Musikstreaming: Spotify-Chefin verrät geheime Playlist-Tricks

Conny Zhang
Conny Zhang verantwortet beim Musikstreaminganbieter Spotify den Bereich Musik. Im Interview spricht Sie über das Förderprogramm RADAR, die Erstellung von Playlisten und die Hilfe von KI.

Zusammenfassung

  • Spotify fördert mit dem Programm RADAR gezielt aufstrebende Künstler und bietet ihnen internationale Reichweite sowie Marketingunterstützung.
  • Playlists bei Spotify entstehen durch eine Mischung aus redaktioneller Auswahl, Algorithmen und Nutzergenerierung, wobei verschiedene Typen unterschieden werden.
  • Unabhängige Musiker werden ebenso gefördert, und Tools wie 'Spotify for Artists' sowie regelmäßige Releases erhöhen die Sichtbarkeit auf der Plattform.

Der Musikstreaming-Anbieter Spotify ist für Nutzer ein wahres Paradies: Sie können 24/7 aus 100 Millionen Songs, 7 Millionen Podcasts und 350.000 Hörbüchern wählen. Andererseits steht das Unternehmen immer wieder in der Kritik – diese reicht von undurchsichtigen Algorithmen über geringe Künstlervergütungen. Die isländische Musikerin Björk nannte Spotify in einem Interview einmal „das Schlimmste, was Musikern passieren konnte“. Ihre Alben und Songs sind dennoch auf dem Portal zu finden. Denn auch Björk weiß, ohne Streaming geht im globalen Musikbusiness fast nichts mehr. Wer Musik produziert (oder konsumiert), kommt am Marktführer Spotify nicht wirklich vorbei. Seit nunmehr fünf Jahren widmet sich das Unternehmen mit dem Programm RADAR Newcomern und aufstrebende Künstlerinnen und Künstler, die man damit gezielt fördern wolle, wie Conny Zhang im Interview mit dem KURIER sagt.

KURIER: Wie profitieren unbekannte Künstler von Spotify RADAR?

Conny Zhang: Bei diesem Programm geht es nicht darum, die bereits populärsten Tracks abzubilden, sondern gezielt aufstrebende Talente sichtbar zu machen. Die Artists erhalten internationale Reichweite durch Platzierungen in unseren RADAR-Playlists, die es in verschiedenen Regionen der Welt gibt. Aus Österreich waren etwa Sofie Royer, My Ugly Clementine, Avec, Mathea sowie – ganz frisch – Lukas Oscar Teil des Programms. Für ausgewählte Acts gibt es zusätzlich Marketingpakete – von Werbeflächen bis hin zu Social-Media-Kampagnen.

Nach welchen Kriterien werden Musikerinnen und Musiker für RADAR ausgewählt?

Natürlich spielt Talent eine zentrale Rolle. Ebenso wichtig ist es uns jedoch, dass Künstlerinnen und Künstler ihre künstlerische Vision früh mit uns teilen – idealerweise schon weit vor dem Release neuer Musik. Je klarer wir nachvollziehen können, wofür jemand steht, desto gezielter können wir unterstützen. Unser Fokus liegt dabei nicht ausschließlich auf digitalen Aktivitäten. Fast täglich ist jemand aus unserem Team auf Konzerten oder in Clubs unterwegs und sammelt Eindrücke vor Ort. Unser Auswahlprozess wird in erster Linie von Qualität und Entwicklungspotenzial bestimmt.

Werden auch unabhängige Künstlerinnen und Künstler ohne Label-Struktur gefördert?

Ja, absolut. Wir arbeiten sowohl mit Labels als auch direkt mit unabhängigen Künstlerinnen und Künstler zusammen. Am Ende zählt nur eines: Gute Musik ist gute Musik – ganz gleich, ob ein Label dahinter steht oder nicht.

Wie entsteht eine Spotify-Playlist?

Das hängt stark vom jeweiligen Playlist-Typ ab. Grundsätzlich unterscheiden wir drei Hauptkategorien: Editorial Playlists: Diese werden zu 100 Prozent von unserem Redaktionsteam kuratiert. Algorithmische Playlists: Dazu zählt etwa der Release Radar, der individuell auf Basis der Hörvorlieben der Nutzerinnen und Nutzer erstellt wird. „Algotorial“-Playlists: Eine Mischform, bei der Redaktion und Algorithmus zusammenwirken. Ein Editor kann beispielsweise sagen: „Ich habe eine Hypothese für eine Dusch-Playlist“, wählt einen Songpool aus – und der Algorithmus sorgt dafür, dass jede Userin, jeder User eine personalisierte Version erhält. Und schließlich gibt es noch die user-generierten Playlists, die von unserer Community individuell erstellt und geteilt werden.

Wie viele Probleme haben Sie mit Fake-Bands, Musik produziert von der KI?

Bei jedem angelieferten Track sind wir auf die Rechteinhaber angewiesen, um die relevanten Informationen zu erhalten. Zwar gibt es noch keinen einheitlichen Branchenstandard zur Kennzeichnung von KI-Einsatz, doch die gesamte Musikindustrie arbeitet im Rahmen von Digital Data Exchange gemeinsam an der Entwicklung einer solchen Lösung. Sobald ein einheitlicher Ansatz vorliegt, werden wir prüfen, wie wir ihn umsetzen können.

Was raten Sie noch unbekannten Musikern, damit Sie von und auf Spotify wahrgenommen werden?

Musik muss ehrlich sein und Geschichten erzählen. Ebenso wichtig ist Konstanz – regelmäßig gute Songs zu veröffentlichen bringt mehr als ein einmaliger Hit. Die Nutzung von Tools wie Canvas, Clips oder Followers kann helfen, Nutzer langfristig zu binden. Nutzen sollte man auch das Service „Spotify for Artists“, mit dem wir Künstlerinnen und Künstlern wertvolle Einblicke ins Publikum. Weiter sollte man Songs mindestens sieben Tage vor Release einreichen, um für redaktionelle Playlists vorgeschlagen zu werden. Je mehr Infos zum Track, desto höher die Chancen auf Playlist-Platzierungen.

Wie beurteilen Sie die österreichische Musikszene und welche Chancen haben österreichische Acts im globalen Musikzirkus?

Die österreichische Musikszene ist vielfältig und kreativ. Talente wie Bibiza, Mathea oder Sofie Royer vereinen Authentizität mit internationaler Ausstrahlung. Sie denken den globalen Markt von Beginn an mit und schaffen es gleichzeitig, ihre lokalen Wurzeln hörbar zu bewahren.

Spotify: Das 2006 in Stockholm von Daniel Ek und Martin Lorentzon gegründete Unternehmen ist zum weltweit führenden Audio-Streamingdienst  aufgestiegen.

RADAR: Ist ein spezielles Spotify-Programm, das seit nunmehr fünf Jahren aufstrebende Bands, Musikerinnen und Musiker mit Kampagnen unterstützt. Darunter auch Acts aus Österreich  – wie  Sofie Royer um Lukas Oscar.  

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