NÖKU-Chef Paul Gessl veranlagt die Förderungen – beim Fördergeber

Paul Gessl, 1961 in Hollabrunn geboren, arbeitete auf Bohrplattformen und im Metallhandel, bevor er im Jahr 2000 zum zunächst skeptisch beäugten Geschäftsführer der Niederösterreich Kulturwirtschaft (NÖKU) bestellt wurde. Fortan durfte er rotbesockt Feuerwehr spielen: Wenn eine Gemeinde keine Lust (oder Mittel) mehr hatte, ihre Kulturbetriebe selber zu führen, wurden diese der NÖKU eingegliedert. So entstand ein Konzern mit 15 Tochtergesellschaften und rund 40 Institutionen bzw. „Marken“.
2020 veröffentlichte der Landesrechnungshof einen Bericht über die NÖKU. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen: „Die NÖKU erreichte eine Professionalisierung und eine Ökonomisierung der Betriebsführung unter Einhaltung der finanziellen Vorgaben.“ Die Prüfer stellten aber staunend fest: „2018 betrug die wertgesicherte Landesförderung 60,22 Millionen Euro bei noch nicht verbrauchten Fördermitteln von rund 15 Millionen Euro.“
Arbeitete die NÖKU sparsamer als gedacht? Oder erhielt sie einfach zu viel Steuergeld? Nun erschien der Bericht über die Nachkontrolle. Die meisten der Empfehlungen wurden umgesetzt. Aber: Die NÖKU erhielt weiterhin finanzielle Mittel in einem Ausmaß, „das weder wirtschaftlich noch zweckmäßig war“. Die Landesförderung stieg 2023 auf 77,59 Millionen, die nicht verbrauchten Fördermittel auf 30,86 Millionen ...
Gessl ließ das Geld arbeiten: Die NÖKU veranlagte 39 Millionen beim Land – und erhielt 2023 von diesem 1,29 Millionen an Zinsen. Das ist natürlich skurril. Aber Gessl ist ja nur für seine Holding verantwortlich. Er sei sogar verpflichtet, Rücklagen und Rückstellungen zu bilden, die echte Reserve betrage bloß elf Millionen. Und: Die NÖKU ist immer mit der Subvention (zu 80 Prozent valorisiert) ausgekommen. Paul Gessl bleibt daher gelassen.

Aber je länger er an der Macht ist, desto lauter die Kritik an ihm. Denn natürlich gab es Fehlentscheidungen, darunter die Bestellung von Christoph Gurk zum Intendanten der Tangente, die 2024 in St. Pölten ein teurer Flop war. Und schon kündigt sich ein nächstes Problem an. Denn Gessl designierte Patricia Nickel-Dönicke zur Nachfolgerin von Marie Rötzer als Direktorin des Landestheaters ab dem Sommer 2026. Im April wurde bekannt, dass die Deutsche von ihrem gegenwärtigen Arbeitgeber, dem Staatstheater in Kassel, entlassen wurde.
Dort scheint es unter Intendant Florian Lutz drunter und drüber zu gehen, die Auslastung soll eingebrochen sein. Die Kündigung von Nickel-Dönicke passt da gut ins Bild. Ihr wird vorgeworfen, im Krankenstand nach St. Pölten gefahren zu sein, um Gespräche mit Gessl zu führen. Die Theaterleiterin brachte Klage ein, das Gerichtsverfahren läuft. Die Frage ist: Hat sie ihre Geschäftsführung über die Auslandsreise im Krankenstand informiert und deren Genehmigung erhalten? Oder nicht? Gessl tut das Problem ab: „Nickel-Dönicke war für ein Gespräch in St. Pölten. Der Rest ist für mich nicht von Bedeutung!“ Er sprach ihr das Vertrauen aus. Was Ihren Tratschpartner doch verwundert. Denn wenn das so ohne Bedeutung ist, werden künftig vielleicht auch NÖKU-Mitarbeiter den Krankenstand für Anderweitiges nutzen ...
Die Konsequenzen der Personalentscheidung wird jedoch nicht mehr Gessl zu tragen haben: Er geht mit September 2026, zum Start von Nickel-Dönicke, in Pension. Die NÖKU schrieb kürzlich seinen Job als „Sprecher der Geschäftsführung“ aus, Bewerbungsschluss ist der 14. September.
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