Filmförderung geprüft: Dem Erfolgsprojekt droht Imageschaden

Ein Filmteam dreht eine Szene vor einem Brunnen in einem Park.
Die erste Evaluierung der 2023 eingeführten Förderschienen FISAplus und ÖFI+ ist da. Wirtschafts- und Kulturministerium können sich großteils bestätigt fühlen, die Zukunftsaussichten sind aber mehr als ungewiss.

Bereits eineinhalb Jahre nach Start des neuen Filmanreizmodells 2023 entschloss man sich zu einer „Zwischenevaluierung“, wie es das Finanzministerium im September 2024 nannte. Auftraggeber war die Austrian Business Agency (ABA), die die Filmförderschiene FISAplus für das Wirtschaftsministerium abwickelt. Das beim Kulturministerium ressortierende Österreichische Filminstitut (ÖFI) schloss sich der Evaluierung an, um Erkenntnisse über ÖFI+ zu erlangen. Nun liegt dem KURIER der Endbericht der Consultingfirma Paul und Collegen vor. Dieser ist mit 12. Juni 2025 datiert. Ursprünglich wurden die Ergebnisse noch fürs Vorjahr erwartet, der Regierungswechsel dürfte für Verzögerungen gesorgt haben. Immerhin ist das Wohl und Wehe der Filmförderung, bedingt durch den Sparzwang, mittlerweile politisch geworden wie noch nie.

Paul und Collegen schicken dem Bericht voraus, dass „verlässliche Zahlen hinsichtlich der in Österreich erfolgten Ausgaben nur für eine geringe Zahl von Projekten vorliegen“. Zu den volkswirtschaftlichen Effekten ließen sich nur grobe und vorläufige Aussagen zu 2023 treffen, heißt es. Der Antragsstopp für beide Fördertöpfe (FISAplus und ÖFI+) wird als weitere Unwägbarkeit erwähnt.

Erfolg von FISAplus und ÖFI+

„Aus wirtschaftlicher Sicht ist FISAplus ein Erfolg“, schreiben die Consulter. In zwei Jahren wurden für 162 Projekte Förderungen zugesagt, die in Summe 144 Mio. Euro ausmachen. Die geplanten Ausgaben der Fördernehmer lagen bei 178 Mio. Euro für 2023 und 307 Mio. Euro für die 2024 zugesagten Projekte. Bezogen auf den Gesamtumsatz der Film- und Fernsehproduktionsunternehmen von 1,3 Mrd. Euro im Jahr 2023 entsprachen die geplanten Ausgaben 14 Prozent. Damit sei von der Maßnahme ein „wesentlicher Impuls“ ausgegangen.

Für die Bruttowertschöpfung wurde hochgerechnet:

1 Euro Förderung für FISAplus oder ÖFI+ hat direkt 1,46 Euro an zusätzlichen Steuereinnahmen generiert. Jeder staatliche Fördereuro aus allen Filmförderungen zusammen habe für 3,24 Euro an direkten Steuereinnahmen gesorgt.

Die österreichische Filmwirtschaft trage jährlich rund 2,5 Milliarden Euro zur gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung bei und sichert mehrere Tausend Arbeitsplätze. Es habe einen Anstieg der Beschäftigung in der Filmwirtschaft um 2,8 % gegeben. Dies liege klar über dem Schnitt für die Gesamtwirtschaft (1 %). Man geht davon aus, dass viele „diskontinuierliche Beschäftigungsverhältnisse“ zu Vollzeitäquivalenten geworden sind, was die soziale Lage zahlreicher Filmschaffender verbessert haben dürfte.

Eine Grafik zeigt die Entwicklung der Herstellerkosten und Projektzahlen internationaler Filmprojekte in Österreich von 2014 bis 2024.

Der Bericht geht weiters davon aus, dass 60 % der rein österreichischen und 75 % der internationalen Produktionen als durch FISAplus induziert angesehen werden können. Die Abschläge erklären sich dadurch, dass bereits zuvor eine viel geringer dotierte FISA-Förderung existiert hat, die durch FISAplus ersetzt wurde. Das „größte Zukunftspotenzial“ würden internationale Großproduktionen, Streaming- und Fernsehprogramme darstellen, „die bislang in Österreich nur rudimentär gefördert wurden“, schreiben Paul und Collegen.

Auch was heimische TV-Filme und -Serien betrifft, habe FISAplus eine wesentliche Wirkung: Ohne die Förderung hätten viele Produktionen nicht mehr in Österreich entstehen können – wegen der „Budgetschwäche des ORF“ und gestiegenen Kosten (20–25 Prozent seit 2020).

„Unwucht“ durch ÖFI+

Im Kinobereich geht man davon aus, dass 100 % durch ÖFI+ induziert wurden. 2023 und 2024 wurden für 101 Projekte Förderungen zugesagt, die in Summe 63 Mio. Euro ausmachten. Die geplanten Ausgaben der Projekte lagen bei 78 Mio. bzw. 85 Mio. Euro. Die große Bedeutung von ÖFI+ lasse sich daran ablesen, dass der Anteil am Finanzierungsmix aller geförderten Projekte 2023 bei 36 % und 2024 schon bei 42 % lag. Damit sei ÖFI+ für den österreichischen Kinofilm „mit Abstand das wichtigste Finanzierungsinstrument“. Dies hänge auch damit zusammen, dass andere Förderungen, etwa die selektive ÖFI-Förderung, nicht erhöht wurden.

Dadurch ergebe sich im Gesamtsystem allerdings eine „erhebliche Unwucht“. Stünden vorübergehend keine Budgetmittel zur Verfügung, wie Anfang 2025 (und übrigens auch für den Rest des Jahres), bringe dies sämtliche Planungen zum Erliegen.

Geringer Rückfluss bei Wertschöpfungsbonus

Kulturminister Andreas Babler (SPÖ) will das ÖFI+-Budget 2026 mit 15,5 Mio. Euro drastisch reduzieren und den Löwenanteil „ÖFI selektiv“ zuzuschlagen. Der sogenannte Wertschöpfungsbonus ist somit de facto abgeschafft. In der Studie wird auch kritisiert, dass durch diese On-Top-Förderung für internationale Kino-Koproduktionen mit starker Wertschöpfung im Inland relativ viel an Fördergeld ausgegeben werden musste. Damit sinke die Effizienz. Der Wertschöpfungsbonus sei insbesondere für deutsche Produktionen attraktiv gewesen, sorgte aber auch "für eine durchschnittliche Förderquote bei den entsprechenden Projekten, die zunächst zu einem negativen Abgabeneffekt führen dürfte". Künftige Lizenzerlöse sind hierbei aber noch nicht einbezogen. 

Als weitere Schwäche wird (für ÖFI+ und FISAplus) genannt: „Keine Absicherung des vollen Budgetbedarfs im Haushalt“. Durch die derzeitige Unterbrechung riskiere man einen Imageschaden. Zusätzlich würden geplante Fördererhöhungen in Deutschland den Wettbewerbsdruck steigern. Speziell bei FISAplus wird das häufige Anpassen der Förderrichtlinien (derzeit sind noch immer neue in Arbeit) als hemmend kritisiert.

Was die Studie nicht einbezieht, ist die Relevanz der einzelnen Produktionen beim Publikum. Vor allem das Kulturministerium könnte durch die Konzentration auf selektive Förderung und die viel stärkeren Einschnitte bei den Budgetmitteln als bei FISAplus schon bald wieder Diskussionen ausgesetzt sein.

INFO: Die Evaluierung ist mittlerweile hier abrufbar

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