ORF-Sender-Tochter ORS will im internationalen Streaming-Geschäft mitmischen

Globale Strategie: die ORS-Chefs Wagenhofer und Grill (v. li.)
20 Jahre nach der Gründung als gemeinsame Sendertechnik-Tochter von ORF und Raiffeisen will die ORS international am Streamingmarkt reüssieren. Mit neuem Namen, Big Blue Marble, und der 75-Prozent-Beteiligung am polnischen Streamingspezialisten Insys VT, will man „in diesem wachsenden Markt eine ganz aktive Rolle spielen“, erklärten Geschäftsführer Michael Wagenhofer und Technik-CEO Norbert Grill am Mittwoch. Analysten rechnen im Streamingbereich mit einer Verdreifachung des Volumens von derzeit 130 Milliarden Dollar bis 2030 – Märkte, „die wir mit unseren Sendemasten nicht erreichen. Wir versuchen diese Herausforderung als Chance zu sehen.“
Ikonisches Vorbild
Einen „Wettbewerbsvorteil“ sieht Wagenhofer darin, dass niemand beide Welten – das TV- wie auch das Streaming-Geschäft – so gut kenne wie Big Blue Marble. Bei Namen und Markenauftritt hat man sich übrigens vom ikonischen Foto „Blue Marble“ inspirieren lassen, das 1972 bei einer Apollo-Mission aufgenommen wurde. „Welcher Begriff könnte unseren globalen Anspruch besser repräsentieren als die Erde?“, so Wagenhofer.
Er verwies auf bereits international umgesetzte Projekte, etwa für den Deutschen Fußballbund (DFB), die Landesrundfunkanstalten der ARD oder den Fußballklub Benfica Lissabon. Über 50 Prozent des Umsatzes, der von zu Beginn 57 auf 119 Millionen geklettert ist, wird bereits außerhalb Österreichs erwirtschaftet. Die Beschäftigtenzahl hat sich auf 300 verdreifacht.
Krisenfeste Infrastruktur
Man werde aber weiter ein lokaler Partner bleiben und kein anonymer Konzern werden, betonte Wagenhofer. Neben dem ORF seien „de facto alle österreichischen Privatsender“ Kunden. Im Endkundengeschäft ist man zudem seit 2013 mit simpliTV vertreten. „Antenne und Satellit bleiben wichtige Eckpfeiler“ des Geschäfts, so Wagenhofer.
Aus Sicht von ORS/Big Blue Marble ist das nächste große Ding in Sachen Übertragungstechnologie 5G Broadcast. Man sei da intensiv in die Forschung und Standardisierung involviert. „Das ist natürlich ein Bohren dicker Bretter“, so Wagenhofer.
Mit 5G Broadcast können Rundfunkprogramme auf Smartphones oder Tablets übertragen werden, ohne dass es Internet braucht. Auch könnten Warnmeldungen an die Bevölkerung gesendet werden, wenn Internet- oder Mobilfunknetze wegen Stromausfällen nicht nutzbar sind. Schon jetzt sorge ORS/Big Blue Marble u. a. mit 430 Sendeanlagen in Österreich dafür, dass man im Katastrophenfall dank Notstromaggregaten über Radio – dafür ist z. B. Ö3 ausgelegt – bis zu 72 Stunden „the last line of defence“ ist, so Wagenhofer.
Kommentare