Pixar-Serie „Win or Lose“: Am Spielfeld mit dem Grübelmonster

Laurie hat ein ziemliches Päckchen zu tragen und es hält auch nicht die Klappe
"Win or Lose" ist alles, was man sich von der ersten Pixar-Originalserie für Disney+ erwartet: witzig, rührend, frech und herrlich überladen. Nur eines gefällt nicht.

Softball ist jetzt für ein österreichisches Publikum vielleicht nicht der attraktivste Sport, um im Fokus einer Serie zu stehen. Aber man kann ja nicht gut von Pixar verlangen, dass die US-Unterhaltungsgröße nur deswegen eine Produktion ins Skifahrer-Milieu verlegt. Außerdem ist es in „Win or Lose“ schnell egal, dass es um eine Sportart geht, bei der man keine einzige Regel kennt. Denn in der entzückenden Serie ist der Sport nur Vehikel, um sich den verschiedensten Unsicherheiten, die Menschen jeden Alters plagen können, anzunähern.

Ständiges Versagen

Alle Folgen beginnen (und enden) mit einer Szene beim Finale der Softball-Meisterschaft, bei dem etwas grandios schief geht. Mittendrin Laurie: Sie spielt im Team der Schule – die „Pickles“, ihr Logo ist ein Gürkchen. Leider ist Laurie nicht gerade geboren für Softball, wie verhext bewegt sich ihr Schläger immer nur kurz vor oder kurz nachdem der Ball gerade da war. Softball erinnert übrigens stark an Baseball, ist jedoch etwas anderes – muss man aber nicht wissen, denn selbst Lauries Mutter glaubt, ihre Tochter spielt Baseball.

Lauries Vater weiß es besser, ist er doch Trainer des Teams. Und da wird es kompliziert. Denn dass Laurie so schlecht ist, wäre schon unangenehm bei einem nicht verwandten Trainer, aber beim eigenen Vater bringt das eine ganze Litanei an Selbstgeißelungen ins Spiel. Zum einen stellt sich Laurie die Frage, von der sie glaubt, dass sie sich auch alle anderen stellen: „Bin ich nur im Team, weil ich seine Tochter bin?“ Und zum anderen leben Lauries Eltern getrennt, sie vermisst ihren Vater und wünscht sich, dass er stolz auf sie ist. In alter Pixar-Tradition nimmt ihre Belastung eine konkrete Form an: einen aus ihrem Schweiß geborenen (nicht so grauslich, wie es klingt) Miniblob, der nicht müde wird, Laurie ihr unentwegtes Versagen reinzusemmeln. Aber zumindest auf nette Art: Wenn wieder alle ein Sternderl-Pickerl für den Helm bekommen, die im Match gut waren, nur Laurie nicht, findet das Monsterchen: „Ich mag, dass dein Helm noch so neu aussieht.“

Freche Anspielungen

Das Grübelmonster wird immer größer, was die Chance, den Ball zu treffen, nicht größer macht. Alles eskaliert im erwähnten Finalmatch, in dem am Ende der ersten Folge plötzlich zu sehen ist, dass der Schiedsrichter weint. Warum? Darum geht es in der zweiten Folge.

Die besten Pixarfilme sind jene, in denen man vor lauter vergnüglichen Details dauernd zurückspulen will. Was das angeht, haben die Macher die lange Form der Serie so richtig ausgenützt. Dazu kommen fantasievolle Ideen, wie dass der Schiri in der Dating-App wie im Computerspiel wandelt oder freche Anspielungen auf „Squid Game“. Und das Ganze geht auch noch zu Herzen. Das Einzige, was an „Win or Lose“ nicht gefällt, ist, dass erst zwei Episoden online sind. Die restlichen sechs folgen immer mittwochs auf Disney+.

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