SPÖ-Vizekanzler Babler löst eine Säule der neuen Filmförderung de facto auf

NATIONALRAT: BABLER
Zweieinhalb Jahre nach der Implementierung des neuen Filmanreizmodells wird eine der beiden Hauptsäulen nun zugunsten des „kulturellen Films“ leergeräumt. Dies verkündet das Ministerium vor einem runden Tisch mit der Branche.

Groß war Mitte Mai der Aufschrei in der Filmbranche. Grund war das Sparbudget der neuen Dreierkoalition. Der Beitrag des Kulturministers Andreas Babler (SPÖ) dazu waren besonders harte Einschnitte bei der Förderung des heimischen Kinofilms. Das Budget für die Förderschiene ÖFI+ soll im kommenden Jahr von heuer 37,5 Millionen Euro auf 15,5 Millionen Euro schrumpfen. Und in diesem Jahr, in dem Fördermittel von insgesamt 44,3 Mio. Euro bereits Anfang Jänner aufgebraucht waren, fließt kein zusätzliches Geld mehr. Was einzelne Filmprojekte bereits ins Wanken bringt.

Bei der Verleihung des Österreichischen Filmpreises appellierte das Präsidium der Akademie des österreichischen Films daher vergangenen Donnerstag an die Bundesregierung, "gemeinsam mit der Branche konstruktive Lösungen für die aktuelle Lage zu finden". In der Branche kursierten hierzu bereits Ideen, die man demnächst auch bei einem Termin mit Babler besprechen wollte. 

Der KURIER fragte daher beim Kulturministerium (BMWKMS) an, ob ÖFI+ nun in ein steuerliches Incentivemodell umgewandelt werden (im Prinzip Steuerrückzahlungen) und die selektive ÖFI-Filmförderung dafür deutlich aufgestockt werden könnte. Und ob dafür auch das komplette Volumen von ÖFI+ (EUR 15,5 Mio. für 2026) verwendet werden könnte.

Fokus auf selektive Förderung

Das Ministerium antwortete heute, dass "für die Konsolidierungsjahre 2025 und 2026 der Fokus in der Filmförderung auf die selektive Förderung gelegt werden" soll. Damit sind jene Förderentscheidungen des Österreichischen Filmstituts (ÖFI) gemeint, bei denen anhand verschiedener Kriterien förderwürdige Filme ausgewählt werden.

2026 werde daher "ein Großteil der Mittel, die für die ÖFI+-Förderung zur Verfügung stünden, der selektiven Filmförderung zugewiesen", hieß es in der Information des Ministeriums. Damit wolle man "die kulturellen Aspekte der Filmförderung stärken", und ein „Windhunderennen“ um die beschränkten Fördermittel vermeiden (First come, first served-Prinzip). Weiters argumentiert man: "So behält das Kulturministerium die Kontrolle über die Ausgaben und das ÖFI kann vorrangig nach künstlerischen Kriterien fördern. Über den Förderautomatismus als reine Standortförderung wurden in der Vergangenheit durch ÖFI+ auch Produktionen gefördert, die inhaltlich weniger zur Weiterentwicklung der österreichischen Filmkultur beigetragen haben." 

Groß gegen klein?

Kulturminister Babler ließ sich folgendermaßen zitieren: „Ich bin Kulturminister und sehe es als meine Aufgabe an, die österreichische Filmkultur zu pflegen und zu schützen." Angesichts der Budgetsanierung gelte es, "zielgerichtet zu fördern und künstlerische Produktionen zu stärken und nicht ungedeckelte Förderungen an große Produktionsunternehmen auszuschütten".

In den vergangenen Jahren war aufgrund deutlich gestiegener Produktionsbudgets allerdings die (dem Prinzip nach) automatische Förderung ÖFI+ als zusätzlicher Baustein für viele - auch kleinere - Projekte unerlässlich. Beim Österreichischen Filmpreis sagte Präsident Arash T. Riahi auch, dass die aktuellen Kürzungen nicht nur große internationale Koproduktionen betreffen, sondern: "Im Kern trifft die Kürzung den österreichischen Film und die österreichischen Geschichten."

De-Facto-Auflösung

ÖFI+ solle als Förderschiene weiterhin bestehen bleiben, jedoch vorerst "eingeschränkt für den Bereich der Verbreitungsförderung (Förderung von Kinostarts österreichischer Filme) sowie für Filme, die über eine selektive Förderzusage verfügen", hieß es weiter in der Info des BMWKMS. Dies würde bedeuten, das im ÖFI+-Topf nur rund 1,3 Millionen Euro verbleiben würden: So viel betrug die ÖFI+-Verwertungsförderung in den vergangenen Jahren. Das ist mit einer De-Facto-Auflösung gleichzusetzen.

