Offenherzig
Inhaltlich geht es - passend zum Titel "Hit Me Hard And Soft" - offenherzig zur Sache. Billie Eilish nimmt sich dabei auch kein Blatt vor den Mund und so den Hörer mit auf eine Reise, in der Beziehungsdramen, Sex, den man gerne haben möchte, sowie Selbstzweifel angesprochen und verarbeitet werden.
Nach dem Intro "Skinny" (mit Meeresrauschen und Akustikgitarre) hat sie gedanklich, begleitet von einem funky Disco-Bass, mit einer weibliche Schönheit beim "Lunch" Geschlechtsverkehr: "I could eat that girl for lunch / She dances on my tongue" haucht die 22-Jährige ins Mikro.
"Birds Of A Feather" erzählt mit einem gefälligen Beat von einer großen Liebe, die ganz sicher ewig halten wird: "Till the day that I die". Dem Thema Liebe begegnet man auf dem neuen Album in vielen unterschiedlichen Facetten - von alles in bester Ordnung bis komplett frustriert und verwirrt.
In einem Interview mit dem Musikmagazin Rolling Stone sagte die US-Amerikanerin gewohnt selbstbewusst und entwaffnend ehrlich: "Ich war schon mein ganzes Leben in Mädchen verliebt, ich habe es nur nicht verstanden – bis ich letztes Jahr gemerkt habe, dass ich gerne mit meinem Gesicht in einer Vagina wäre." Ein wenig leiser gab die junge Frau jedoch später zu, dass ihr vorheriges Outing auf einem roten Teppich im Dezember nicht geplant war und sie dazu tendiere, zu viele Dinge aus ihrem Privatleben mit der Öffentlichkeit zu teilen.
Musikalisch präsentiert sich Eilish, die wieder mit ihrem Bruder Finneas zusammengearbeitet hat, experimentierfreudig. Man hört House-Beats, atmosphärisch-düstere Chöre, sanfte Streicher, Funk-Einschübe, ein bisschen Folk-Geflüster, leise Zwischentöne und eingängige Melodien. Da sollte für jeden etwas dabei sein. Auch Fans von 90er-Jahre-Eurodance dürften auf ihre Rechnung kommen: Man höre dazu den zweiten Teil des Liedes "L'Amour De Ma Vie", in dem die Bassdrum und die Synthesizer in Richtung Dancefloor poltern.
"Hit Me Hard and Soft" ist abwechslungsreicher, poppiger, flotter und besser als das Vorgängeralbum "Happier Than Ever". Nicht mehr so düster - und wesentlich verspielter. So richtig großartig ist das mit nur zehn Songs etwas kurz ausfallende Werk aber auch nicht. Eher Mittelklasse. Okay, in ein paar Nummern lassen Eilish und ihr Bruder ihr Talent für großartiges Songwriting aufblitzen, aber was fehlt, sind die großen Hits. Aber die hat eine Billie Eilish wohl auch gar nicht mehr nötig.
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