Filmschaffende zu Bablers Einsparungen: "Wir müssen reden"

Wo ist das Geld? Grünen-Chef Werner Kogler und SPÖ-Vizekanzler Andreas Babler bei der Amtsübergabe im Kulturministerium.
Über die Malaise in den Filmfördertopfen wurde hier in den letzten Monaten berichtet. Nun ist das Problem in der höchsten politischen Ebene angekommen – weil die am Dienstag präsentierten Einsparungen der türkis-rot-pinken Regierung vor allem im Bereich Kinofilm drastisch sind. Das Budget für die Förderschiene ÖFI+ schrumpft im kommenden Jahr um zwei Drittel auf 15,5 Millionen Euro (siehe unten).
Besonders sauer stößt den Filmschaffenden auf, dass von den gesamten geplanten Einsparungen des Kulturministeriums von 38,1 Millionen Euro beinahe 60 Prozent (22 Mio. Euro) über die Einschnitte bei ÖFI+ erzielt werden sollen. Weshalb der neue Kulturminister, Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ), in einer Aussendung der großen Produzentenverbände als „Totengräber des österreichischen Kinofilms“ bezeichnet wurde. „Die Planungssicherheit ist zerstört, viele Arbeitsplätze werden verloren gehen, Produktionsfirmen, vor allem kleinere, und Zulieferfirmen werden zusperren müssen – und auf den internationalen Filmfestivals verkommt Österreich zur peinlichen Lachnummer.“ Die Entwicklung des vor zwei Jahren von Türkis-Grün hochgezogenen Filmfördermodells schildern AAFP und Film Austria gegenüber dem KURIER so: „Großes Getöse um die österreichische Lösung, nachweislich evaluierter wirtschaftlicher Effekt, und jetzt nach gerade mal zwei Jahren die ultimative Arschbombe.“
Geld für Kinofilme
Das Budget für ÖFI+ stieg von 15,5 Mio. im ersten Jahr (2023) auf 38,8 Mio. (2024), 2025 liegt es bei 37,5 Mio. Weil diese Summe bereits Ende 2024 ausgeschöpft war, stockte das Kulturministerium (unter Kogler) mit aufgelösten Rücklagen auf 44,3 Mio. Euro auf. Babler will 2026 auf 15,5 Mio. zurückgehen.
TV und Streaming
Das Fördervolumen für FISA+ erreichte 2024 mit 90 Mio. Euro den Höchstwert. Heuer sind 35 Mio. vergeben. Es werden insgesamt regulär 60 Mio. Das Wirtschaftsministerium stockt aber noch um 20 Mio. (Rücklagen) auf.
Bablers Ministerium verteidigte die Einsparungen. Man sei ein „besonders schwieriges Erbe“ angetreten, weil die Vorgängerregierung ein de facto ungedeckeltes Filmanreizsystem etabliert habe. Dieses sei „nicht nachhaltig und nicht treffsicher“ gewesen. „Schon im Jänner waren alle Mittel aufgebraucht.“ Dem KURIER sagte das Ministerium weiter: „Dass man hoffte, dass dieses Budget immer weiter aufstockbar und zu erweitern sei, wirkt angesichts der nunmehrigen Budgetlage undenkbar.“
Gefährdet
Der indirekt angesprochene Vorgänger Werner Kogler (Grüne) kommentierte den Vorhalt bereits als „ZiB 2“-Gast emotional. Auf Anfrage des KURIER legt er nach: „Die Regierung und Kulturminister Babler gefährden die Existenz des österreichischen Films. Eine so massive Kürzung des erfolgreichen Filmanreizmodells – das ein kulturpolitischer Meilenstein ist, ist auch budgetpolitisch fatal. Jeder Euro bringt nämlich 1,42 Euro an Steuern und Sozialabgaben zurück.“ Das (ÖVP-geführte) Wirtschaftsministerium habe hingegen „diese Zusammenhänge erkannt und für die Förderung internationaler Filme Lösungen gefunden“, sagt Kogler.
