Turrini über NÖ-Koalition: "Schwanke zwischen Entsetzen und Traurigkeit"

Peter Turrini
Der Dramatiker Peter Turrini bezweifelt, dass der FPÖ-Ungeist in der Veltliner-Flasche bleiben wird.

Von Peter Turrini

In einem Brief an Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hatten in Niederösterreich lebende Künstler, Kabarettisten und Schriftsteller – darunter Peter Turrini – vor einer Koalition mit der FPÖ gewarnt. Erfolglos. Anlässlich der Konstituierung des neuen Landtags haben 22 Würdigungspreisträger – darunter Turrini – ein „finsteres politisches Kapitel“ konstatiert: Diese Regierung erlaube „FPÖ-Funktionären vom rechtesten Rand“, sich in die erste Reihe der politischen Repräsentanten zu stellen“. Der KURIER bat den Dramatiker um einen Kommentar. Er schreibt:

„Sie fragen mich, was ich zur politischen Situation in Niederösterreich zu sagen habe: Nichts Erfreuliches! Ich bin durchaus der Meinung, dass Johanna Mikl-Leitner die große kulturelle Leistung von Erwin Pröll gut weitergeführt hat, aber ich kann diese Koalition mit der FPÖ weder verstehen noch hinnehmen. Die FPÖ verschanzt sich hinter den Mauern einer geistigen und buchstäblichen Festung und verdammt alles, was sich außerhalb ihrer begrenzten Sichtweise abspielt. Es ist ihr paranoides Credo, das Fremde und das Fremdscheinende zu bekämpfen. Diese Leute sind vom Geist der Zerstörung getrieben, beizeiten zerstören sie sich ja auch gegenseitig.

Glaubt denn irgendjemand in der ÖVP, dass dieser Ungeist ausgerechnet bei der FPÖ NÖ in der Veltliner-Flasche bleiben wird? Warum hat die ÖVP das Weiterverhandeln mit einem engagierten SPÖ-Politiker, dessen Forderungen ich durchaus berechtigt finde, empört abgelehnt und springt mit einer Partei, welche der Landeshauptfrau noch vor Kurzem das Übelste unterstellt hat, in Blitzesschnelle ins politische Bett? Sind den Schwarzen die Braungefleckten so viel lieber als die Roten?

"Erntevernichter"

Niederösterreich hat für seine kulturelle Entwicklung viel Lob geerntet, auch aus anderen Ländern. Wird in Zukunft der Landeshauptfraustellvertreter Landbauer Festivals eröffnen? Einen schlimmeren Erntevernichter kann ich mir nicht vorstellen. Ich schwanke zwischen Entsetzen und Traurigkeit, denn ich lebe gern in Niederösterreich.“

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