Für die von Babler nun deutlich favorisierte selektive Filmförderung wendete das Österreichische Filminstitut im Vorjahr 15, 4 Mio. Euro auf (rund 73 Prozent des vom Kulturministerium getragenen Gesamtbudgets des ÖFI). Mit den voraussichtlichen zusätzlichen Mitteln aus ÖFI+ (rund 14 Mio.  Euro) käme man in diesem Bereich auf eine Verdoppelung. 

ÖFI-Direktor Roland Teichmann forderte bereits seit Jahren eine Valorisierung des selektiven ÖFI-Budgets. In der nun erfolgten Umschichtung sieht er einen "kulturpolitisch wichtigen Impuls zur richtigen Zeit", wie das Ministerium ihn zitiert.

Streamingabgabe soll ab 2027 greifen

Ab dem Jahr 2027 wolle man wieder "mehr Spielraum für die Kinofilmförderung" haben, betonte das Ministerium. Dazu solle die bereits angekündigte Investment Obligation, mit der sich internationale Streaminganbieter am österreichischen Filmstandort beteiligen sollen, ab 2027 startbereit sein und ab dann eine "Erhöhung der Mittel für den österreichischen Film" ermöglichen. Vergleiche mit anderen Märkten in Europa zeigen, dass eine solche Streamingabgabe nicht überall gleich viel an prozentuellem Anteil am Umsatz der Streamer abwirft. Hierbei ist womöglich mit langwierigen Verhandlungen zu rechnen.

Evaluierung von ÖFI: Effizienzmängel

Im Zuge der Evaluierung der Förderschiene FISA+ (TV, Streaming) durch das Wirtschaftsministerium wurde zuletzt auch eine Evaluierung der ÖFI+-Förderungen vorgenommen. Der KURIER fragte auch hierzu nach. Denn in der Branche wurde das Grummeln immer lauter, weil die Ergebnisse der Evaluierung dem Vernehmen nach schon länger vorliegen. Nun gab das BMWKMS bekannt,  dass die Evaluierung im Lauf der nächsten Woche veröffentlicht werden soll. 

Die  2023 eingerichtete Förderschiene ÖFI+ sei zwar als "grundsätzlich positiv" für die österreichische Filmlandschaft bewertet worden, die Evaluierung zeige aber auch "Mängel in der Fördereffizienz" auf, schreibt das Kulturministerium. Und weiter: "Erste Ergebnisse zeigen bereits, dass insbesondere die Wertschöpfungsförderung von internationalen Koproduktionen einen negativen Haushaltseffekt hatte – also die Rückflüsse ins öffentliche Budget geringer waren, als die Ausgaben. Gleichzeitig wurde über den Förderautomatismus von ÖFI+ immer mehr solcher internationaler Ko-Produktionen finanziert und immer weniger der österreichische Film – der einen positiven Haushaltseffekt aufweist." 

Als Kernergebnisse nennt man: "Die Ausgaben für den rein österreichischen Film sind absolut zurückgegangen. Mit ÖFI+ inkl. Wertschöpfungsbonus war es einfacher und attraktiver (aufgrund des größeren Budgets/der und besseren Verwertungsperspektive) internationale Ko-Produktionen herzustellen."

"Der Wertschöpfungsbonus sorgte aber auch für eine durchschnittliche Förderquote bei den entsprechenden Projekten, die zunächst zu einem negativen Abgabeneffekt führen durfte: die öffentlichen Haushalte bekommen bei diesen Projekten weniger zurück als die Fördersumme ausmachte (ohne Berücksichtigung evtl. Effekte durch spätere Lizenzerlöse)."

"ÖFI+ war somit eine entscheidende Maßnahme zur Stabilisierung der unterfinanzierten selektiven Kinofilm-Produktion, konnte aber im Bereich internationaler Koproduktionen durch den einerseits attraktiven andererseits zu Budget-intensiven Wertschöpfungsbonus in diesem Bereich keine optimale Fördereffizienz erzielen."

 

"Runder Tisch" am 25. Juni

Am 25. Juni wolle Babler nun zu einem "runden Tisch" ins Parlament laden, um die nun vorgelegten filmpolitischen Vorhaben sowie eine "filmkulturelle Perspektive ab 2027" mit Stakeholderinnen und Stakeholdern der Filmwirtschaft zu diskutieren.

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