"Saturday Night Fever" in Mörbisch: Wie ein Discofieber-Senker

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Dem Musical "Saturday Night Fever" bei den Seefestspielen Mörbisch mangelt es an Drama und am Flair der Bee Gees.

Von Susanne Zobl

Die guten Nachrichten zuerst: Der Regen verschonte die Premiere von „Saturday Night Fever“ bei den Seefestspielen Mörbisch, und Alfons Haider kann bereits 97 Prozent Auslastung verbuchen. In dieser Hinsicht hat sich für ihn das Risiko gelohnt, ein Film-Musical, das eine Generation geprägt hat, auf die Seebühne zu bringen, dessen Titel untrennbar mit seinem Hauptdarsteller verbunden ist.

Auch wer sich nicht von dem in den später Siebzigerjahren grassierenden Disco-Fieber anstecken ließ, kennt die Bilder des im weißen Anzug über den Dance Floor turnenden John Travolta. Die Rolle des Tony Manero, der sein Glück jeden Samstag in der Disco Odyssey 2001 sucht, verschaffte ihm eine Nominierung für den Oscar. Oft wird bei der Schwärmerei über diesen Film jedoch übersehen, dass Robert Stigwood und Bill Oakes eigentlich ein Drama erzählen. Beklemmend bildeten sie die Probleme junger Menschen ab, die ohne Perspektive um ihre Zukunft bangen.

Brooklyn am See in Mörbisch

Repräsentant dieser orientierungslosen Generation ist Tony Manero, Sohn einer bigotten Mutter und eines stets mürrischen, arbeitslosen Vaters. Das zeigt auch Karl Absenger auf Walter Vogelweiders opulenter Bühne. Der verwandelte die Seebühne nach dem Vorbild von Bernstein „West Side Story“ in Brooklyn. Die Bühnenränder wirken wie Wimmelbilder von überdimensionalen Siebzigerjahre-Utensilien. Über dem Geschehen prangt die Verrazano-Narrows-Bridge.

Die Häuserzeilen säumen einen großen Platz, dort wird getanzt. Die Choreografien sind präzise. Das Ensemble agiert mit Verve und kämpft tapfer gegen den kühlen Wind an. Nummern wie „Jive Talkin’“ funktionieren glänzend, können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Absenger die Handlung bescheiden abspult.

Mangel an Falsett

Die spärlichen Dialoge wirken wie Einsprengsel. Einige Szenen werden auf die Seitenbühne projiziert. Da sieht man Tony, der sich vor dem Spiegel die Frisur richtet oder im Farbengeschäft seinen Chef vergeblich um einen Vorschuss bittet. Das funktioniert ganz gut, ist aber Nebensache. Denn worauf es ankommt, sind die ikonischen Hits der Bee Gees.

Die sind auf das Ensemble aufgeteilt. Gesungen wird ausgesprochen gut, aber „Stayin' Alive“ ohne das Falsett-Flair der Gibson-Brothers ist niederschmetternd. Das kann man sich so vorstellen, als würde man in einer Belcanto-Oper sämtliche Koloraturen streichen. Unerklärlich, warum Walter Murphys Beethoven-Bearbeitung, eine echte musikalische Glanznummer, gestrichen wurde.

"Saturday Night Fever": Starkes weibliches Ensemble

Die Inszenierung macht es den zentralen Figuren alles andere als leicht, groß zur Geltung zu kommen. Premieren-Hauptdarsteller Fabio Diso verkörpert den Tony Manero alternierend mit Paul Csitkovics. Diso intoniert mit Ausdruck, agiert aber im Korsett der Inszenierung. Wenn er zum Wettbewerb mit seiner Stephanie antritt, geschieht das viel zu weit hinten auf der Bühne. Überhaupt wirkt dieses Wetttanzen wie ein Disco-Fieber senkender Abklatsch von Dancing Stars.

Die stärksten im Ensemble sind die Frauen. Anna Rosa Döller betört als Stephanie Mangano. Sie überzeugt nicht nur vokal. Ihr nimmt man auch ab, wenn sie von ihren Problemen erzählt. Juliane Bischoff ist die von Tony zurückgewiesene Annette. Wenn sie allein auf der Bühne agiert, nimmt sie diese ganz für sich ein. Das „If I can“t have You“ intoniert sie broadwayreif.

Aeneas Hollweg bewährt sich als Bobby C und trägt seine Version von „Tragedy“ vor. Timotheus Hollweg, dessen Bruder im wirklichen Leben, ergänzt wie die anderen im Ensemble sehr engagiert. Amanda Whitford bringt Broadway-Flair an den See. Tom Bitterlich bereitet mit dem Orchester einen komfortablen, in weiten Passagen weichen Soundteppich. Viel Applaus für alle Beteiligten.

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