: Die Festwochen bezifferten sie mit 83 Prozent. Doch ihr Tratschpartner befürchtet, dass man nachgeholfen hat. Er sah in vielen Vorstellungen den sympathischen Pressesprecher; und dieser saß immer in der teuersten Kategorie. Früher wäre das undenkbar gewesen, da wurden die Karten verkauft. Früher einmal gaben die Festwochen auch bekannt, wie viele Karten gratis abgegeben wurden. Doch jetzt schweigt man verschämt.
Peter L. Eppinger, Kultursprecher der ÖVP, erhob nun, dass die Festwochen Anfang der 2000er-Jahre noch über 80.000 Karten aufgelegt hätten, „vor zehn Jahren waren es nur mehr knapp 50.000, mittlerweile gibt man sich mit 36.000 zufrieden“. Fazit: „Der einst so große Leuchtturm der Stadt ist mittlerweile zur kleinen Badehütte geschrumpft.“
Aber nur, was den Output (mit etlichen Mini-Produktionen ohne viel Aufwand) anbelangt. Wir müssen daher über das Geld reden. Wenn man die Subvention durch die Zahl der ausgegebenen Karten (30.000) dividiert, kommt man auf einen Betrag von happigen 350 Euro. Bogdan Roščić macht um einen weit geringeren Zuschuss pro Besucher tatsächlich große Oper – mit Hundertschaften an Chor und Orchester.
Eppinger bringt daher eine Anfrage an Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler ein. Er will wissen, wie viele Karten tatsächlich verkauft – und wie viele man gratis verteilte (etwa an Mitarbeiter). Ihren Tratschpartner würde noch der Eigendeckungsgrad interessieren. Und eine Analyse, ob die Festwochen die Vorgaben im Fördervertrag erfüllt haben. Mal schauen, ob die Stadträtin die Wichtigkeit von Transparenz nicht nur behauptet.
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