Das Imperium rudert zurück: Disney, die Macht und die Meinung

Aschenputtel gegen die fiese Schwiegermutter. Superhelden gegen Superbösewichte. Robin Hood gegen den blöden Prinzen. Yoda gegen die Regeln der Grammatik.
Disney wurde mit einem Erfolgsrezept zum Milliardenkonzern: Der Unterhaltungsriese verkauft Märchen vom Sieg des Schwächeren über den Mächtigeren.
In unzähligen Filmen, über viele Universen hinweg – von Entenhausen über „Star Wars“ bis zu Marvel – wird hier ein Traum feilgeboten, den die Menschen dann nicht zuletzt auch in den Vergnügungsparks ausleben: Bei Disney kann man alles sein, Prinzessin, Spielzeugcowboy oder auch ewiges Kind. Vor allem aber kann man gewiss sein, dass am Ende das Gute und die Freiheit und der Underdog siegen.
Außer, man spottet über die Mächtigen in den USA.
Jimmy Kimmel hat das getan, was viele anderen Disneyfiguren machen: Er hat sich mit den Mächtigen angelegt. Und ja, er ist selbst eine Disneyfigur: Der Sender ABC, auf dem die Show des US-Comedian (nun wieder) läuft, gehört zum Mauskonzern.
Dort fiel auch die Entscheidung, Kimmels Show abzusetzen, nachdem er die politische Instrumentalisierung von Charlie Kirks Ermordung durch Trumps mächtige MAGA-Bewegung benannt hatte. Das Imperium schlug, postwendend, zurück.
Glaubwürdigkeit
Ein Hintergrund der Absetzung dürfte, wenig überraschend, das Geld gewesen sein. Dass Riesenkonzerne zuallererst (und auch als Zweites und als Drittes) aufs Geld schauen, wird ja niemanden erstaunen lassen. Doch Disney selbst schien von der Vehemenz der Reaktion einigermaßen am falschen Fuß erwischt: 400 Hollywoodstars und nicht zuletzt auch viele Abonnenten des Streamingdienstes protestierten lautstark bzw. mit Abostornierungen gegen die Absetzung Kimmels – und kosteten Disney viel Geld.
Das Finanzielle, wieder, siehe rechts, dürfte sich nach der Wiedereinsetzung Kimmels reparieren lassen. Auch die beiden lokalen TV-Konglomerate, die Kimmels Show vorerst nicht an ihre Kunden weitersendeten, haben inzwischen eingelenkt.
(Ein bisschen nicht so glückliches Timing ist, dass Disney ausgerechnet jetzt sein Streaming-Abo teurer macht).
Ein anderer, schwerer zu beziffernder Schaden aber könnte dem Konzern bleiben: der bei der Glaubwürdigkeit. Jetzt nicht unbedingt im Nachrichtenbusiness, das steht in den USA, soundso auf der Kippe.
Sondern im Kerngeschäft, bei dem Traum nämlich, den Disney verkauft. Denn der Mauskonzern bietet keine Limonade oder Schrauben oder auch Autos feil. Sondern Erzählungen vom Recht des Schwächeren. So stehen in den nächsten Jahren u. a. neue Teile vom „Sternenkrieg“ der Jedi-Rebellen gegen das Imperium an; von „Avatar“ (schwache Aliens gegen starke), den „Avengers“ (Superhelden gegen noch suprigere Bösewichte) und „Toy Story“, wo es um den Kampf der echten Spielzeuge gegen die übermächtigen digitalen gehen wird.
Wer diese Märchen verkauft, für den ist es wohl extragiftig, selbst auf Zuruf dieses Recht des Schwächeren mit Füßen zu treten. Denn wenn der Konzern mit diesem Traum, von dem er lebt, in Echt so sorglos umgeht, wird sich mancher Kunde vielleicht denken: Maus der Traum.
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