Eins war nach dem Konzert der Wiener Symphoniker im Musikverein klar: So aufwühlend hört man eine Symphonie von Jean Sibelius nicht oft in Wien.
Das lag vor allem an der Dirigentin. Eva Ollikainen heißt sie. Sie stammt aus Finnland, war Schülerin des legendären Leif Segerstam und ist heute eine der viel gefragten, der jüngeren Generation. Dem Iceland Symphony Orchestra steht sie als Chefdirigentin vor, Los Angeles Philharmonic, London Philharmonic oder das Orchestre National de France sind nur einige der Klangkörper, die sie an ihre Pulte holen.
Mit den Symphonikern demonstrierte sie, warum sie so gefragt ist. Zunächst mit der Aufführung von drei chorsymphonischen Werken von Johannes Brahms. Den Auftakt gab der „Gesang der Parzen“. Brahms’ Vertonung eines Ausschnitts aus Goethes Drama „Iphigenie auf Tauris“ hob Ollikainen mit symphonischem Vollklang an. Mit absoluter Wortdeutlichkeit intonierte der Wiener Singverein Goethes Verse. Die Stimmen feinst austariert, sonor die Herren, klar die Damen, da blieb kein Wunsch offen. Wie Ollikainen in diesen drei Stücken menschliches Ringen mit dem Überirdischen aufwühlend zur Musik werden ließ, vergisst man so schnell nicht.
Klangwucht
Zum Schweben geriet die „Alt-Rhapsodie“. Betörend Noa Beinart. Seit 2020/21 ist sie Ensemblemitglied der Wiener Staatsoper. Mit atemberaubender Innigkeit ließ sie die Einsamkeit eines Menschen spüren, famos harmonierte ihre schön timbrierte Alt-Stimme mit dem Chor. Beklemmend geriet Hölderlins „Schicksalslied“, in dem diese Dirigentin Chor und Orchester zu einer Einheit verschmelzen ließ.
Wie elektrisierend Jean Sibelius sein kann, ließ Ollikainen mit dessen „Fünfter“ in Es-Dur hören. Eine faszinierende, pastose Klangmalerei und Tiefsinn machten diese Aufführung zu etwas Besonderem. Ganz natürlich changierten Klangwuchten mit fidelen, tänzerischen Einsprengseln, ein zarter Hauch von Beethoven, war eine der feinsten Nuancen, die da hörbar wurden und das Publikum jubeln ließen.
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