"Orlando" im Akademietheater: Mann, Frau und die sieben Identitäten dazwischen

"Orlando" im Akademietheater: Mann, Frau und die sieben Identitäten dazwischen
Tolle Schauspielleistungen, mitteloriginelles Konzept: Das renovierte Akademietheater wurde mit einer Dramatisierung von Virginia Woolfs Roman wiedereröffnet.

Sie hat jetzt wirklich genug vom 18. Jahrhundert, ruft Orlando (ja, "sie", dazu kommen wir gleich). Dieses überholte Geschlechterrollenbild, bei dem es fast schon egal ist, ob man Frau oder tot ist! Das wird sich im schönen, neuen, modernen 19. Jahrhundert ja sicher erledigt haben, ruft sie.

Nun ja.

Spoiler: Es hat sich nicht erledigt, bis heute, und die "Orlando"-Produktion im Akademietheater (nach einer Fassung von Tom Silkeberg) verfolgt die unfeinen Unterschiede zwischen Mann-Sein und Frau-Sein bis ins heute. Um zu zeigen, wie absurd diese strikte Trennung ist, hat Regisseurin Therese Willstedt Virginia Woolfs unsterbliches Jahrhundertwesen Orlando auf sieben Darstellerinnen und Darsteller verteilt. Das Ensemble zeigt in zwei Stunden einen starken Metamorphosenabend zwischen Mann, Frau, Fremd und Eigen über die Jahrhunderte hinweg, dessen größte Stärke die Schauspielleistung, dessen größte Schwäche aber ist, dass er in Konzept und Erkenntnisgewinn dem "Hamlet" zu sehr ähnelt, mit dem der neue Burgtheater-Chef Stefan Bachmann seine Amtszeit im Haupthaus eröffnete.

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