Ein gut gelaunter KURIER-Besuch zweier Vielarbeiter, die auch heuer dafür sorgen, dass der Ball der Bälle nicht allzu ernsthaft wird.
KURIER: Habe ich richtig gerechnet, dass Sie heuer zum 24. Mal aus dem „Backoffice“ heraus den Opernball für den ORF kommentieren?
Wagner-Trenkwitz: Backoffice ist das beste Wort, wir sagen eigentlich „Kammerl“ dazu.
Hohenlohe: Es stimmt leider nicht, weil uns durch die Pandemie zwei Jahre gestohlen wurden.
Wagner-Trenkwitz: Unser 25. Mal, wenn wir es erleben, ist daher erst 2027.
Wer hatte die Idee dazu?
Hohenlohe: Ich glaube, der Holender, oder?
Wagner-Trenkwitz: Er hatte die Idee, dass ich ins Team muss.
Hohenlohe: Man brauchte jemanden, der sich mit den Künstlern auskennt – da war ich ziemlich ahnungslos. Aber ich habe halt die paar Promis erkannt, die herumgesprungen sind. Der Christoph ist sehr selbstbewusst aufgetreten beim ersten Mal, wir kannten einander noch nicht.
Ioan Holender war doch nie ein Freund des Opernballs und soll die Opernball-Ladys immer sehr gequält haben.
Wagner-Trenkwitz: Er hat eigentlich alle Leute gequält. (Beide lachen). Ab der Ausgliederung der Staatsoper 1999, als die Ball-Einkünfte an die Oper flossen, war er aber ein Fan des Opernballs. Trotzdem ist er allen auf die Nerven gegangen.
Geht Ihnen beiden der Opernball nicht auch schon auf die Nerven?
Hohenlohe: Überhaupt nicht! Das muss man wie ein Länderspiel betrachten: „Österreich gegen Österreich“. Da prallen zwei Lager zusammen: die einen, die den Opernball hassen – und die anderen, die den Ball gerne haben und ihn als Reminiszenz an bessere Zeiten sehen.
Wagner-Trenkwitz: Und wir beide sind mittendrin. Man tut dem Opernball ein bissl zu viel Ehre an, wenn man ihn als Sinnbild für den Kapitalismus sieht. Es ist ein Staatsball, ein Opernball, ein riesiges, teures Faschingsgschnas.
Hohenlohe: Und ein herrlicher Anachronismus. Wo gibts das auf der Welt, dass sich Damen wahnsinnig teuer und schön anziehen und Herren diesen ein bissl absurden Frack? Es ist eine großartige Aufregung um nichts! Kommt der Herr Lugner oder nicht, wer lädt wen ein, und wer ist beleidigt? Es ist unterhaltsam.
Kriegt der Opernball ohne Richard Lugner nun mehr Ernsthaftigkeit, oder fehlt der Kasperl?
Wagner-Trenkwitz: Dafür sorgen wir schon, dass der Ball keine Ernsthaftigkeit bekommt!
Hohenlohe: Ja, es war lustig, wie er da immer verzweifelt in seiner Loge gesessen ist und traurig geschaut hat. Es wird wahrscheinlich ein paar „Bonsai-Lugners“ geben, die aufspringen und ihn nachahmen.
Wagner-Trenkwitz: (zu Hohenlohe) Die musst Du erkennen! Es fehlt natürlich eine Farbe – vor allem den Medien. Er hat schon im Vorfeld zweifelhafte Sachen gemacht, das war immer lustig. Die letzten Gäste von ihm – Priscilla Presley, Ornella Muti – waren aber schon Kaliber.
Hohenlohe: Auch die Freundin von Berlusconi.
Beide gleichzeitig: Ruby!
Der Opernball braucht also gar keine Reform?
Hohenlohe: Diese Frage habe ich in den gefühlt 400 Jahren, seit ich den Opernball moderiere, so oft gehört. Was soll man neu machen?
Wagner-Trenkwitz: Über die Jahre hinweg ist ja einiges neu gemacht worden: Die Feststiege zum Beispiel, wo sich die Leute fast totgetreten haben, wurde ein bisschen entvölkert. Das wurde auf den Red Carpet – eigentlich eine rote Schachtel vor der Oper – ausgelagert.
Ist die Eröffnung nicht viel zu lang?
Wagner-Trenkwitz: Man muss einem Operndirektor schon zugestehen, dass er in seinem Haus Musik machen möchte. Wo soll man da kürzen? Es kommen tolle Leute!
Hohenlohe: Es ist ja nicht fad. Auch die, die hinter der Kordel stehen, wirken hochzufrieden.
Wagner-Trenkwitz: Wirklich gut sieht und hört man das Ganze natürlich nur im Fernsehen. Eigentlich gibt es zwei Opernbälle: den im Fernsehen, und den wirklichen.
Geht ihr einander denn nie auf die Nerven?
Wagner-Trenkwitz: Neeeeeein!
Hohenlohe: Im Großen und Ganzen erstaunlich wenig.
Wagner-Trenkwitz: Ich liebe Karis Schmäh, und er erträgt den meinen.
Hohenlohe: Wir haben wirklich eine Hetz miteinander, auch wenn die Kamera aus ist.
