Eklat auf ServusTV: Talk-Gast verließ wütend Afghanistan-Diskussion
*Disclaimer: Das TV-Tagebuch ist eine streng subjektive Zusammenfassung des TV-Abends.*
Bei "Talk im Hangar-7" auf ServusTV kam es am Donnerstagabend zu einem Eklat. Talkgast Reinhard Erös verließt nach rund 25 Sendeminuten wutentbrannt das Podium, weil er die Afghanistan-Debatte zum Thema "Triumph der Taliban: Wiederholt sich 2015?" als weit unter dem Niveau betrachtete, das er erwartet hatte. Auch warf er Moderator Michael Fleischhacker vor, ihn als "G'scheiten" beleidigt zu haben.
Zu Gast war unter anderem der deutsch-libanesische Nahost-Experte und Filmemacher Imad Karim, der vor einer erneuten Flüchtlingswelle warnte und dem Westen Naivität unterstellte. Nach wenigen Minuten sorgte der aus dem Islam ausgetretene Karim für Irritationen, weil er behauptete, die Mehrheit der Afghanen wolle die Scharia und solle diese Probleme nun selbst lösen. Die gebürtige Afghanin Masomah Regl, die als Kind nur knapp einen Anschlag überlebte und in Österreich eine neue Heimat gefunden hat, warf Karim vor, das Land nicht zu kennen.
Ins selbe Horn stieß dann der ehemalige Berufssoldat und Arzt Reinhard Erös, der ein privates Kinder-Hilfsprojekt in Afghanistan leitet und als großer Taliban-Kenner gilt. "Afghanistan hat mit der arabischen Welt, aus der Sie kommen, überhaupt nichts zu tun!" sagte er gleich einmal in Richtung Karim.
Erstaunt
Erös war erst nach rund zwanzig Minuten zu Wort gekommen und zeigte sich erstaunt über die bisherige Diskussion. Er eiferte sich über Diskussionsteilnehmer, "die noch nie in Afghanistan waren, die keine der Sprachen sprechen, die keine afghanische Kulturkompetenz haben".
"Die Afghanen mögen die Araber nicht", sagte Erös in Richtung Karim, "daher ist vielleicht auch Ihre Einstellung ..."
"Aber der Islam ist das Gemeinsame", widersprach Karim.
"Lassen Sie mich vielleicht mal ausreden, ich habe Ihnen jetzt auch eine halbe Stunde zugehört", sagte Erös, bereits sichtlich in Rage. Er verwies darauf, bereits 35 Jahre im Land verbracht zu haben, mit den Taliban im Osten des Landes zusammengearbeitet zu haben, Schulen gegründet zu haben, "für Mädchen", wie Erös mehrmals betonte.
"Sie winken da so ab. Sie waren noch nie dort", sagte Erös. Wieder war Karim gemeint. "Gehen Sie doch mal mit, wenn Sie sich das trauen."
Er habe hunderte Diskussionen geführt über die Taliban, und "keiner, der mit mir diskutiert hat, heute Abend vermutlich auch, hat jemals einen Taleb auch nur getroffen".
Dann zog Erös einen Vergleich zu Ärztekongressen: "Wenn eine Diskussion dort so verlaufen wäre wie hier, so oberflächlich mit Begriffen, von Leuten, die keine Ahnung haben von der Thematik, die beim Ärztekongress war, dann wäre ich aufgestanden und gegangen."
"Keiner so g'scheit wie man selber"
Moderator Fleischhacker, der dem wütenden Statement geduldig gelauscht hatte, konnte sich nun einen Seitenhieb nicht verkneifen. Er sagte: "Es ist ja immer traurig, wenn man in einer Runde ist, wo keiner so g'scheit ist wie man selber, das kann ich sehr gut nachvollziehen."
War das nun verächtlich gemeint, war es Selbstironie oder gar Selbstlob? Egal, Erös fasste es als Beleidigung auf. "Augenblick mal! Das Wort 'gescheit' nehmen Sie bitte zurück, das ist eine Beleidigung."