Er meint damit die Förderschiene FISA+, die neben heimischen TV-Filmen und -Serien auch internationale Streamingproduktionen und TV-Koproduktionen fördert. Durch die Auflösung von Rücklagen hält das Wirtschaftsministerium diesen noch größeren Fördertopf heuer mit insgesamt 80 Mio. Euro noch stabil. Aber im kommenden Jahr ist das noch nicht in trockenen Tüchern. „2026 sind fix 55 Millionen eingestellt, wie auch 2025 wird versucht werden, eine gewisse Flexibilität an den Tag zu legen“, sagt das Ministerium dem KURIER.
Aber auch mit ÖFI+-Geldern werden internationale (Kino-)Koproduktionen gefördert. Der dafür reservierte, attraktive Wertschöpfungsbonus trug zum Explodieren des diesjährigen ÖFI-Budgets auch maßgeblich bei. Zu optimistisch sei man nicht gewesen, sagt Kogler. Er sieht eine „mäßig kreative Verdrehung“ des Kulturministers, „unser initialer Vorschlag eines international erprobten steuerlichen Anreizmodells ist damals vom schwarzen Finanzministerium abgeschmettert worden, logischer Kompromiss war die defacto ungedeckelte Förderung. Diese jetzt als ausgeschöpft zu bezeichnen ist ein Widerspruch in sich. Es ist eine Frage der politischen Prioritätensetzung.“
Von einem „sehr harten Einschnitt“ spricht der Direktor des Österreichischen Filminstituts (ÖFI), Roland Teichmann. Mit 15,5 Mio. Euro sei das Filmanreizmodell 2023 gestartet, „schon damals hat sich gezeigt, dass das viel zu wenig ist.“ Über den zentralen Wertschöpfungsbonus seien größere internationale Koproduktionen gekommen, „es wird schwer, hier die Kontinuität aufrechtzuerhalten“, sagt er.
Teichmann rechnet mit einem „größeren Ausfall“, für 10 bis 15 Projekte dürfte die Finanzierung heuer nicht zu schließen sein. Mit jenen, die noch vor dem Antragsstopp am 15. 1. ansuchen konnten, dürften heuer rund 25 Projekte in Produktion gehen. „Die Delle wird Ende des Jahres, Anfang 2026 kommen“, schätzt Teichmann. „Wir werden als Standort jetzt nicht mehr so attraktiv sein. Der Wertschöpfungsbonus wird möglicherweise auf Stopp zu stellen sein, diese Diskussion ist aber im Aufsichtsrat zu führen.“ Das Kulturministerium, das dort eine starke Position hat, kündigt eine Evaluierung von ÖFI+ dahingehend an, „ob nicht nur die wirtschaftlichen, sondern auch die kulturpolitischen Ziele erreicht werden.“

ÖFI-Chef Roland Teichmann
Streamer verpflichten
Was nun zu tun sei? „Es muss entweder die Vereinbarung einer ungedeckelten Förderung eingehalten oder, besser noch, zu unserem ursprünglichen Modell eines Steueranreizes umgedacht werden“, sagt Kogler. Darüber hinaus müsse die Investment Obligation umgesetzt werden.
Das nun SPÖ-geführte Ministerium verweist darauf, dass diese Maßnahme, „mit der Streaminganbieter zum österreichischen Standort in Zukunft ihren Beitrag leisten sollen“, im neuen Regierungsprogramm verankert sei.
Eine solche Streamingabgabe wird aber frühestens 2027 budgetwirksam. Zahlreiche Filmschaffende – wie Verena Altenberger, Hilde Dalik, Nicholas Ofczarek oder Stefan Ruzowitzky – sehen daher in einem offenen Brief Redebedarf: „Wir bedauern, dass es zu diesem Thema vorab keine ausführlicheren Gespräche mit der Branche gegeben hat. Bevor es zu spät ist, müssen wir dringend reden.“
Auch Kogler sagte in der „ZiB2“: „Ich werde mit Kollegen Babler reden.“
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