Schon beim Erinnerungskonzert, sozusagen dem Auftakt des Johann-Strauss-Jahrs, war Miriam Kutrowatz dabei. Außerdem wird sie in einer Neuinszenierung des „Zigeunerbarons“ im März zu sehen sein. Nun ist sie auch eingesprungen in der Strauss-Operette „Karneval in Rom“, die am Samstag im Theater an der Wien zu hören ist. Auf die Frage, ob sie noch mehr Engagements in diesem Jubeljahr einsammeln wird, lacht die Sängerin: „Wer weiß, das Jahr hat ja gerade erst angefangen.“
Tatsächlich liegt ihr die Musik des Walzerkönigs: „Schon allein deswegen, weil ich so irrsinnig gern tanze. Und mir hat es auch die leichte Traurigkeit, die in der Musik steckt, immer angetan, dieses Wiener Flair. Für mich hat der fröhlichste Walzer die größte Melancholie.“ Welcher ist denn der Lieblingswalzer der 27-Jährigen? „Der Kaiserwalzer. Der hat genau dieses seufzende Drehende. Diese Melancholie, die darin besteht, dass man den Moment genießt, auch wenn man weiß, dass es nur diese Ballnacht sein wird.“
Akrobatisch und klangschön
Als Sängerin schätzt sie an Strauss' Musik, dass sie „Spaß macht, weil sie akrobatische, aber auch klangschöne Musik ist. Und jetzt, wo ich in Stücken singe, die nicht so bekannt sind, seh ich auch, wie unterschiedlich sie ist. Die Partie der Marie im ,Karneval in Rom' zum Beispiel ist sehr lyrisch und operndramatisch, da komm ich mir manchmal vor wie bei Donizetti, das geht für mich von der Stimmgebung schon mehr in Belcanto als in die leichte Operettenmuse“.
„Der Karneval in Rom“ ist eine konzertante Aufführung, anders die Uraufführung von „Das Lied vom Rand der Welt oder der ,Zigeunerbaron'", eine Neufassung von Musicbanda Franui in der Regie von Nuran David Calis, die am 25. März Premiere hat. Erkennen wird man die Operette noch, obwohl sie wohl eine mit besonders hohem Aktualisierungspotenzial ist. „Wir haben eine überarbeitete Textfassung (von Roland Schimmelpfennig, Anm.) und die Zigeunergruppe wird nicht als solche betitelt, die sind einfach Metallarbeiter. Eine Grupppe, die herablassend behandelt wird, weil sie arm ist.“ Kutrowatz findet vor allem die Zeitlosigkeit der Dynamik „arm, bissl weniger arm, reich, bissl weniger reich“ bestechend. „Die Geschichte kann ja trotzdem für sich stehen, auch wenn Namen durch eine reflektierte Zeitgemäßheit verändert werden.“
Kunst als Reflexion
In der Oper kann sich Kutrowatz da noch einige Eingriffe mehr vorstellen: „Als Frau gibt es sehr viele Stücke, wo man sagen könnte, das muss man umändern, viele Formulierungen zum Beispiel. Allein, wie oft man als Weib angesprochen wird ...“ Für Puristen, die solchen Umgang mit Originalwerken „woke“ finden, hat Kutrowatz wenig Verständnis: „Ich finde schade, wenn man so festgefahren ist, dass man nur sehen will, wie es ganz genau im Text steht. Denn selbst wenn man ganz objektiv inszeniert, gibt es 20 Optionen. Und nur weil man irritierende Bilder findet, muss das nicht per se heißen, dass das nicht zum Text passt. Wenn man sich grundsätzlich dagegen verschließt, dann braucht man nicht sagen, dass man sich mit Kunst beschäftigt. Denn da geht es ja um Philosophie und Reflexion. Und dann muss man sich auch nicht wundern, wenn die Oper als Form als verstaubt gilt.“
Bei den zwei Strauss-Frauenrollen, die sie nun verkörpert, kann sie aber durchaus mit modernen Charaktereigenschaften arbeiten: „Die wissen beide, was sie wollen und was sie nicht wollen. Sie machen sich beide viele Gedanken und treffen Entscheidungen für sich selbst.“ In den Strauss-Operetten gebe es ohnehin eine sich durchziehende weibliche Durchsetzungskraft, die Adele in der „Fledermaus“ perfektioniert: „Sie müssen sich durch Humor und Schlagfertigkeit emanzipieren. Die total schnelle Intelligenz ist das Mittel, mit dem sie sich durchschlagen“.
Aber kommt man nicht durcheinander, wenn man gleichzeitig zwei Strauss-Operetten probt? Kutrowatz lacht: „Tatsächlich mischen sich die Ohrwürmer in meinem Kopf. Gerade, wenn die Musik so eingängig ist, dann dreht sich das schon am Abend. Da muss ich mir dann befehlen: Stopp. Jetzt schlafen“.
Kommentare