Debatten zur Filmförderkrise: „Wir brauchen vor allem Planbarkeit“

Branchentreff im Salzburger Schloss Leopoldskron, traditionell rund um die Eröffnung der Salzburger Festspiele.
Schloss Leopoldskron ist an sich schon ein Gedenkort – für seinen prominentesten Bewohner, Festspielgründer Max Reinhardt. Beim 20. Salzburg Media Summit wurde am Samstag viel zurückgeblickt. Auf zwanzig Jahre medienpolitische Debatten, auf sechzig Jahre „Sound of Music“ – und der scheidende ServusTV-Intendant Ferdinand Wegscheider gedachte beim anschließenden Empfang auch noch des Sendergründers Dietrich Mateschitz.
In den Diskussionen blickte man eher auf die letzten Monate zurück, in denen sich der Himmel über der heimischen Filmförderlandschaft verfinsterte – und wagte manchen Ausblick.
„Das Ding finanziert sich von selbst“
In seiner Keynote hob Michael Paul, der zuletzt mit seiner Agentur paul und collegenconsulting die beiden Förderschienen FISAplus und ÖFI+ evaluierte, die positiven wirtschaftlichen Effekte hervor. So habe jeder Fördereuro in beiden Töpfen bis zu rund vier Euro an Wertschöpfung erbracht. Die öffentlichen Haushalte profitierten mit einem Faktor von bis zu 1,90 Euro. „Das Ding finanziert sich eigentlich von selbst“, sagte Paul, betonte aber auch, dass die Förderungen sehr feinfühlig gestaltet werden müssten. In seiner Evaluierung wurde ja das Eindampfen der Budgetmillionen als Risiko bezeichnet. Es könne international, wo in vielen Staaten attraktive Incentives locken, zu einem „Imageschaden“ kommen. Als möglichen Ausweg nannte der Berater Steueranreizmodelle – die je nach Modell aus Steuergutschriften oder Steuerrückzahlungen bestehen können. Pauls Fazit: „Wachstum in Europa braucht neues Denken – vor allem für den Film.“

Michael Paul bei seiner Keynote
Tempo gefordert
Alexander Dumreicher-Ivanceanu, Fachverbandsvorsitzender in der WKO, forderte hierbei verschärftes Tempo. Es gelte jetzt, zuerst einen Tax Credit aufzusetzen, der das Bundesbudget nicht ausgabenseitig belaste. Das Thema Investment Obligation für Streaminganbieter sei nun nachrangig zu behandeln – weil die Verhandlungen sicher länger dauern würden.
Michael Paul sagte in seinem Vortrag, dass eine Investment Obligation niemals ein leistungsfähiges Fördermodell ersetzen könne. Kulturminister Andreas Babler (SPÖ) hatte im Mai noch davon gesprochen, dass eine solche Streamingabgabe ab 2027 wieder „mehr Spielraum“ für die Kinofilmförderung schaffen solle. Aus Branchenkreisen vernahm man am Samstag wenig Hoffnung, dass es in Deutschland und somit auch in Österreich in den nächsten Jahren hierbei einen Durchbruch gibt.
Gestutzt
Wir erinnern uns: Babler möchte 2026 den Budgetrahmen für die Förderschiene ÖFI+ von 37,5 Millionen auf 15,5 Mio. stutzen. Den Großteil davon wolle man der selektiven Förderung im Österreichischen Filminstitut (ÖFI) zuschlagen. ÖFI-Direktor Roland Teichmann erklärte beim Summit, dass dies 2026 die gesamte Summe betreffe. Er rechne daher mit einem Öffnen des ÖFI+-Antragsportals „nicht vor 2027“. Wie der KURIER berichtete, ist die zuletzt konstitutiv gewordene Finanzierungssäule vorerst leergeräumt.
Teichmann bezeichnete diesen Schritt in seinem Vortrag als „für diese Situation am vernünftigsten“. Statt bisher mit rund 800.000 Euro aus „ÖFI selektiv“ könnten größere heimische Kinoprojekte in Hinkunft mit bis zu 1,4 Mio. Euro rechnen. Das ist allerdings ein geringer Ausgleich für die fehlenden ÖFI+-Millionen.
Präsentiert wurden auch Neuerungen bei FISAplus (TV/Streaming/Serviceproduktionen). Auch hier steht das Antragsportal seit Anfang des Jahres still. Diesfalls, weil noch keine neuen Richtlinien (die mit dem Finanzministerium zu verhandeln sind) erlassen wurden. Sylvia Vana vom Wirtschaftsministerium nannte – auf KURIER-Nachfrage – ein paar der zentralen Änderungen. Das sei einerseits (wie schon bekannt) der nun straffe Budgetdeckel. Dann soll es eine verpflichtende Beratung bei der Austrian Business Agency (ABA) geben. Für internationale Serviceproduktionen – deren wirtschaftlicher Effekt – gelobt wird, werde es einen eigenen Topf geben. Und man ziehe eine Antragsfrist zwischen Antrag und Drehbeginn ein.

Vana in ihrem Panel mit Moderatorin Doris Priesching, Sandra Fössl (Fernsehfonds Austria), René Tritscher (ABA).
FISAplus ab September
Dieses Jahr stehen in Summe 80 Mio. Euro zur Verfügung (35 Mio. bereits vergeben), bestehend aus Budgetrahmen (60 Mio.) und aufgelösten Rücklagen, im kommenden Jahr 54 Mio. Euro. Das Ministerium gelobte im KURIER auch für 2026 „Flexibilität“. Bis September sollte das Einvernehmen mit dem BMF hergestellt sein, sagte Vana am Podium des Summit. „Jeder Tag zählt“, sagte hierzu Dumreicher-Ivanceanu. Die von Babler angekündigte Arbeitsgruppe solle am 20. August ihre Arbeit aufnehmen, hieß es außerdem.

Co-Gastgeber Hannes M. Schalle mit Ex-ORF-Chef Gerhard Zeiler.
Außerdem diskutierten u.a. Netflix-Manager Wolf Osthaus und Produzentin Gabi Stefansich (Allegro Film). Im abschließenden „Kamingespräch“ sagte Warner-Discovery-Manager Gerhard Zeiler: „Was wir vor allem brauchen, ist Planbarkeit.“ Es könne nicht sein, dass man bei einer leichten Drehverzögerung aufgrund von Antragsfristen aus dem System hinaus falle. „Tax-Modelle sind für uns daher ideal“, sagte er, auch das 2023 geschaffene österreichische Modell sei „fantastisch“ gewesen. „Wir würden gern mehr in Österreich machen“, sagte Zeiler. Das Land habe zuletzt noch den Vorteil genossen, „dass die Deutschen bisher kein vernünftiges Modell auf die Beine gestellt haben.“
Dieser Vorteil scheint nun auch nicht mehr besonders hilfreich zu sein. Einen positiven Ausblick konnte ÖFI-Chef Teichmann immerhin noch geben. Man bemühe sich, die Verleihung des Europäischen Filmpreises 2029 in die Salzburger Felsenreitschule (ein Drehort von „The Sound of Music“) zu holen.
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