Sie wohnen Tür an Tür in einem modernen, einstöckigen Reihenhaus in zwei Doppelhaushälften. Dieses gibt drehend viele Einblicke in die sich spiegelnden Räume der beiden jungen verliebten Pärchen. Und schon während der Ouvertüre schleicht Don Alfonso, der Spielmacher der Geschichte, außen herum und beginnt bald mit seinem Experiment, nämlich der Wette um die Treue der Verlobten: Einen ordentlichen Modernisierungsschub hat Barbara-David Brüesch Wolfgang Amadeus Mozarts „Così fan tutte“ am Opernhaus Graz verpasst.
Sie siedelt das Meisterwerk im Heute in ebensolchen Kostümen an (Bühne: Alain Rappaport, Kostüme: Sabin Fleck). Der erste Akt sprüht dabei nur so von amüsanter Spritzigkeit und Ideenreichtum wie eine Boulevardkomödie. Hingegen ist im zweiten Akt, bei dem sich die beiden Wohnhälften zu einem gemeinsamen Innenhof öffnen, teils auch wegen der Handlung eine leichte Langatmigkeit festzustellen.
Glaubhafte Verwirrung
Der Schweizer Regisseurin gelingt es, glaubhafte Charaktere mit starken Gefühlsverwirrungen zu zeigen. Dabei legt sie in dieser fingierten Treueprobe mit Verkleidung und Wirrungen das Wesentliche frei, zeigt die Zeitlosigkeit von Liebe, Verführung und Untreue und einen tiefen Blick in die menschliche Seele.
Hinzugefügt hat sie eine Balletttänzerin (Ann-Kathrin Adam) als „Amor“, die teils über dem Geschehen schwebt oder zwischen den Figuren tanzt. Am Ende hängt sie symbolhaft kopfüber. Was ja auch kein Wunder ist, denn am Ende sind die Gefühle alle auf den Kopf gestellt. So wie die vier Protagonisten, die unschlüssig hin und her wechseln und zuletzt alle in ein Bett fallen.
Sehr homogen erweist sich das junge Sängerensemble: Corinna Koller ist eine fein phrasierende Fiordiligi mit tiefer Empfindungstiefe, reinsten Koloraturen und ungefährdeten Höhen. Sofia Vinnik ist eine exzellente Dorabella mit berührendem Timbre.
Ekaterina Solunya singt eine quirlige und kecke Despina.
Ted Black als Ferrando tritt als vielversprechender, lyrischer Tenor mit leichter Enge in der Höhe auf. Nikita Ivasechko verfügt als sehr viriler Guglielmo über einen kernigen Bariton. Wilfried Zelinka hört man als Don Alfonso nuancenreich. Der Chor der Oper Graz singt wenig, das aber sehr homogen.
Die Grazer Philharmoniker unter dem agilen Dinis Sousa musizieren meist mit großer Frische und delikaten Farbabmischungen. Der vielversprechende, junge portugiesische Dirigent führt die Musiker sicher, durchhörbar und duftig durch die Partitur. Großer Jubel!
Kommentare