Wagner-Trenkwitz: Das ist dann manchmal so wie in der Schule, wenn der Lehrer gerade nicht zuhört. Da sagt man irgendetwas Unmögliches – wäre die Kamera irrtümlich an, wären wir erledigt.
Hohenlohe: Da stänkern wir dann so, wie alle zu Hause.
Fast hätten wir heuer einen Kanzler Herbert Kickl in der Staatsloge gesehen. Wie hätten Sie das kommentiert? Hohenlohe: So neutral wie möglich. Es ist nicht mein Job zu urteilen.
Wagner-Trenkwitz: Es ist weder ein Polit-Kabarett, noch sind wir politische Kommentatoren. Vor vielen Jahren war einmal Jörg Haider endlos lang im Bild, und wir haben beide – ohne es vorher ausgemacht zu haben – nichts gesagt. Ich weiß gar nicht, wie wir das geschafft haben.
Nun schaut es nach Christian Stocker und Andreas Babler aus – beide müssen das wohl erst üben.
Wagner-Trenkwitz: Die müssen auch noch sehr viel anderes üben.
Hohenlohe: Es würde mich sehr wundern, wenn Herr Babler im Frack kommen würde.
Kann man in Zeiten von Krieg und Krisen tanzen?
Hohenlohe: Natürlich sind das schlimme Zeiten. Aber man kann ja nicht nur traurig sein. Der Opernball ist auch ein Ventil – und harmlos.
Das sehen Kritiker anders.
Wagner-Trenkwitz: Es gab sogar einmal eine Opernballdemo ohne Opernball. Wenn man glaubt, dass die Reichen hier ihre Geschäfte machen, müsste man auch die Innenstadtlokale räumen lassen. Ich glaube nicht, dass der Opernball ein guter Hebel für Systemkritik ist. Es ist ein Fest.
Christoph Wagner-Trenkwitz und Karl Hohenlohe zu Gast bei Martina Salomon
Hohenlohe: Die Plakate der Gegner habe ich schon sehr gut gefunden. „Eat the rich“.
Wagner-Trenkwitz: Oder: „Glotzt nicht so romantisch.“
Hohenlohe: Mit dem Schild ging ein wütender junger Mann. Das muss dir mal einfallen!
Wollen die wirklich Reichen nicht mittlerweile eher abseits des Scheinwerferlichts feiern?
Hohenlohe: Nein. Es rufen uns Leute sogar vorher an und sagen, wo sie sitzen.
Sie , Herr Hohenlohe, erkennen natürlich die adelige Prominenz ...
Hohenlohe: ...die sehr dünn gesät ist.
Wagner-Trenkwitz: Ich bin weder Gesellschaftsjournalist, noch adelig. Aber ich sitze so viel neben dem Kari, dass ein bissl was davon auf mich herunterblattelt.
Hohenlohe: Früher einmal kam Prinz Philip, der Mann der britischen Königin, der spanische König Juan Carlos usw. Das hat sich vollkommen aufgehört. Einmal war Caroline von Monaco da – quasi wie ein normaler Gast, die dann verfolgt wurde von Hunderten, sich schlägernden Fotografen. So geht es halt auch nicht. Wenn man solche Leute will, dann muss man ihnen ein bissl was bieten: Sicherheit, eine eigene Loge und so weiter.
Wagner-Trenkwitz: Das müssen nicht nur Adelige sein. Ich hätte auch gerne, dass zum Beispiel George Clooney dort sitzt. Bei der Einladungspolitik könnte man mehr machen.
Hohenlohe: Nein, denn Sie taumeln nach Mitternacht nüchtern aus der Loge ....
Wagner-Trenkwitz: ....und alle anderen sind betrunken.
Haben Sie schon einmal Ärger gekriegt?
Wagner-Trenkwitz: Beim Opernball 2019, als man noch nicht wusste, was es mit dieser neuen Krankheit aus China auf sich hatte, war ein chinesischstämmiger englischer Student unter den Debütanten. Und ich habe gesagt: „Auf dem Tanzparkett befindet sich auch ein gesunder Chinese.“ Na bumm! Von jetzt aus betrachtet war das natürlich eine Katastrophe.
Hohenlohe: Er wurde von einem Kleinformat hingerichtet! Uns wird dennoch viel mehr verziehen als den Damen und Herren, die vorne mit dem Mikrofon stehen. Sie können dort kein richtiges Interview machen. Man hört ja zum Beispiel fast nichts.
Wagner-Trenkwitz: Von den Opernballkommentatoren hat niemand länger gedient als wir. Ich bin dafür, dass sie uns irgendwann einmal mit den Füßen voran dort raustragen.
Hohenlohe: Ja selbstverständlich!
Doppelconférence Karl Hohenlohe und Christoph Wagner-Trenkwitz kommentieren seit 2001 mit sanftem Witz den Opernball für den ORF. Hohenlohe ist KURIER–Kolumnist, Moderator sowie (gemeinsam mit seiner Frau Martina )Herausgeber des Gault Millau. Er hat die ORF-Seitenblicke mitentwickelt. Wagner-Trenkwitz ist Musikwissenschafter, Schauspieler, Vortragender, Dramaturg, Autor und Intendant der Schlossfestspiele Langenlois.
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