Landkrimi über Corona-Leugner: "Es geht nicht ums Masken-Tragen"

Auf dem Land gibt es eine besonders hohe Mordrate. Diesen Eindruck müssen zumindest heimische Fernsehkonsumenten gewinnen. Stark beteiligt daran sind die Landkrimis. Ihren zweiten Fall aus Niederösterreich legt nun Regisseurin Marie Kreutzer vor.
Ein Arzt (Stefan Pohl) wird vor seinem in den Weinbergen gelegenen Haus mit chirurgischer Präzision durch einen Schuss ins Herz ermordet. Wie sich herausstellt, bewegte sich das Opfer in rechtsradikalen Kreisen und legte das Konzept Impfzertifikat großzügig aus. Im zweiten Fall von Marion Geyer (Regina Fritsch), wird der Ermittlerin der örtliche Kollege Patrick Brandl zur Seite gestellt. Gespielt wird der schüchterne Polizist von Thomas Prenn, bekannt aus Evi Romens Film „Hochwald“ und der Disney+-Serie „Deutsches Haus“. Im Krimifach ließ der gebürtige Südtiroler 2018 mit einer einprägsamen Gastrolle im Schwarzwald-„Tatort“ (die Titelrolle in „Damian“) aufhorchen.
„Acht“ (Dienstag, 23.9., 20.15 Uhr, ORF 1) ist der vierte Landkrimi aus Niederösterreich und der zweite mit Regina Fritsch als Ermittlerin. Für Regie und Drehbuch zeichnet Marie Kreutzer verantwortlich. Deren erster Landkrimi „Vier“ (mit Fritsch) lockte Anfang 2022 durchschnittlich 907.000 Zuseherinnen und Zuseher bei einem Marktanteil von 28 Prozent vor den Fernseher.
Waffensammler
Nach dem Tod eines Arztes taucht das Ermittlerduo in die Welt eines Waffensammlers, Neonazi-Sprosses und esoterischen Influencers ein. Hinzu kommen private Schwierigkeiten der beiden, von unverarbeiteten Traumata bis hin zu einer geplanten Scheidung.
Andere Seite
„Ich fand es spannend, dass Marie Kreuzer mich in dieser Rolle sieht“, sagt Prenn im Gespräch. „In diesem Fall war ich nicht Verdächtiger, sondern saß als Polizist auf der anderen Seite vom Tisch. Die Reibung zwischen mir – und was ich sonst spiele – und dieser Rolle hat mich sehr angesprochen.“ Auch Kreutzers ersten Landkrimi „Vier“ (2021) fand Prenn „sehr gut inszeniert. Ich hatte große Lust, mit ihr zu arbeiten, weil ihre Figuren ein persönliches Leben entfalten. Es geht nicht nur um die Aufklärung eines Falls, sondern tatsächlich um das Leben der Figuren.“
Die Witwe des Ermordeten, gespielt von Verena Altenberger, erklärt, von den politischen Umtrieben ihres Mannes wenig gewusst zu haben. Das erneute Arbeiten mit Altenberger nach „Sterne unter der Stadt“ fand Prenn „interessant, weil ,Acht‘ in eine ganz andere Richtung geht. In diesem Beruf ist es sehr leicht möglich, dass man sich drei Jahre später plötzlich ganz anders gegenüber steht."
Die Ermittler stehen wiederum einer inhaftierten Corona-Leugnerin (Julia Cencig) gegenüber, die über den Verstorbenen sagt: „Er war ein Frauenhasser.“ Der elegisch erzählte Krimi thematisiert auch toxische Männlichkeit – und widmet sich den in der Coronakrise aufgerissenen gesellschaftlichen Gräben. „Es ist filmisch interessant, aus dieser besonderen Lage, in der wir tatsächlich waren, zu erzählen und das aufzuarbeiten“, sagt Prenn. „Weil es uns alle persönlich bewegt hat, ganz egal ob oben, unten, links oder rechts. In unserem Film geht es ja nicht etwa ums Masken tragen sondern um gefälschte Impfpässe, um Menschlichkeit oder Verletzung der Gesetze – um diese Konflikte.““

Regina Fritsch und Verena Altenberger
Sein Patrick Brandl trägt fast in jeder Szene ein Barett, was für einfache Polizisten eher ungewöhnlich ist. Prenn erklärt das so: „Weil meine Figur von der Ausbildung her einen militärischen Hintergrund hat. Er will sich dadurch auch ein bisschen vom Land abgrenzen, wo er fremd ist und nur seine Arbeit hat. Er trägt auch die ganze Zeit diese Stichweste. Man kann das als Tarnung sehen oder ein Schutz suchen – ob bewusst oder unbewusst, das würde ich offen lassen.“
Offen ist auch, ob es in der Konstellation Fritsch-Prenn beim Landkrimi weitergeht. „Natürlich würde ich weiterhin gerne mit Marie Kreutzer und Regina Fritsch arbeiten“, sagt Prenn. „Aber es ist das Besondere am Landkrimi, dass diese Filme auch abgeschlossen sein können. Daher kann man auch tolle Persönlichkeiten für die Regie gewinnen, weil es nicht so eine große Frage ist, ob man sich für mehrere Jahre bindet.“
Regisseurin Kreutzer dreht übrigens seit vergangener Woche ihren ersten Kinofilm nach dem Sisi-Film „Corsage“ (2022). Für „Gentle Monster“ stehen mit Léa Seydoux und Catherine Deneuve zwei Filmstars aus Frankreich vor der Kamera.

Zufall
Mit großen Namen konnte der Wahl-Berliner bereits als 22-Jähriger arbeiten, als er zwei Drehtage bei Meisterregisseur Terrence Malick verbrachte, für dessen Jägerstätter-Film „Ein verborgenes Leben“. Prenn erinnert sich: „Ich war im ersten oder zweiten Jahr an der Schauspielschule. Es war ein unglaublicher Zufall, dass das geklappt hat und ich mit August Diehl eine Szene spielen durfte, die zum Teil sogar im Film gelandet ist.“
Sein Herz schlage „eindeutig für das Kino“. Im Gegensatz zu Fernsehserien sei es „eine viel konzentriertere Arbeit. Man macht sich auf eine Reise, die sich geschlossener anfühlt, weil das Ende halt auch in Sicht ist.“
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