Noel Gallagher in Wien: Wenn der Oasis-Geist mitklingt

Der Ex-Mastermind von Oasis gastierte im Wiener Gasometer - souverän, hymnisch, aber berechenbar.

Beim Stand von Null zu Null zwischen Manchester City und Paris Saint-Germain betritt Noel Gallagher die Bühne des Gasometers. Er muss. Denn viel lieber wäre er jetzt zuhause in Manchester, in der VIP-Lounge des Ethiad Stadions, um seine Jungs anzufeuern. Aber Job ist Job. Und da muss man eben durch.

Zwanzig Jahre nach seinen Erfolgen mit Oasis tourt Noel Gallagher nun solo durch die Welt. Seinen schon im Kinderzimmer nervenden Bruder Liam hat er längst abgeschüttelt, den finalen Finger gezeigt und durch die High Flying Birds ersetzt, seine Begleitband, die ihn nun durch seine Lieder begleitet. Der 48-Jährige gilt als Gallionsfigur, als Elder Statesman des Britpop, der mit seinem jüngeren Bruder Liam über zwei Jahrzehnte die UK-Charts dominierte. Teilen mussten sie sich den Thron höchstens mit Blur. Und Blur vs. Oasis war schon ein heißer Kampf. Aber diese Zeiten sind vorbei.

Souverän

An Klasse und Charakter hat Noel über die Jahre aber nichts eingebüßt, aber eine Rampensau oder ein voller Charme sprühender Frontmann war er nie und wird er nie werden. Auch gestern Abend stand er etwas verkrampft mit der Gitarre im Anschlag auf der Bühne. "Ich bewege mich nicht, tanzen tue ich schon gar nicht", sagte Gallagher kürzlich in einem Interview. Wer das Spektakel sucht, hätte an diesem Abend in die Wiener Stadthalle gehen müssen – dort gastierten nämlich Florence + The Machine.

Zurück nach Simmering: Noel Gallagher eröffnete den Abend mit "Everybody's on the Run", einem Song aus seinem im Jahr 2011 veröffentlichen, titellosen Solo-Debüt. 19 weitere Nummern sollten folgen – viele davon stammten aus der Ära Oasis. Es war ein Potpourri der letzten 20 Jahre – hymnisch, phasenweise überladen (Bläser!), melancholisch, stets souverän, aber auch immer vorhersehbar. Rock 'n' Roll ist berechenbar geworden.

Nach drei Songs seines aktuellen Albums "Chasing Yesterday" gab es mit "Talk Tonight" den ersten Oasis-Klassiker – und danach mit " Champagne Supernova" den ersten großen Höhepunkt des Abends. Die Stimmung glich der in einem Fußballstadion: Fangesänge, Bierdusche und viel Testosteron. Oben auf der Bühne herrschte Routine und totale Professionalität – abgesehen von den Visuals auf der Videoleinwand. Sagen wir es so: Sie sind ausbaufähig.

Wortkarg

Im Zugabe-Teil gab es dann die Jahrhundert-Ballade "Wonderwall", die Noel Gallagher dann neu, nicht unbedingt besser interpretierte. Da wünschte man sich Liam auf die Bühne zurück. Nur kurz, nur für den Refrain. Der Meister gab sich während der 90 Minuten Spielzeit eher wortkarg. So ungesprächig kennt man ihn gar nicht. Denn ansonsten hat er ja auch immer etwas zu sagen – zur Politik, zum Fußball, zu Adele, Justin Bieber und zur Lage der Welt. Apropos Fußball: Manchester City gewann das Spiel gegen Paris Saint-Germain übrigens mit 1:0. Noel Gallaghers Team steht nun im Halbfinale der Champions League. Schalalalala!

Kommentare