Kein Gansl für den Hansl, aber der Christbaum brennt. Und wie!

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Doch weit mehr als der Film: Gregor Seberg, Inge Maux, Verena Scheitz und andere spielen "Single Bells" nach.

Wenn ein Film seit mehr als einem Vierteljahrhundert Weihnachten für Weihnachten im Fernsehen läuft, hat es eine Theaterfassung verdammt schwer. Denn das Anschauen von „Single Bells“ ist längst zur rituellen Adventhandlung geworden. Man vergleicht also unweigerlich. Und will keinen einzigen der legendär gewordenen Sätze vermissen.

Die Adaption von Matthias Bauer, die am Dienstag im Theater Akzent Premiere hatte und nun durch die Lande tourt, enttäuscht aber nicht: Sie belässt die Handlung im Jahr 1997, als Xaver Schwarzenberger das Drehbuch seiner Frau Ulrike verfilmte. Der angeödete Sohnemann (Johannes Brand) spielt in der Keith-Haring-Kapuzenjacke Tamagotchi, seine Mutter (Kristina Sprenger) klemmt sich beim Kochen das Funktelefon zwischen Ohr und Schulter.

Und doch vermag die Inszenierung ein klein wenig zu überraschen: Die Handlung konzentriert sich (der Einfachheit halber) auf das Tohuwabohu im Haus der Moors am Land, das Stephan Koch recht raffiniert als angedeuteten Stall aus Holz gezimmert hat. Es ist der 23. Dezember, die kleinbürgerliche Omama (als Type mittlerweile wohl ausgestorben) pfuscht der Schwiegertochter bereits tüchtig ins Handwerk. Inge Maux brilliert mit beleidigten Blicken, die Bände sprechen, und ausgestelltem Selbstmitleid: Ihre Mitzerl ist jener der Inge Konradi durchaus ebenbürtig. 

Die Eifersucht auf die andere, die mondäne Großmutter frisst sie fast auf. Diese wird bekanntlich immer nur „Lilibet“ gerufen. Denn Omis seien alt, so die grundehrliche Erklärung der Enkelin, die Lilibet hingegen … Und dann rauscht die weit, weit jüngere Verena Scheitz im Nerz herein – mit Beautycase aus Kunstleder und auftoupierten Haaren. Im Gegensatz zu Johanna von Koczian, die wahrlich Noblesse versprühte, ist ihre Blondine eine plumpe Neureiche. Ihr fehlt der Döblinger Schliff. Aber nicht nur mit Eierlikör-Exzessen macht sie das Manko alsbald wett. 

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Gregor Seberg kann, steirisch bellend, unmöglich der Sohn von Inge Maux sein. Er vermittelt auch nicht, wie einst Erwin Steinhauer, den Konflikt des Mamabuben, der eigentlich zu seiner Frau loyal sein müsste: Das Bärli macht sich nur ein weiteres Bierli auf und trollt mit seiner Schmusedecke herum. Er landet schließlich nicht im Zimmer des Sohns, sondern als properes Jesuskind in der Krippe. Denn der Plot wurde jazzig mit etlichen Weihnachtsliedern aufgemotzt, versehen natürlich – ratatatam – mit neuen Texten. Und diese Szene eben mit „Wer klopfet an?“

Daher werden auch alle, die jeden Dialog mitsprechen könnten, ob der vielen Einfälle auf ihre Kosten kommen. Irina Hofer zum Beispiel hat die beiden Omas in den gleichen Farben, aber doch sehr divergierend eingekleidet. Es gibt kein Gansl für den Hansl, keine Gans für den Hans. Und das Abfackeln des Christbaums ist samt Löschaktion grandioser Slapstick-Wahnsinn. Standing Ovations nach Zweieinviertelstunden.

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