Taylor Swifts Werbefilm ist eine gar billige Show

Beim New Yorker Pop-Up-Event zum Album-Release von "The Life of a Showgirl" von Taylor Swift kamen die Fans zahlreich. In Wien war das Interesse vorhanden, aber nicht überbordend.
Der Film heißt „Taylor Swift: The Official Release Party of a Showgirl“. An diesem Samstagabend ist es in einem Multiplex in Wien-Brigittenau eher weniger ein wildes Feiergetümmel denn ein intimes Stelldichein. Ganze vier Zuseherinnen und ein Zuseher (mutmaßlich ein Begleit-Vater) haben sich eingefunden, um den eineinhalbstündigen Werbespot für das neue Album des Popstars zu sehen.
Insgesamt war es in der auf drei Tage limitierten Kinolaufzeit nicht eben schwierig, Tickets für das Event zu ergattern. Die Annahme, dass die Wiener Swifties schon etwas ermüdet sind von der Gewinnmaximierung ihres Idols, wäre natürlich Spekulation. Als Lehrstück über das kaufmännische Talent der Taylor Swift ist der Film allerdings durchaus sehenswert. Er beginnt mit der Weltpremiere des Musikvideos zum Auftaktsong des neuen Albums, „The Fate of Ophelia“. Dann folgen Videos zu den anderen Liedern, allerdings sogenannte „Lyric Videos“. Die sind günstig in der Produktion, überhaupt wenn man, wie Swift jeweils eine Mini-Sequenz aus dem „Ophelia“-Video in immer anderem Kostüm nimmt, in einer Schleife abspielt und mit Kaleidoskopeffekt vervielfacht. Kusshände werden derer viele geworfen von Swift in diesen Clips. Damit auch Kinder und Jugendliche und deren Ticketerlöse nicht von dem Ereignis ausgeschlossen werden, hat Swift alle anstößigen Worte („dick“) aus den Texten getilgt. Dazwischen gibt es -Aufnahmen vom „Ophelia“-Dreh. Zum Schluss wird doch noch ein richtiges Hochglanz-Video abgespielt: nämlich dasselbe wie am Beginn, „The Fate of Ophelia“. Kurz gesagt: Ein Film, der auch ein Instagram-Posting hätte sein können.
Herzlich wenig Aufwand für maximales Echo – und auch ein bisschen kurios, wenn man bedenkt, dass Swift diese Art der dreisten Werbung gar nicht benötigt. Das Album brach ohnehin schon vorab Spotify-Rekorde – ohne dass sie noch irgendeine Vermarktungsmaßnahme ergriffen hatte.
Früher mehr Poesie
Ihre Fans sind ihr also treu ergeben, und ihre Kritiker wird sie sowieso nicht umstimmen. „The Life of a Showgirl“ erhielt nicht durchgehend begeisterte Bewertungen. Der „Guardian“ fadisierte sich trefflich, „Slate“ bezeichnet es als „Meisterwerk des Cringe“, also der Fremdscham, der „New Yorker“ fragt sich besorgt, ob Swift ab sofort nur mehr Songs darüber schreibt, wie es ist, reich und berühmt zu sein.
Aber auch Fans haben auf den Sozialen Medien Bedenken formuliert: Besonders ihre diesmal eher bodenständige Textkunst wird da ins Visier genommen. Sexuell-erotische Themen hätte sie schon deutlich poetischer formulieren können als „Da werde ich feucht“.
Auch das große Ratespiel, wer denn in den bei Swift (angeblich) nie zufälligen Anspielungen gemeint sein könnte, ist bereits in vollem Gang. Das Lied „CANCELLED!“ soll von Swifts Freundin Blake Lively handeln, die mit dem Schauspieler Justin Baldoni in einer gerichtlichen Auseinandersetzung wegen Rufmords steckt. Der Song „Actually Romantic“ – laut Swift ein „Liebeslied an jemanden, der mich hasst“ – soll wiederum an Popkollegin Charlie XCX gerichtet sein – die ihrerseits schon einmal Swift in „Sympathy is a Knife“ thematisiert haben soll.
„In meinem Geschäft ist Aufmerksamkeit Liebe“, sagt Swift einmal in dem Begleitfilm. Für genug Gesprächsstoff hat sie jedenfalls erst mal gesorgt.
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