Salzburger Festspiele: Piotr Beczała begeistert als Andrea Chénier

Überwältigend: Piotr Beczała und Elena Stikhina.
Was für ein Abend! Die Ovationen wollten nicht enden! Die konzertante Aufführung von Umberto Giordanos „Andrea Chénier“ versetzte das Publikum in Euphorie. Zurecht. Piotr Beczała manifestierte bei seinem Rollendebüt in der Titelpartie einmal mehr seinen Ruf als konkurrenzloser Tenor. Er braucht keine Regie, um den Poeten, der zum Opfer der Revolution wird, zu verkörpern.
Reales Vorbild war der Dichter André Chénier (1762 – 1794). Aufgrund seines Auftretens gegen die radikalen Jakobiner wurde er mit 31 Jahren enthauptet. Giordano und sein Librettist Luigi Illica packten dessen Schicksal in eine Liebesgeschichte.
Dieses Werk ist purer Verismo. Da kommt es auch darauf an, den Text zu vermitteln. Der Effekt entsteht aus der Wahrhaftigkeit der Interpretation, aus präziser Nuancierung und einer starken, leuchtenden Stimme. Über all das verfügt Beczała. Das demonstriert er bereits phänomenal mit seiner ersten Arie, dem „Improvviso“. Der Dichter soll eine adelige Gesellschaft mit einem Gedicht unterhalten. Beczała lässt atemberaubend verfolgen, wie Chénier spontan seine Verse entwickelt. Dabei setzt er die Farben seiner Stimme genau zu den Worten passend ein. Fulminant überstrahlt er mit seinem gleißend glänzenden Timbre alles. Er lässt die Kraft seiner Stimme spüren.
In diesem Sommer reüssierte er auch als Lohengrin in Bayreuth. Chapeau, wie er diese Umstellung auf die anderen Bedingungen im Großen Festspielhaus bewältigte.
Verstörend schön
Verstörend schön nimmt er im „Come un bel dì di maggio“ vom Leben Abschied. Sein Schlussduett mit Elena Stikhina als Maddalena überwältigt. Sie gestaltet die junge Adelige, die den Dichter so sehr liebt, dass sie freiwillig an seiner Seite den Tod am Schafott wählt, mit Ausdruck. Betörend intoniert sie ihre Arie „La Mamma morta“.
Luca Salsi ist die Idealbesetzung für Gérard, den Diener, der sich den Revolutionären anschließt. Bei seinem Auftrittsmonolog drückt er mit Dämonie die Häme gegenüber den Adeligen aus. Im „Nemico della patria“ lässt er mit seinem expressiven Bariton seine Verzweiflung über die Auswirkungen der Revolution spüren. Ausgezeichnet sind die kleineren Rollen mit der jüngeren Generation besetzt. Besonders hervorzuheben: Dora Jana Klarić und Trevor Haumschilt-Rocha aus dem Salzburger Young Singers Project und Bariton Felix Gygli. Marco Armiliato führte den sehr Wiener Staatsopernchor und das ausgezeichnet musizierende Mozarteumorchester Salzburg vorbildlich.
KURIER-Wertung: 5 Sterne
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