Filmschaffende zu Bablers Einsparungen: "Wir müssen reden"

KOALITION: AMTSÜBERGABE VK KOGLER AN VK BABLER
Filmschaffende drängen darauf, dass die harten Einschnitte bei der Förderung abgemildert werden. Kulturminister Babler setzt auf neue Geldquellen, Vorgänger Kogler sieht „kulturpolitischen Meilenstein“ gefährdet.

Über die Malaise in den Filmfördertopfen wurde hier in den letzten Monaten berichtet. Nun ist das Problem in der höchsten politischen Ebene angekommen – weil die am Dienstag  präsentierten Einsparungen der türkis-rot-pinken Regierung vor allem im Bereich Kinofilm drastisch sind. Das Budget für die Förderschiene ÖFI+  schrumpft im kommenden Jahr um zwei Drittel auf 15,5 Millionen Euro (siehe unten).

Besonders sauer stößt den Filmschaffenden auf, dass von den gesamten geplanten Einsparungen des  Kulturministeriums von  38,1 Millionen Euro beinahe 60 Prozent (22 Mio. Euro) über die Einschnitte bei  ÖFI+ erzielt werden sollen. Weshalb der neue Kulturminister, Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ), in einer Aussendung der großen Produzentenverbände als „Totengräber des österreichischen Kinofilms“ bezeichnet wurde. „Die Planungssicherheit ist zerstört, viele Arbeitsplätze werden verloren gehen, Produktionsfirmen, vor allem kleinere, und Zulieferfirmen werden zusperren müssen – und auf den internationalen Filmfestivals verkommt Österreich zur peinlichen Lachnummer.“ Die Entwicklung des vor zwei Jahren von Türkis-Grün hochgezogenen Filmfördermodells schildern AAFP und Film Austria gegenüber dem KURIER so: „Großes Getöse um die österreichische Lösung, nachweislich evaluierter wirtschaftlicher Effekt, und jetzt nach gerade mal zwei Jahren die ultimative Arschbombe.“

Bablers Ministerium verteidigte die Einsparungen. Man sei ein „besonders schwieriges Erbe“ angetreten, weil die Vorgängerregierung  ein de facto ungedeckeltes Filmanreizsystem etabliert habe. Dieses sei „nicht nachhaltig und nicht treffsicher“ gewesen. „Schon im Jänner waren alle Mittel aufgebraucht.“ Dem KURIER sagte das Ministerium weiter: „Dass man hoffte, dass dieses Budget immer weiter aufstockbar und zu erweitern sei, wirkt angesichts der nunmehrigen Budgetlage undenkbar.“

Gefährdet

Der indirekt angesprochene Vorgänger  Werner Kogler (Grüne) kommentierte den Vorhalt bereits als  „ZiB 2“-Gast emotional. Auf Anfrage des KURIER legt er nach: „Die Regierung und Kulturminister  Babler gefährden die Existenz des österreichischen Films. Eine so massive Kürzung des erfolgreichen Filmanreizmodells – das ein kulturpolitischer Meilenstein ist, ist auch budgetpolitisch fatal. Jeder Euro bringt nämlich 1,42 Euro an Steuern und Sozialabgaben zurück.“ Das (ÖVP-geführte) Wirtschaftsministerium  habe hingegen „diese Zusammenhänge erkannt und für die Förderung internationaler Filme Lösungen gefunden“, sagt Kogler. 

Er meint damit die Förderschiene FISA+, die neben heimischen TV-Filmen und -Serien auch internationale Streamingproduktionen und TV-Koproduktionen fördert. Durch die Auflösung von Rücklagen hält das Wirtschaftsministerium diesen  noch größeren Fördertopf  heuer mit insgesamt 80 Mio. Euro noch stabil. Aber im kommenden Jahr ist das noch nicht in trockenen Tüchern. „2026 sind fix 55 Millionen eingestellt, wie auch 2025 wird versucht werden, eine gewisse Flexibilität an den Tag zu legen“, sagt das Ministerium dem KURIER.

Aber auch mit ÖFI+-Geldern werden internationale (Kino-)Koproduktionen gefördert. Der dafür reservierte, attraktive Wertschöpfungsbonus  trug zum Explodieren des diesjährigen ÖFI-Budgets auch maßgeblich bei. Zu optimistisch sei man nicht gewesen, sagt Kogler. Er sieht eine  „mäßig kreative Verdrehung“ des Kulturministers, „unser initialer Vorschlag eines international erprobten steuerlichen Anreizmodells ist damals vom schwarzen Finanzministerium abgeschmettert worden, logischer Kompromiss war die defacto ungedeckelte Förderung. Diese jetzt als ausgeschöpft zu bezeichnen ist ein Widerspruch in sich. Es ist eine Frage der politischen Prioritätensetzung.“

PK AKADEMIE DES ÖSTERREICHISCHEN FILMS "BEKANNTGABE DER NOMINIERUNGEN ZUM ÖSTERREICHISCHER FILMPREIS 2024?: TEICHMANN

ÖFI-Chef Roland Teichmann

Streamer verpflichten

Was nun zu tun sei? „Es muss entweder die  Vereinbarung einer ungedeckelten Förderung eingehalten oder,  besser noch, zu unserem ursprünglichen Modell eines Steueranreizes umgedacht werden“, sagt Kogler. Darüber hinaus müsse die Investment Obligation  umgesetzt werden. 

Das nun SPÖ-geführte Ministerium verweist darauf, dass diese Maßnahme, „mit der Streaminganbieter zum österreichischen Standort in Zukunft ihren Beitrag leisten sollen“, im neuen Regierungsprogramm verankert sei.

Eine solche Streamingabgabe wird aber frühestens 2027 budgetwirksam. Zahlreiche Filmschaffende – wie Verena Altenberger, Hilde Dalik, Nicholas Ofczarek oder Stefan Ruzowitzky – sehen daher in einem offenen Brief Redebedarf: „Wir bedauern, dass es zu diesem Thema vorab keine ausführlicheren Gespräche mit der Branche gegeben hat. Bevor es zu spät ist, müssen wir dringend reden.“ 

Auch Kogler sagte in der „ZiB2“: „Ich werde mit Kollegen Babler reden.“

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