Paukenschlag in NÖ: Warum das Orchester der Bühne Baden aufgelöst wird

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Ab 2027/28 übernehmen die Tonkünstler in Baden. NÖKU-Chef Gessl verweist auf angekündigte Sparmaßnahmen in den Kulturbudgets.

Es ist – und hier passt dieses Bild ein Mal wirklich – ein kulturpolitischer Paukenschlag: Das Orchester der Bühne Baden wird aufgelöst.

Künftig wird stattdessen das Tonkünstler-Orchester Niederösterreich die Badener Produktionen spielen. Ab der Saison 2027/’28 wird dies schrittweise bis 2030 umgesetzt. Das gab die NÖKU am Montag offiziell bekannt.

„Die gesamte wirtschaftlich und budgetär angespannte Situation der öffentlichen Hand (Bund, Land, Kommunen) macht es notwendig, zeitgerecht strukturell und finanziell nachhaltige Maßnahmen einzuleiten“, heißt es in der Presseaussendung.

Es ist ein bemerkenswerter Schritt: Kaum je wurde in Österreich ein öffentlich subventioniertes Orchester aufgelöst. Dass der ORF sein Radiosymphonieorchester am liebsten einsparen würde, sorgt seit Jahrzehnten für heftigen Widerstand in der Kulturszene. Und auch für das Badener Selbstbild dürfte der Verlust des eigenen Orchesters ein Mollakkord sein.

„Weniger Geld“

„Es geht sich einfach nicht mehr aus in Zeiten wie diesen“, sagt NÖKU-Chef Paul Gessl im KURIER-Gespräch. „Auf allen drei Ebenen – Bund, Länder und Kommunen – wird es eine Änderung in der öffentlichen Budgetierung geben. Es wird weniger Geld da sein.“

So wurde der NÖKU bereits signalisiert, dass die Förderung vonseiten des Bundes ab 2026 um eine Million Euro gesenkt wird. In Niederösterreich sollen ab der Saison 2027/28 „Änderungen budgetärer Natur auf alle Bereiche zukommen“.

Und „man braucht nur die Zeitung lesen, wie es den Gemeinden geht, von Hauptstädten bis zu kleinen Gemeinden.“ Es gäbe ein, zwei Gemeinden, die auch im Kulturbereich angekündigt haben, „bestehende Förderverträge nicht mehr einhalten zu können“.

Daher „stehen wir vor der Tatsache, dass wir strukturelle Änderungen herbeiführen müssen“, sagt Gessl. „Wir müssen uns einlassen auf Veränderungen“, sagt Gessl, „und raus aus dem Elfenbeinturm“. Und „es werden sich alle Kulturträger – besonders jene, die so personalintensiv sind – mit solchen Fragen auseinandersetzen müssen.“

Betroffen sind in Baden – wo der neue Chef Andreas Gergen nun in seine erste Saison startet  – 25 Musikerinnen und Musiker, von denen fünf noch vor Beginn der Umstrukturierung in Pension gehen sollen. Es soll mit jedem Musiker „konstruktive Gespräche“ über die berufliche Zukunft und die soziale Absicherung geben.

Paul Gessl

„Absicherung“

Die Tonkünstler sollen rund 15 zusätzliche Stellen bekommen – dabei werden „die Probespiel-Bestimmungen des Orchesters eingehalten“, sprich es gibt keine automatische Übernahme der Badener Orchestermusikerinnen und -musiker. „Es ist keine Fusion“, sagt Gessl. Aber für die Tonkünstler bedeute die Aufgabenerweiterung eine „Stärkung in ihrer Absicherung“ und eine künstlerische Verbreiterung. Denn nun wird das bisherige Symphonieorchester auch szenische Produktionen gestalten, ein Metier, das durchaus andere musikalische Herausforderungen birgt als das Konzertwesen. Gergen setzt auf Musical und Operette, beides Genres mit eigenen Klanggesetzen.

Das Orchester „wird mit zusätzlichen Aufgaben gestärkt, um Synergien zu schaffen und ressourceneffizienter zu arbeiten. Es erhält damit eine neue Dimension an Akzeptanz und Relevanz als größter Kulturträger des Kulturlandes Niederösterreich“, heißt das in der offiziellen Diktion. Es soll auch sein Musikvermittlungsprogramm „Tonspiele“ ausweiten – auch das sei kulturpolitisch wichtig, so Gessl.

Die Tonkünstler spielen bereits jetzt Residenzen in Grafenegg, im Festspielhaus St. Pölten und dem Musikverein und bespielen den neuen Standort Stadttheater Wiener Neustadt. Die finanzielle Situation wird sich indes auch auf die Tonkünstler durchschlagen. Für neue Musiker beim Orchester wird es eine „neue Gehaltsstruktur“ geben, wird angekündigt. In bestehenden Verträgen soll die Aufgabenerweiterung „unter Beibehaltung des bestehenden Gehaltsschemas“ abgebildet werden.

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