"The Crown": Beängstigend gute Diana, bittere Stunden für Charles
Vor dem Start der fünften Staffel von „The Crown“ auf Netflix gab es aufgrund des Todes der Queen viel Argwohn. Auch, weil es um die schwierigste Dekade der Royals geht. Die Serien-Kritik.
Für Charles III kommt dieser Netflix-Start zur Unzeit. Will er gerade als neuer König Fuß fassen, so werden in der Erfolgsserie „The Crown“ nun die schlimmsten Jahre seines Lebens aufgearbeitet.
Zur Seite sprang ihm etwa die britische Großschauspielerin Judi Dench, die von „kruder Sensationsgier“ sprach und eine Kennzeichnung als „Fiktion“ einforderte.
Der Schauspieler Jonathan Pryce ("Die zwei Päpste") zeigte sich „bitter enttäuscht“ von solchen Urteilen. Er muss es wissen. Denn Prinz Philip, den er ab nun verkörpert, ist besonders vielschichtig gezeichnet. Einerseits als gekränkter Vater, der Charles in dessen bittersten Stunden („Camilla-Gate“!) mit unvorstellbarer Härte begegnet. Er lässt ihn das Motto seiner walisischen Militäreinheit zitieren: "Besser Tod als Schande".
Schwiegertochter Diana redet er dann schon humaner ins Gewissen, als ruchbar wird, dass gerade Andrew Mortons Skandalbuch „Her True Story“ - In Her Own Words" in Arbeit ist. Und Philip wird als vielseitig interessierter Best Ager beschrieben, der durch die halbe Welt kutschiert wird, aber seiner Gemahlin dann in dunklen Stunden tapfer beisteht. Und derer gibt es hier viele.
Leidende Queen
Das „annus horribilis“ 1992, an dessen Ende der verheerende Brand in Windsor Castle stand, wird eindrücklich und einfühlsam geschildert. Die Queen als leidende, gebrochene Frau, der ob des ehelichen Unglücks ihrer Kinder Tränen in den Augen stehen.
Die Besetzung von Imelda Staunton, die viele nur als biestige Lehrerin Dolores Umbridge aus den „Harry Potter“-Filmen kennen, sorgte für Skepsis. Doch Staunton ist nicht nur optisch eine herausragende Elizabeth II. Sie stellt sowohl die Selbstverpflichtung der Queen als auch eine Sehnsucht nach Privatheit und Stabilität mit voller Glaubwürdigkeit dar.
Schweigen
„Dieses Schweigen wird Teil der eigenen DNA“, sagt sie in Folge 6. Der Satz fällt nicht etwa angesichts der Trauer um Lady Di, als die Beliebtheit der Queen ihren Tiefpunkt erreichen sollte. Aber das Thema Schweigen wird damit klug vorbereitet, als Kommentar zum Verbrechen an der Zarenfamilie, deren Ermordung im Jahr 1918 die Windsors (als Verwandte) verhindern hätten können.
Es ist eine der historischen Rückblenden, die Autor Peter Morgan der Serie wieder gönnt, um ihr mehr Tiefe zu geben. Wobei die Fans vom späten Wiedersehen Prinzessin Margarets (Lesley Manville) mit ihrer unerfüllten großen Liebe (Ex-„Bond“ Timothy Dalton als Peter Townsend) mehr entzückt sein dürften.
Ein Umfragetief
Am Beginn der Staffel plant Charles eine Charmeoffensive. Bilder vom Familienurlaub sollen die Stimmung bessern. Aber als eine Umfrage veröffentlicht wird, wonach die Mehrheit der Briten es begrüßen würde, wenn die Queen abdankt, bricht er den Jachturlaub ab.
Das folgende Gespräch mit Premier John Major („Trainspotting“-Star Jonny Lee Miller) wurde von Major selbst kürzlich als „pure Fiktion“ kritisiert. Dass die Macher hier konkrete Pläne für eine Palastrevolte unterstellen, lässt sich aber nicht bestätigen. Man sieht einen etwas eitlen Charles, der zumindest gern seine Stunde kommen sehen würde, aber den Gesetzen der „Firma“ nicht entkommt. Die Stärke der Serie ist es ja, dass neben den Fakten auch Gespräche hinter Palasttüren gezeigt werden – als Fiktion, die zumindest wahr sein könnte.
Das berüchtigte Telefonat zwischen ihm und Camilla Parker-Bowles aus dem Jahr 1989 ist jedenfalls belegt und wurde durch fiese Abhörtechnik archiviert, wie auch in "The Crown" gezeigt wird. Zu den leidigen "Tampon"-Zitaten liefert die Serie nun Bilder. Man sieht "zwei verliebte Teenager" beim Dirty Talking, wie auch Prinzessin Anne (Claudia Harrison) ihrem Bruder nach Platzen des Skandals bescheinigt.
Charles wird in der Staffel nicht ungebührlich bloßgestellt. Es waren eben keine angenehmen Zeiten für die königliche Familie. Als Kontrast wird etwa der 1976 von Charles gegründete Prince's Trust, eine Wohltätigkeitsorganisation für Kinder aus schwierigen Verhältnissen, gebührend erwähnt. Der königliche Stifter wird dabei sogar beim Hip-Hop-Tanz mit Jugendlichen gezeigt.
Dominic West ist – als athletisches Mannsbild – rein optisch eine Fehlbesetzung als Charles. Fast beängstigend in Ähnlichkeit, Gehabe und Sprache wirkt hingegen Elizabeth Debicki als Diana. Einer ihrer melancholischen Sätze lautet: „Keiner bereitet einen darauf vor, getrennt zu sein. Es ist ein seltsames Niemandsland.“
Geschieden wurde die Ehe bekanntlich erst ein Jahr vor Dianas Tod.
Die Al-Fayeds
Bevor ihr letzter Partner, Dodi Al-Fayed, in ihr Leben tritt, wird in Folge 3 der Aufstieg dessen Vaters, Mohamed Al-Fayed, vom Cola-Verkäufer in Kairo zum Harrods-Besitzer in London geschildert. Ein bemerkenswerter Ausflug, der ebenfalls viel erzählt.
Sehr verspielt wirkt die Szene, in der der reiche Geschäftsmann (Salim Daw) bei einem exklusiven Pferderennen endlich mit einem Mitglied des Königshauses ins Gespräch kommt. Es ist Diana, die mit ihm über seinen Spitznamen "Mou Mou" scherzt. Sohn Dodi (Khalid Abdalla) scheint da noch gar nicht so interessiert.
Keine Diana-Show
Auch die Queen hat trotz der bleiernen Jahre ihre herzlichen Szenen - mit unterkühltem Humor.
„The Crown“ wird in Staffel 5 nicht zur reinen Diana-Show – und stellt somit ironischerweise eine Balance her, die dem Palast in puncto Aufmerksamkeit damals so gar nicht gelingen sollte. Zumindest das könnte die „Firma“ doch versöhnlich stimmen.
Kommentare