Raimundspiele: „Brüderlein fein“ ist zum Glück nicht umzubringen

Völlern: Gerhard Kasal lässt sich von Rudi Roubinek bedienen.
Der Beginn erinnerte eher an Nestroy. Manuela Zak, bodenständige Bürgermeisterin von Gutenstein, begrüßte nicht nur all die Honoratioren, darunter den Innenminister und den Bischof, den Bezirkshauptmann und den Landpolizeidirektor, sondern auch die Abordnung der Freiwilligen Feuerwehr. Und sie dankte den Mitarbeitern – für die Mitarbeit. Dann durfte Norbert Gollinger, Ex-ORF-Landesdirektor und nun Intendant der Raimundspiele, darlegen, dass „wir auch heuer eines der besten Stücke von Ferdinand Raimund ausgesucht“ hätten. Es gibt ohnedies nur acht Stücke, die in schöner Regelmäßigkeit an die Reihe kommen. Und dann sprach er einen Satz, der sich wie eine Drohung anhörte: „Wir spielen Raimund pur.“
Nun denn: Am Mittwoch – der Wettergott war gnädig – hatte „Der Bauer als Millionär“ Premiere. Der ursprüngliche Haupttitel „Das Mädchen aus der Feenwelt“ wäre von der Intention her passender gewesen. Denn Regisseurin Lea Dalfen und Choreografin Kamilla Adamik motzten das „romantische Original-Zaubermärchen“ mit einem „Bewegungschor“ aus lieblich tanzenden Feen auf.
Zudem wollte Dalfen, wie man dem Programmheft entnimmt, die Selbstermächtigung des Mädchens betonen. Davon ist allerdings nichts zu spüren. Das naive Lottchen der Chiara Schmölz bleibt Spielball. Und in keiner einzigen Szene wird deutlich, warum sie sich gerade in den konturlosen Fischer Schilf (Felix Rank) verliebt hat.

Lea Dalfen, die nur einige Kurzfilme gedreht hat, dürfte keine Meisterin der Personenführung sein, sie setzte bloß Raimund um. Und sie ließ bei ihrem Debüt als Regisseurin einfach machen. Die Arrivierten beherrschen ohnedies das Handwerk. Es ist also nebensächlich, ob Rudi Roubinek als Obersthofmeister Seyffenstein dient – oder als Kammerdiener Lorenz dem stinkreich gewordenen Waldbauern Fortunatus Wurzel: Er macht seine Sache routiniert – auch als penetrant schwäbelnder Magier Ajaxerle, der seiner Kollegin Lakrimosa (Chris Pichler) hilft.
Den aufhauerischen Wurzel gibt Kostümbildnerin Anna Hoss mit besonders viel Zuneigung der Lächerlichkeit preis: Blond wie eine Semmel und grellpink gewandet trägt Gerhard Kasal zur kurzen Hose Strumpfhalter. Er vermag dennoch menschlich rüberzukommen: Wenn er von der Jugend Abschied nehmen muss. Geradezu hinreißend gelingt Carmen Kirschner als ebendiese mit ihm das Duett „Brüderlein fein“: Da stören nicht einmal die an Hip-Hop und Street Music angelehnten, basslastigen Playbacks von Wolfgang Schlögl.
Blendend unterhält zudem der alte Haudegen William Mang als das „Hohe Alter“, der seine Cousine, die Gicht, ankündigt. Auf diesem Niveau hätte der ganze Abend sein müssen. Doch Lea Dalfen vermochte nicht einmal das puzzleartige Bühnenbild von Simina Nicolaescu zu nutzen: Die in ein Baugerüst eingeschriebene Guckkastenbühne etwa blieb bloß Staffage. Insgesamt eine Enttäuschung. Die erste in diesem Theatersommer.
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