Fleischhacker tat dies nicht, sondern reagierte mit einem Zitat: "Oscar Wilde hat einmal gesagt, man muss nicht in einer Pfanne gelegen sein, um über ein Schnitzel zu reden."
"Ach Gott", sagte Erös. "Wissen Sie was? Jetzt greifen Sie auch noch ein. Sie haben auch keine Ahnung von der Thematik und bezeichnen mich lächerlich als gescheit."
Fleischhacker versuchte nun, Erös zu beruhigen, in dem er sagte, er sei ja genau deshalb eingeladen worden, weil er lange in Afghanistan gelebt habe.
Das schien zu funktionieren.
"Der Taleb"
Auch der Ex-Brigadier und Militärexperte Walter Feichtinger versuchte, die Sache zu kalmieren. Erös solle doch versuchen, mit seinem Wissen "den Taliban", wenn es "den Taliban" überhaupt gebe, zu charakterisieren und zu beschreiben. Das endete nur in einer Belehrung durch Erös, dass es "den Taliban" tatsächlich nicht gebe, weil das ein Pluralwort sei. Die Einzahl sei "der Taleb".
Es würde viel zu viel Zeit erfordern, das Phänomen Taliban zu erklären, meinte er sinngemäß. Er habe dreitausend Vorträge über Afghanistan gehalten, sagte Erös, "ich weiß schon, wovon ich spreche".
Die Wiener Flüchtlings-Aktivistin Sabrina Dorn meldete sich zu Wort und wollte wissen, ob die Taliban aus seiner Sicht nun gut oder böse seien.
Erös kam dabei zunächst auf die Scharia zu sprechen, da mengte sich erneut Filmemacher Karim ein. Erös warf ihm aber vor, Karim könne nicht mehr über den Islam sprechen, weil er diesen verlassen habe.
Karim blieb ruhig, aber fragte doch ein wenig provokant: "Sie erzählen die ganze Zeit von Ihren Projekten, wunderbar, was wollen Sie eigentlich?"
"Das macht keinen Sinn"
Nun hatte Erös genug. An Fleischhacker gerichtet, sagte er: "Wissen Sie, was? Ich geh nach Hause. Das macht keinen Sinn."
Fleischhacker: "Sie sind ein freier Mensch, Herr Erös."
"Machen wir das", sagte der polternde Bayer, entfernte das Mikro von seinem Hals und stand auf. "Ich diskutiere nicht mit aggressiven Leuten", sagte er noch, nun kaum mehr hörbar. Die Diskussion sei "weit unter dem Niveau" gewesen, das er erwartet habe,
"Aber ich würde mich sehr freuen, wenn Sie da bleiben", sagte Fleischhacker. "Dann können wir von Ihren Informationen profitieren."
Noch einmal ereiferte sich Erös über das Niveau.
"Herr Erös, wir können das Niveau ja gemeinsam steigern, indem Sie mit uns sprechen", sagte Fleischhacker.
"Indem Sie mich beschimpfen?" erwiderte Erös, der bereits auf dem Weg nach draußen war. "Ich bin ein G'scheiter, haben Sie gesagt!"
Fleischhacker meinte, er würde sich gern dafür entschuldigen. "Würden Sie bitte zurückkommen, das wär' sehr schön."
Es half alles nichts. Der Afghanistan-Kenner kam nicht mehr zurück.
Eine kurzer Blick ins Internet zeigt: Es ist nicht das erste Mal, dass Erös sein Publikum verdutzt zurücklässt. Auf Wikipedia wird schlicht vermerkt: "Reinhard Erös bricht bei Veranstaltungen, bei denen er als Gast eingeladen wurde, immer wieder Vorträge ab und beschimpft das Publikum und die Veranstalter."
LINK: Der Talk zum Nachschauen
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