Museum Angerlehner: Gefühle als ambivalente Dämonen

Es ist kein Malheur, bei der Nennung des Künstlers Michael Vonbank erstmal mit den Schultern zu zucken: Der Maler, der 2015 im Alter von 49 Jahren starb, drang nie in die Sphäre der globalen Top-Galerien, der Museumsretrospektiven oder der Kunstmarkt-Rankings vor, an denen sich heute gemeinhin die Prominenz einer Künstlerpersönlichkeit bemisst. Doch das taten andere, die in einem kurzen Leben ein umfangreiches Werk schufen (Egon Schiele!), auch nicht.
Wenn man nun im privaten Museum Angerlehner in Thalheim bei Wels in der Ausstellung „Dämonentheater“ steht (bis 25. 9.), fällt es allerdings schwer, sich nicht in „Was wäre, wenn“-Fantasien zu ergehen. Denn die Malerei, die der Schüler und Protegé von Christian Ludwig Attersee ab Mitte der 1990er Jahre schuf, hat schon eine außerordentliche Qualität: In der Dynamik des Strichs wie in der beherrschten und gleichsam impulsiv ausgeführten Setzung von Farbeffekten ist eine seltene Souveränität zu sehen. Kollegen wie der ebenfalls zu früh verstorbene Alfred Klinkan oder der heute international erfolgreiche Tobias Pils kommen einem als mindestens ebenbürtig in den Sinn.

Mischwesen
Inhaltlich folgte Vonbank durchwegs der Idee, Gefühle als Charaktere in einem Theaterstück darzustellen – es sind gute, böse und ambivalente „Dämonen“, Mischwesen aus Mensch und Tier, die die Bilder bevölkern. „Es ist eigentlich ein monothematisches Werk“, sagt Vitus Weh, der auf Einladung von Vonbanks Nachlassverwalterin Beate Sprenger die Schau in der zum Museumssaal umgebauten Industriehalle gestaltete.
Was den Kurator neben der malerischen Qualität reizte, war die Anschlussfähigkeit der Werke, die Vonbank in Öl und Acryl auf Leinwand, ab 2005 aber auch als ausgeschnittene dreidimensionale Objekte schuf.
Mit einem „barocken Stationentheater“ vergleicht Weh sein Arrangement, das in der weitläufigen, mit Sitzgelegenheiten versehenen Halle mehrere verdichtete Punkte zum Verweilen anbietet. Vonbank-Werke treffen dabei auf Objekte aus der Sammlung des Museumsgründers Heinz J. Angerlehner: Da sind etwa drei Übermalungen asiatischer Masken von Arnulf Rainer, in denen ebenso das archaische Theater-Moment zum Ausdruck kommt. Eine Serie schwarz-weißer Acrylbilder Vonbanks korrespondiert mit den dynamischen Strichen und Kreisen eines Gemäldes von Otto Zitko. Und ein düster-doppeldeutiges Triptychon des Dresdner Malers Volker Stelzmann, auf dem eine obskure Schar teils maskierter Menschen in einer Prozession voranzuschreiten scheint, harmoniert mit dem absurd-theatralen Moment in den Gemälden ringsum.

Er wolle weg von dem Fokus auf den genialen Einzelkünstler, erklärt Kurator Weh – diese Art der Solo-Präsentation sei erst in der Moderne des 20. Jahrhunderts zum Standard geworden. In den Gemäldegalerien davor lustwandelte das Publikum zwischen teils übervoll behängten Wänden, plauderte – und auch die Bilder standen in einem Dialog miteinander: eine Idee, die in jüngster Zeit wieder an Zuspruch gewinnt.
In dem begeisterungsfähigen Sammler Angerlehner fanden Weh und Sprenger eine Person, die sowohl für das Werk Vonbanks als auch für die experimentelle Präsentationsweise – mit vollbehängten Wänden, der Konfrontation unterschiedlichster Formate – offen war. Bis zum 25. September ist dieses malerische Schauspiel noch zu sehen, danach feiert das Privatmuseum sein bereits zehnjähriges Bestehen: Ab 16. Oktober zeigt der Hausherr ausgewählte Früchte seiner über vier Jahrzehnte währenden Sammelleidenschaft.
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