Trenklers Tratsch: Der Befreiungsschlag der Kulturschaffenden
An sich sind die Menschen ja findig, wenn es darum geht, Verordnungen zu umgehen oder Schlupflöcher zu finden. Dies zeigt sich auch in Zeiten von Corona. Man fährt zum Beispiel auf Kur, wenn man in Kärnten urlauben will. Das ist zwar nicht ganz im Sinne der Regierung, aber doch legal.
In der Kulturszene hingegen vermisst man – auch ein Jahr nach dem Ausbruch – kreative Ansätze. Nur die Staatsoper lässt sich immer wieder Neues einfallen: Direktor Bogdan Roščić präsentiert nun prächtige Kostüme. Ansonsten aber begnügt man sich mit Jammern und Protestieren. Vorgestern, am Welttag des Theaters, blockierten etwa 300 „Kulturschaffende“, wie die APA berichtete, die Brücke Ponte della Libertà, die Venedig mit dem Festland verbindet. Zu Demonstrationen kam es in mehreren italienischen Städten, weil die Wiedereröffnung der Veranstaltungsstätten, geplant für 27. März, auf Mai verschoben wurde. In Mailand z. B. kaperten Künstler das von Giorgio Strehler gegründete Piccolo Theater.
Auf derartige Akte (wie zuvor im Pariser Odéon) verzichteten Gernot Kranner und Gerhard Ruiss. Eigentlich hatten sie zu einer Kund-„Kunstgebung“ am Samstag aufgerufen. Aufgrund der doch beunruhigenden Lage begnügten sie sich mit einer Zwei-Mann-Demo vor dem Burgtheater. Sie beharrten dabei aber auf der Zielsetzung der Initiative: die Öffnung der Kulturstätten zum ehestmöglichen Zeitpunkt. Denn klar sei mittlerweile: „Wir können nicht die Ursache für die Infektionszahlen sein.“
Eine Gruppe von Künstlern lässt daher vom Verfassungsgerichtshof klären, ob die Schließung der Kulturstätten tatsächlich ein verhältnismäßiges Mittel zum Schutz vor dem Coronavirus darstellt. Die auf Beethovens Freiheitsoper „Fidelio“ anspielende „Florestan“-Initiative, vom Pianisten Florian Krumpöck mitinitiiert, beruft sich dabei auf den Artikel 17a des Staatsgrundgesetzes: „Das künstlerische Schaffen, die Vermittlung von Kunst sowie deren Lehre sind frei.“
Auch Ihr Tratschpartner vermisst Live-Erlebnisse im Theater und im Konzert; er konnte allerdings bis dato keine Form von Zensur feststellen. Jeder darf auch in Corona-Zeiten jede Art von Kunst „schaffen“; und die Findigen finden immer Möglichkeiten, diese den Rezipienten vorzustellen. Über Zoom etwa.
Neben Nina Proll, Angelika Kirchschlager, Alfred Dorfer und sechs weiteren „Kulturschaffenden“ brachte auch Eduard Angeli einen Individualantrag beim Verfassungsgerichtshof ein. Durch die Maßnahmen der Regierung sei seine „berufliche und künstlerische Tätigkeit“ – Angeli ist Maler! – massiv beschränkt worden. Denn zwei für ihn relevante Albertina-Ausstellungen („The Beginning“ sowie „Schwarz, Weiß und Grau“) seien „geschlossen“ worden. Ihr Tratschpartner ist etwas verdutzt. Er hat die Ausstellungen besuchen können. Und nicht nur der KURIER hat berichtet.
Aber ja, leider sind auch jetzt bald wieder die Museen geschlossen. Falls Sie nicht auf deren digitale Angebote zurückgreifen, die Streamingdienste in Anspruch oder ein Buch lesen wollen, hat Eva Blimlinger, Kultursprecherin der Grünen, zumindest eine Denkaufgabe für Sie. Denn ihr missfällt das Wort „Kulturschaffende“. Es tauchte zwar schon in den 1920ern auf, wurde aber erst von den Nationalsozialisten ideologisch verwendet. Blimlinger hätte gerne einen Begriff, der historisch nicht beladen ist, und lobte nun – in Kooperation mit der Kulturplattform Oberösterreich – einen Wettbewerb aus (Einreichungen bis 30. April an kulturx@kupf.at). Das Preisgeld, 1000 Euro sowie zweimal 250 Euro, stellt Blimlinger zur Verfügung. Ihr Tratschpartner wollte beinahe die oder der Kulturende vorschlagen. Aber sollte der Zeilenfall die Abteilung „Kultur/ende“ verlangen: Das will er doch nicht.
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