Expeditionstourismus
Der Tiroler Hotelier, Ex-Rennfahrer und Ex-Politiker Willi Steindl widmet sich dem Bergsteigen und arbeitete mit „Bergwelten“-Kameramann Philip Flämig an einer Doku über seine K2-Expedition. Dabei fiel ihnen auf, dass der Chogori (ein alternativer Name des Berges) immer mehr Expeditionstourismus anzieht.
Auch Extremalpinistin Gerlinde Kaltenbrunner zeigt sich nach einem Besuch vor zwei Jahren „ganz schön erschüttert. Das hat sich so verändert. Da sind nur große, kommerzielle Expeditionen dort, auf einmal steigen alle mit Flaschensauerstoff auf.“
Die Österreicherin hatte 2011 mit der Ersteigung des K2 einen besonderen Rekord erzielt. Sie war die erste Frau, die ohne Flaschensauerstoff alle Achttausender erklommen hat.
An dem Tag, als Muhammad Hassan starb, stellte eine andere Frau einen aus heutiger Sicht bedenklichen Rekord auf. Innerhalb von 92 Tagen bestieg die Norwegerin Kristin Harila gemeinsam mit Sherpa Tenjen Lama alle 14 Achttausender – mit teuren Helikopterflügen zwischen den Basislagern, unter Zuhilfenahme von Sauerstoff. Just in der Todesstunde Hassans feierte sie ihren Rekordgipfelsturm via Instagram – in der Meinung, es sei „alles in Ordnung“, wie sie in der Doku sagt. Aus ihrem Team blieb der brasilianische Kameramann Gabriel Tarso beim verletzten Hassan. Zu wenig, um den Mann ins nächste Camp zu bringen.
Tarso kommt in der Doku ebenso zu Wort wie Harila, die ihr Handeln erklärt, sowie Hassan Shigri, der verzweifelt versuchte, seinem Cousin zu helfen. Er sagt: „Alle stiegen drüber und gingen vorbei. Der Platz war eng, wir saßen da, und ich hielt ihn in meinen Armen. Da stieg einer mit dem Steigeisen auf mein Bein. Er wollte, dass ich Platz mache.“
Dunkelziffer
Der Psychiater Reinhard Haller sagt: „Ich glaube, dass diese Art von Verbrechen eine recht hohe Dunkelziffer hat.“ Ohne die Anwesenheit des „Bergwelten“-Teams hätte wohl auch dieser Fall nicht die westliche Welt erreicht.
„Wie soll man sich freuen über so einen Gipfelerfolg?“, sagt der Extremalpinist Hans Kammerlander. „Wenn man weiß, man ist an einem Schwerverletzten vorbeigegangen. Das ist sehr skrupellos. Diese Leute sollten für so ein Tun bestraft werden.“
Zuvor hatte ein Wetterfenster die Möglichkeit eröffnet, den K2 in Angriff zu nehmen. Es war die letzte Möglichkeit in dieser Saison. In der Nacht, als der entscheidende Anstieg begann und ein Lawinenabgang am Bottleneck gemeldet wurde, entschied sich Steindl dazu, umzukehren. In der Doku, die die beklemmenden Stunden schildert, sagt er auf rund 8.100 Metern Höhe: „Das Schwerste ist, umdrehen zu können – und ich glaub, ich kann’s.“ Auf Anraten seines erfahrenen Sherpas sagt er: „Wir drehen jetzt um. Traum geplatzt. Aber mein Leben ist mir wichtiger.“
Die bedrückenden Umstände rund um den Tod von Muhammad Hassan erfasste er erst beim Auswerten der Drohnenvideos. Gemeinsam mit Tarso besuchte er die Familie des Verstorbenen – und versprach, ihnen zu helfen.
Die Doku endet mit einem positiven Ausblick. Über Spendengelder soll vor Ort eine Alpinschule gegründet werden. Auch dies soll helfen, Unglücke wie jenes am 27. Juli zu verhindern.
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