Preisregen für München-Thriller beim Deutschen Filmpreis

75. Verleihung des Deutschen Filmpreises in Berlin
Neun Auszeichnungen inklusive Lola in Gold gingen an "September 5". Nachricht vom Tod der Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer platzte in die Gala.

Der Thriller "September 5" von Tim Fehlbaum über das Olympia-Attentat 1972 in München ist beim Deutschen Filmpreis mit der Goldenen Lola ausgezeichnet worden. Das gab die Deutsche Filmakademie in Berlin bekannt. "September 5" gewann insgesamt neun Preise, darunter Leonie Benesch für die beste weibliche Nebenrolle. Auch das Drehbuch, die Regie und der Schnitt wurden ausgezeichnet. Der Film des Schweizer Regisseurs Fehlbaum war mit zehn Nominierungen ins Rennen gegangen.

Er erzählt die Geschehnisse beim Olympia-Attentat am 5. September 1972 aus der Sicht eines US-amerikanischen Fernsehteams, das eigentlich über die Wettkämpfe berichten sollte.

Stattdessen werden die Journalisten zu Live-Reportern einer Geiselnahme israelischer Sportler durch ein palästinensisches Terrorkommando. "September 5" ist ein packendes Drama, minuziös und unaufgeregt erzählt. Bei den Oscars in diesem Jahr war der Film für das beste Original-Drehbuch nominiert, ging aber leer aus.

Lola in Silber geht an "Die Saat des heiligen Feigenbaums"

Die Lola in Silber gewann der Politthriller "Die Saat des heiligen Feigenbaums" von Mohammad Rasoulof über die Proteste im Iran nach dem Tod der jungen Kurdin Jina Mahsa Amini im September 2022. Das Drama "In Liebe, Eure Hilde" von Andreas Dresen räumte die Lola in Bronze ab.

Liv Lisa Fries wird beste Hauptdarstellerin

Bester Hauptdarsteller wurde Misagh Zare für "Die Saat des heiligen Feigenbaums". Sam Riley, der in dieser Kategorie gleich zweimal nominiert war ("Cranko" und "Islands"), ging stattdessen leer aus.

Auch Alexander Scheer verpasste trotz Doppelnominierung als bester Nebendarsteller ("Köln 75" und "In Liebe, Eure Hilde") eine Auszeichnung. Stattdessen gewann Godehard Giese für "Sad Jokes". Einen Preis für die beste weibliche Hauptrolle erhielt Liv Lisa Fries. Sie verkörpert im Film "In Liebe, Eure Hilde" die NS-Widerstandskämpferin Hilde Coppi (1909–1943).

Würdigungen für Friedländer

Plötzlich ging ein Raunen durch den Saal. Iris Berben war der Schock ins Gesicht geschrieben. Die Nachricht vom Tod Margot Friedländers platzte mitten in die Verleihung. Starpianist Igor Levit kämpfte sichtlich mit den Tränen, als er auf der Bühne die verstorbene Holocaust-Zeitzeugin würdigte, statt eine Laudatio für die beste Filmmusik zu halten.

Es war der bewegendste Moment bei der mehrstündigen Gala am Potsdamer Platz in Berlin. Viele Schauspielerinnen und Schauspieler im Publikum wirkten überrascht und geschockt, als sie vom Tod der 103-Jährigen hörten. Erst im vergangenen Jahr hatte sie beim Deutschen Filmpreis eindringlich an die Filmschaffenden appelliert.

Levit: "Es gibt Momente, die sind größer als der Preis"

Der jüdische Pianist rief zu einem Schweigemoment für Friedländer auf, immer wieder stockte seine Stimme: "Es gibt Momente, die sind größer als der Preis, als jeder Preis, als wir alle." Friedländer sei ein "großes, großes Wunder gewesen".

75. Verleihung des Deutschen Filmpreises in Berlin

Levit nutzte die Würdigung aber auch für eine politische Botschaft: Es gebe keine Rechtfertigung dafür, auch nur einen einzigen Millimeter jenen zu überlassen, die all das, für das Friedländer 103 Jahre lebte, zerstören wollten.

Geprägt von politischen Statements

Generell war die Verleihung des Deutschen Filmpreises geprägt von politischen Statements, vor allem gegen einen Rechtsruck in der Gesellschaft und für mehr Zusammenhalt. Schauspielerin Iris Berben betonte, man dürfe nicht länger tatenlos dabei zuschauen, wie andere etwa unsere Stimme einnähmen.

Am Rande der Verleihung sagte die 74-Jährige der Deutschen Presse-Agentur: "Dass dieser Rechtsruck jetzt in so einer massiven Weise weltweit zu sehen ist, ist besorgniserregend." Man dürfe nicht sprachlos sein, man müsse die Kultur bündeln und laut sein.

Bewährungsprobe für den neuen deutschen Kulturminister

Auch Regisseur Florian Gallenberger, der zusammen mit der Schauspielerin Vicky Krieps die ausrichtende Deutsche Filmakademie leitet, betonte, Vielfalt bedeute Bereicherung. Ohne Vielfalt gebe es keine Kultur, keine Kunst und kein Kino.

Eine Art erste Bewährungsprobe wurde die Gala so für den neuen Kulturstaatsminister Wolfram Weimer, dessen Vorgängerin Claudia Roth auch im Publikum saß. Nach Bekanntwerden seiner Personalie für das Amt des Staatsministers für Kultur und Medien gab es teils scharfe Kritik aus der Kulturszene.

Seine sehr konservativen Äußerungen der Vergangenheit trafen auf Vorbehalte. Gallenberger fragte Weimer zu Beginn, was er denjenigen sagen könne, die sich nun Sorgen machten. Der Kulturstaatsminister entgegnete: "Der einzige Kulturkampf, den ich führen werde, ist der Kampf für die Kultur." Die Politik sollte Freiräume ermöglichen und die Kulturpolitik bleibe an der Seite der Kultur und der Freiheit. Schauspielerin Karoline Herfurth nahm das später zum Anlass, in Richtung Weimer zu sagen: "Freiheit. Das ist ein Wort, Herr Weimer. Da sprechen wir vielleicht noch einmal drüber, aber nicht jetzt."

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