MeToo: Film-Beratungsstelle #we_do! auf neue Beine gestellt

Das Team von #we_do!
Das 2019 ins Leben gerufene Projekt wurde nun institutionalisiert: Heuer gab es bis dato 59 Meldungen von Betroffenen von Belästigung, Gewalt oder Diskriminierung.

In Reaktion auf die aufflammende MeToo-Debatte hatte der Dachverband der heimischen Filmschaffenden 2019 die Beratungsstelle #we_do! gegen Belästigung und Diskriminierung ins Leben gerufen. Sechs Jahre später wird die mittlerweile etablierte Institution auf neue Beine gestellt. #we_do! wird gleichsam erwachsen und vom Status eines Projekts auf die Ebene einer fixen Ombudsstelle für den Bereich Film und Fernsehen gehoben. Am Donnerstag wurde das Vorhaben präsentiert.

Ziel sei, eine nachhaltige, dauerhafte Struktur zu schaffen. Oberste Prämisse bleibe dabei die Unabhängigkeit, die durch einen neuen Trägerverein gewährleistet werden soll. Im Vorstand finden sich unter anderen Katharina Albrecht als Direktorin der Akademie des österreichischen Films oder Zora Bachmann vom Dachverband der Filmschaffenden. Zu den unterstützenden Förderinstitutionen gehören etwa das Filminstitut, der ORF oder die Wirtschaftskammer.

Was bei aller Veränderung der übergreifenden Struktur erhalten bleiben soll, ist das Mehrsäulenkonzept. So soll #we_do! weiterhin als Beratungsstelle für Betroffene fungieren, aber auch in der Weiterbildung und in der Begleitung von Institutionen und Firmen bei der Implementierung von Schutz- und Präventivkonzepten tätig sein.

Heuer leichter Rückgang der Meldungen

Heuer habe es bei #we_do! bisher 59 Meldungen von Betroffenen gegeben - primär aus den Bereichen Sexismus und Belästigung, berichtete Berater Daniel Sanin. Dies entspreche einem Rückgang im Vergleich zu den Jahren ab 2022, als jeweils rund 80 Einmeldungen erfolgten. Diese Entwicklung liege mutmaßlich am internen Transformationsprozess und zugleich an den heuer ausbleibenden Skandalen in der Öffentlichkeit. Schließlich würde die dadurch geschaffene Aufmerksamkeit viele Betroffene bewegen, sich an die Stelle zu wenden.

51 der heurigen Meldungen seien von weiblich gelesenen Personen gekommen, was selbstredend eine klare Geschlechterschieflage zeige. Zugleich gelte zu betonen: "Aus unseren Zahlen lässt sich nicht ablesen, wie es im Feld ausschaut", machte Sanin deutlich. So seien etwa Rassismus, Queerfeindlichkeit oder Behindertenfeindlichkeit bei den Meldungen unterrepräsentiert, was aber mutmaßlich nicht der Situation am Set entspreche. "Da ist sicher noch Luft nach oben", so Sanin.

Ambivalenter Zukunftsblick

Wichtig sei bei #we_do! jedenfalls, dass die Definitionsmacht bei den Betroffenen liege und Schritte nur auf Auftrag der Klientinnen oder Klienten gesetzt würden, betonte Sanins Kollegin Alexandra Eitzinger. Die Beratung erfolgt dabei sowohl kostenlos als auch auf Wunsch anonym.

Ambivalent blickt das #we_do!-Team in die Zukunft. Für viele Produktionsfirmen sei die Einbeziehung der Stelle bei einem Dreh mittlerweile eine Selbstverständlichkeit. Zugleich steige momentan der Druck im System. "Die Sparmaßnahmen und der Wegfall der Zuverdienstmöglichkeit zum Arbeitslosengeld sind Risikofaktoren", mahnte Sanin.

Kommentare