Robert De Niro eröffnet das Filmfestival in Cannes mit einer Anti-Trump-Rede

Die Eröffnung des diesjährigen Filmfestivals von Cannes war eine Wucht. Nicht, weil der Eröffnungsfilm so großartig gewesen wäre (das war er keineswegs), sondern weil einer der größten amerikanischen Stars des Gegenwartskinos die Goldene Ehrenpalme bekam – und eine flammende Rede gegen US-Präsident Donald Trump hielt.
Robert De Niro, berühmt geworden als „Taxi Driver“ und zwei Mal mit einem Oscar ausgezeichnet – als Vito Corleone in Coppolas „Der Pate II“ und für Martin Scorseses „Wie ein wilder Stier“ – sei kein Mann der großen Worte, versicherte Leonardo DiCaprio vorab in seiner Laudatio: „Er sagt wenig, aber wenn er etwas sagt, hat es Gewicht.“
Standing Ovations
Neben ihm stand ein sichtlich gerührter De Niro, und wurde mit Standing Ovations überschüttet. Mit seinen 81 Jahren wirkte er auf den ersten Blick ein wenig gebrechlich. Dieser Eindruck verflüchtigte sich aber schnell, als De Niro zu seinem kraftvollen Rundumschlag ausholte:
„In meinem Land kämpfen wir mit aller Macht um die Demokratie, die wir einst für selbstverständlich hielten“, donnerte De Niro: „Kunst umarmt die Vielfalt. Und deshalb ist die Kunst eine Bedrohung. Deshalb sind wir eine Bedrohung für Autokraten und Faschisten. Jetzt hat Trump einen 100-prozentigen Zoll auf außerhalb der USA produzierte Filme angekündigt. Lassen Sie das einen Moment auf sich wirken. Man kann Kreativität nicht mit einem Preis belegen, aber anscheinend kann man sie mit einem Zoll belegen. Das ist natürlich inakzeptabel.“
Schweigen brechen
Mit seinen klaren Worten brach De Niro sein eigenes Schweigen. Tatsächlich hatte er sich schon während der ersten Trump-Ära höchst kritisch über den Präsidenten geäußert, war seit dessen zweiter Amtszeit allerdings auffallend still geworden. Das hat sich nun radikal geändert.
Aber nicht nur die Trump-Androhung von Zolltarifen auf internationale Filme lastete wie eine dunkle Wolke auf der Eröffnung des Filmfestivals; auch die gerichtliche Verurteilung von Gérard Depardieu, einem der größten französischen Filmstars, beschäftigte die Vertreter und Vertreterinnen der gallischen Filmindustrie. Schon seit Jahren hatten sich die Vorwürfe sexueller Übergriffe gegen Depardieu gehäuft. Nun wurde Frankreichs „Obelix“ wegen sexueller Gewalt schuldig gesprochen. Ein Gericht in Paris verurteilte den 76-Jährigen wegen sexueller Übergriffe bei Dreharbeiten zu 18 Monaten Haft auf Bewährung. Zudem soll er in das französische Register für Sexualtäter aufgenommen werden.
Noch Ende 2023 hatte Präsident Emmanuel Macron höchstpersönlich den Schauspieler in Schutz genommen. Mit dessen Verurteilung ist nun der Mythos Depardieu zerbrochen: „Er hat aufgrund von dem, was er getan hat, seine Aura verloren“, sagte die französische Star-Schauspielerin Juliette Binoche, diesjährige Präsidentin der Preisjury: „Und ja, das verdanken wir der #MeToo-Bewegung.“
Tatsächlich wird diese Verurteilung als Meilenstein der #MeToo-Bewegung bewertet, die in Frankreich nur langsam Fuß fasste.
Hommage an David Lynch
Die diesjährige Eröffnungsgala wurde übrigens in ganz Frankreich übertragen. 382 Kinos landesweit waren live zugeschaltet und verfolgten die Auftaktszeremonie, die übrigens auch eine sehr berührende Hommage an den kürzlichen verstorbenen US-Kultregisseur David Lynch inkludierte.
Auch der Eröffnungsfilm wurde großflächig in den Kinos gezeigt. Die musikalische Tragikomödie „Partir un jour“, der Debütfilm von Amélie Bonnin, handelt von einer jungen Starköchin, die zu ihren Eltern in die Provinz fährt und sich dort mit ihrer Vergangenheit konfrontiert.
Es sei kein Musical, hatte die Regisseurin im Vorfeld versichert, doch brechen die Schauspielenden immer wieder in Popsongs aus. Allerdings besticht Bonnins Erstling weder durch eine zwingende Geschichte, noch eine überzeugende Inszenierung, der es zudem an jeglichem Erzählrhythmus mangelt. Vielleicht wurde „Partir un jour“ als kleinster gemeinsamer Nenner für die französische Gesamtausstrahlung ausgewählt; in jedem Fall aber bleibt es ein unerhebliches Feelgood-Movie, oder, wie man auf Französisch so schön sagt, eine „Petitesse“.
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