"Ode“: Wenn es der Kunstbetrieb den Rechten leicht macht

Kunst-Diskurs: Tilman Tuppy, Arthur Klemt, Sabine Haupt u. Caroline Baas 
András Dömötör inszenierte „Ode“ von Thomas Melle im Kasino des Burgtheaters am Schwarzenbergplatz. Nur der erste Teil gelang

Der Beginn erinnert an „Kunst“ von Yasmina Reza: Die Künstlerin Anne Fratzer präsentiert ihr neues Werk – und dieses besteht aus nichts als dem Titel. Was unterhaltsame Debatten hervorruft. Und sogleich kommt einem der Film „Der Vorname“ in den Sinn, in dem Freunde darüber in Streit geraten, ob man ein Kind „Adolf“ nennen darf. Denn die Künstlerin gab ihrem Werk den Titel „Ode an die alten Täter“. Es sei ja – mit Verweis auf ihre Familiengeschichte – nicht alles schlecht gewesen in der Hitler-Zeit ...

 

Aber hält die Kunst das aus? Wie frei ist sie wirklich? Thomas Melle, dessen Roman „Die Welt im Rücken“ Joachim Meyerhoff im Akademietheater atemberaubend umgesetzt hat, liest in seinem derzeit vielgespielten Stück „Ode“ dem selbstreferenziellen Kunstbetrieb die Leviten: Er würde es den Rechten allzuleicht machen, ihnen geradezu in die Hände spielen.

Hassrede

Einer der Höhepunkte – zumindest der Inszenierung im Kasino des Burgtheaters – ist die Persiflage auf eine typische Kunstakademie-Diskussion zwischen einem jungen, politisch überkorrekten, unangenehm selbstgefälligen Intellektuellen (Tilman Tuppy) und einem Künstler vom alten Schlag, der Anne Fratzer bedingungslos verteidigt: Arthur Klemt steigert sich in eine „Hassrede“, die es durchaus mit der „Publikumsbeschimpfung“ von Peter Handke aufzunehmen vermag.

Angesichts der Gleichschaltung der Kulturinstitutionen in Ungarn lag es nahe, András Dömötör mit der Regie zu beauftragen. Und es liegt auch nahe, Andreas Gabalier keine Bühne zu geben – Melle verarbeitet das Cover, auf dem der „Volks-Rock ’n’ Roller“ eine Art Hakenkreuz nachstellt. Doch Dömötör verzichtet auch auf jeden Bezug zu seinem Heimatland. Und er hält das Konzept der Abstraktion leider nicht durch.

Eisige Kälte

Nur der erste Teil gelingt: Sigi Colpe hat das Nichts wirkungsvoll in einem riesigen Quader aus Plastikfransen in Yves-Klein-Blau verhüllt; und das uniformierte Ensemble agiert (fast) synchron zur bedrohlichen Geräuschkulisse von Tamás Matkó. Katharina Pichler verströmt als Sprecherin der „Wehr“ Eiseskälte, die Fratzer der Sabine Haupt zerbricht an ihrem Mut.

Immer wieder ist von deren „Bad Painting“ die Rede. Doch man sieht es nie. Daher funktioniert der zweite Akt, zehn Jahre später, mit dem viel zu clownesken „Bad Acting“ nicht. Auch wenn Markus Meyer als Orlando in einem Solo vielleicht überkommene Ideale hochhält.

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