Neues Album: "Hödn"
Seitdem Seiler und Bernhard Speer 2015 mit dem Hit „Ham kummst“ durchstarteten, haben die beiden in ihren Mundart-Pop-Songs immer wieder sozialkritische Themen mit Witz und Ironie aufgegriffen. Bei „A Achterl“ allerdings so, dass das Lachen im Hals stecken bleibt.
„Wenn du in der Geschichte zurückschaust, war es immer so, dass Zivilisationen irgendwann implodiert sind. Mit der Entwicklung der KI sehe ich, dass es in diese Richtung geht. Der Mensch schafft sich seine Werkzeuge, verliert aber irgendwann die Kontrolle darüber und bringt sich damit um. Ich will nicht sagen, dass ich Angst davor habe, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass sich die KI irgendwann verselbstständigen wird.“ Der 38-jährige Kabarettist und Sänger weigert sich deshalb strikt, KI zu nützen – beim Musikmachen genauso wie privat: „Ich habe tatsächlich Leute getroffen, die bei Entscheidungen, die sie treffen sollen, ChatGPT fragen“, sagt er empört. „Da hört sich ja das Menschsein auf!“
„A Achterl“ ist der einzige Song von „Hödn“, der in die Zukunft schaut. Zum gewohnten Sound des Duos verarbeitet Textautor Seiler anderswo die Trennung von seiner Partnerin – traurig in „Irgendwie“, salopp in „Tot sei wär mir lieber“. Letzteres ist nämlich seine Antwort auf das Angebot der Ex, wieder zusammenzukommen.
Viele Fehler und Blödsinn
Im Titel-Song „Hödn“ blicken Seiler und Speer auf ihre Karriere zurück. Kennengelernt haben sich die beiden, als Speer bei „Horvathslos“, der mittlerweile ausgelaufenen satirischen Web-Serie von Seiler, Regie führte. Später begannen die beiden, Musik dafür zu schreiben. Daraus entstand „Ham kummst“ und eine Karriere, bei der Seiler und Speer – wie sie es in „Hödn“ formulieren – viele Fehler und Blödsinn gemacht, aber daraus gelernt haben.
Einer davon: Die „Cowboyphase“, in der Seiler Probleme mit Alkohol und anderen Substanzen hatte. Die beschreibt er im Song „Wean“: „Das war so zwischen 2018 und 2020. Da habe ich wirklich nur mehr in Nachtlokalen gewohnt. Weil Wien schläft nie, die Versuchungen sind groß, und wenn du einsam bist und da reinfällst, wirst du nie wieder ausgespuckt.“
Auch depressive Phasen hatte er damals. Aber: „Ich habe mich da gut heraus geholt – mit viel Sport. Ich laufe jeden Tag um fünf Uhr früh und ich gehe wandern. Und während Corona habe ich begonnen, zu kochen. Ich koche jeden Tag, probiere jede Woche zwei neue Gerichte. Das macht mir Freude, dabei kriege ich den Kopf frei. Und gesünder ist es auch.“ Das habe viel Disziplin gebraucht, sagt er, vor allem am Anfang.
Seiler und Speer: Konzert im Happel-Stadion
„Bernhard hatte dasselbe. Ihn hat sehr unterstützt, dass er Familie hat und Vater ist. Aber jetzt haben wir das beide überwunden. Uns geht es wirklich gut.“ Speer war im 2017 mit seinem VW-Bus gegen den Pfeiler eines Überkopfwegweisers gekracht, lag monatelang schwer verletzt im Krankenhaus und zog sich danach ein halbes Jahr zurück, um dem ausschweifenden Lebensstil ade zu sagen.
Feiern werden sie die ersten zehn Jahre trotzdem: Am 19. Juli treten sie im Ernst-Happel-Stadion auf. Bei der Show „A schware Partie 2025 – 10 Jahre Ham kummst“ sind unter anderem Otto und Wolfgang Ambros dabei.
Pläne für die Zeit nach der Tour zum Album gibt es auch schon. „Bernhard und ich wollen nächstes Jahr auf jeden Fall wieder filmtechnisch etwas zusammen machen.“ Seilers Fazit der bisherigen Karriere: „Ich bereue nicht viel. Künstlerisch überhaupt nichts und verkauft habe ich mich sowieso nie. Ich war bis heute nicht beim Spargelessen im Marchfelderhof – von daher habe ich sicher etwas richtig gemacht.“
Ausgezeichnet mit 26 Gold- und Platin-Platten, mit Amadeus-Awards und gefeiert bei über 100 Konzerten vor 750.000 Zuschauern, entzieht sich Seiler immer noch bewusst der Seitenblicke-Szene: „Da sehe ich mich überhaupt nicht. Ich habe auch keinen einzigen meiner Awards bei mir zu Hause stehen. Die kommen direkt zu meinen Eltern. Die freuen sich drüber.“
Kommentare