Von Marie-Sarah Drugowitsch
Der französische, aus einer Musikerfamilie stammende Choreograf Samuel Feldhandler sucht nach Möglichkeiten, musikalische Formen in tänzerische Bewegungsmuster zu übersetzen.
Für „Soso“, eine Art Tanzporträt seiner Großmutter, greift er auf eine Vielzahl von Interpretations- und Kompositionstechniken wie Kanons, Variationen und Zitate zurück und spielt mit Referenzen. Dabei knüpft er thematisch an sein letztes Stück „Georges tremble“ an. Es war seinem Großvater gewidmet.
Sonia Feldhandler, genannt Soso, kam 1933 als Tochter jüdisch-polnischer Eltern in Frankreich zur Welt und überlebte den Holocaust. Wer ein narratives Stück oder gar eine tänzerische Aufarbeitung des Zweiten Weltkriegs erwartet, der kommt im Tanzquartier Wien nicht auf seine Kosten, was jedoch keineswegs heißen soll, dass die einzelnen Tanzphrasen bedeutungslos bleiben.
Klangbilder
Der Bühnenraum von Alma Feldhandler, der Schwester des Choreografen, bleibt fast leer. Sie arbeitet mit Elementen aus ausgeschnittenem Karton. Eine Weltkugel, eine Masche und Schuhe, wie Kinderzeichnungen wirkend, sind vor allem in der linken Hälfte der Bühne platziert. Auf der rechten Bühnenseite befinden sich kleine Boxen, aus denen die Kompositionen Paul Kotals erklingen. Obwohl Feldhandler der Musik viel Bedeutung beimisst, drängt sich diese nicht auf, sondern lässt den Tänzern Raum zum Erzeugen von Geräuschen wie Klatschen, Stampfen, Atmen.
Die Musik führt durch verschiedene Klangbilder, mal hört man „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“, Gitarrenmelodien, Tropfgeräusche oder eine Spieluhr. Sie korrespondiert mit den stetig wechselnden Gruppenkonstellationen der Tänzer. Feldhandler entwickelt eine komplexe Tanzsprache mit hohem Wiedererkennungswert, in der manche, aber durchaus nicht alle Bewegungen erzählerisch motiviert sind. Es wird mit Spiegelungen, Wiederholungen und Richtungswechseln operiert, die in Gruppen von zwei, drei, vier oder fünf Personen aufgegriffen werden. Dabei tritt immer wieder jemand aus der Formation und wird zum Beobachter.
Kleinteilige Gesten in Kombination mit Zitaten aus Stepptanz, Jazz und Ballett, die vom Wissen des Choreografen zeugen, sind von Bedeutung. Passagenweise hätte es dem Stück keinen Abbruch getan, Tänzer mit eher klassischer Ausbildung (vor allem was Sprünge wie Grand Jettes und Entrelacés, aber auch die Flexibilität angeht) einzusetzen, da doch einige Elemente dem Ballett entnommen wurden. Ungeachtet dessen wirken das Quintett durchwegs homogen.
Zum Ende der Inszenierung hin hat man das Bewegungsprinzip und die Muster des Aufbaus verstanden, hier wird das Stück repetitiv.
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